Am Sonnabend will der HSV den Vertrag mit Oliver Kreuzer perfekt machen. Sonntag wird eine hitzige Mitgliederversammlung erwartet.

Hamburg. Es soll warm werden. Sonne, leichte Bewölkung - aber kein Regen am Sonntag, wenn der HSV um elf Uhr zur Mitgliederversammlung auf die Westtribüne der Imtech-Arena ruft. "Ich hatte bislang immer Glück mit dem Wetter", freut sich Vorstand und Versammlungsorganisator Oliver Scheel. Dass es dort einige verbale Gewitter ob der turbulenten postsaisonalen Tage mit der Entlassung von Sportchef Frank Arnesens und den stockenden Verhandlungen mit dessen Nachfolger Oliver Kreuzer geben wird, dürfte klar sein. "Die Mitglieder haben ein Recht auf Fragen und Antworten. Und die werden sie bekommen", verspricht Aufsichtsratsboss Manfred Ertel. Das Abendblatt beantwortet die wichtigsten Fragen zur Mitgliederversammlung vorab.

Worum geht es bei der Mitgliederversammlung am Sonntag?

Die Tagesordnungspunkte sehen eine Ehrung verdienter Mitglieder, die üblichen Berichte sowie zwei Wahlen vor. Allerdings werden nicht, wie im Internet fälschlich vermutet, Aufsichtsratsplätze neu besetzt. Gewählt werden zwei neue Rechnungsprüfer (es gibt zwei Kandidaten) und der Ehrenrat (acht Kandidaten für sieben Posten). Der Aufsichtsrat wird sich dabei auch zum Thema Frank Arnesen/Oliver Kreuzer äußern, während der Vorstand die angedachte Vertragsverlängerung mit dem Vermarkter Sportfive detailliert erläutern wird. "Die Mitglieder sollen einen klaren Blick auf unsere Beweggründe und die Vorteile der Vertragsverlängerung bekommen", sagt der stellvertretende Vorstandsvorsitzende Joachim Hilke.

Wie sieht der neue Sportfive-Vertrag aus und was bringt er dem HSV?

Die neu verhandelten Modalitäten haben auch einige Kontrolleure beeindruckt, die einer Verlängerung eigentlich immer negativ gegenüber standen. Vor rund sechs Monaten gab es in dem Kontrollgremium nicht einen, der sich für eine Verlängerung ausgesprochen hatte. Aber dem konnte Hilke entgegenwirken. Seine vom Rat eingeforderten Nachverhandlungen bringen dem HSV rund 28 Millionen Euro. So erhält der HSV durch den rückwirkenden Verzicht am Anteil der TV-Gelder (fünf Millionen Euro) und einer einmaligen Bonuszahlung (10,5 Millionen Euro) knapp 16 Millionen und darf sich zudem darüber freuen, dass der Club das eingesparte 12,4-Millionen-Euro-Darlehen, auf das Sportfive verzichtet, ergebniswirksam in die Bilanz des laufenden Geschäftsjahrs verbuchen kann. Die insgesamt 28 Millionen Euro werden mit 15 Millionen Euro im laufenden Geschäftsjahr verbucht, sodass das bislang vermutete Rekordminus von 23 Millionen Euro auf 8 Millionen Euro schrumpfen würde. Die restlichen 13 Millionen Euro werden in den kommenden Geschäftsjahren verbucht. Alle alten Vereinbarungen sind dazu hinfällig, sodass es nach Vertragsende 2020 keine weiteren Forderungen mehr geben kann und der HSV dann ohne eine Ausstiegszahlung die Vermarktung wieder in Eigenregie übernehmen könnte. Trotz der erfolgreichen Verhandlungen müsste kritisch angemerkt werden, so ein Rat, dass die Vertragsverlängerung immer noch einen Vorgriff auf zukünftige Einnahmen darstelle.

Wird Oliver Kreuzer am Sonntag schon als neuer Sportchef vorgestellt?

Nein. Ob Kreuzer neuer Sportchef wird, entscheidet sich erst Sonnabendmittag in der Verhandlungsrunde in Berlin. Für den HSV verhandeln Ertel, sein Ratskollege Christian Strauß sowie Vorstandsvorsitzender Carl Jarchow. Von Karlsruher Seite werden Präsident Ingo Wellenreuther und dessen Vize Günter Pilarsky beim Treffen sein. Streitpunkt ist weiterhin die Ablöseforderung des KSC. "Wir bestehen auf einem siebenstelligen Betrag. Wir sind zwar verhandlungsbereit, lassen uns vom HSV aber nicht über den Tisch ziehen", sagte Wellenreuther am Freitag dem Abendblatt. Hintergrund: HSV-Aufsichtsratsboss Ertel hatte am Pfingstmontag bei Wellenreuther angerufen und ihm gesagt hatte, dass er gerne mit Kreuzer verhandeln würde. Wellenreuther gab sein Okay, sagte aber auch, dass man Kreuzer nur gegen eine Ablöse (damals noch zwei Millionen Euro) ziehen lassen würde. Dennoch scheinen sich beide Seiten aufeinander zu bewegt zu haben. Nachdem der KSC-Chef zunächst darauf bestehen wollte, dass Kreuzer selbst bei einer Einigung bis zum 1. Juli in Karlsruhe bleiben müsste, würde er sich nun als Kompromiss auf den 15. Juni einigen können. Kreuzer selbst hat einen anderen Zeitplan: Eine Einigung am Sonnabend vorausgesetzt, will er nach dem Pokalfinale am Sonntag nach Karlsruhe zurück, um am Montag eine Übergabe vorzubereiten. Am Dienstag soll es dann eine öffentliche Präsentation in Hamburg geben. Interessant: Trainer Thorsten Fink, der seine Assistenten traditionell für vier Tage einlud, traf am Abreisetag Wellenreuthers im Robinson Club in Belek ein. "Mehr als ein kurzes 'Tschüs' war aber nicht drin", so der HSV-Trainer, der dem Aufsichtsrat eine Verpflichtung Kreuzers empfohlen hatte.

Was kommt auf den Aufsichtsrat zu?

Eine Einstimmung auf die erwartet hitzige Debatte lieferte am Freitag ausgerechnet ein ehemaliger Aufsichtsrat: Frank Mackerodt. Der 50-Jährige griff seine Ratsnachfolger im Internet über Facebook hart an: "Die Herren sollten erst mal klären, wer den HSV überhaupt in diese Situation gebracht hat, diesen Vertrag verlängern zu müssen??? Das ist leider alles so durchsichtig und armselig", schimpft Mackerodt und macht deutlich, in welche Richtung es gehen wird. Via Internet haben sich Fan-Gruppen gebildet, die kritische Fragen ankündigten. Unter ihnen auch die sogenannten "Realos", die einigen Aufsichtsräten zu Teilen auch Rücktritte nahelegen wollen. Besonders Aufsichtsratschef Ertel dürfte angegangen werden. Auch wegen seines viel kritisierten Posts, als er Bayern Münchens Präsident Uli Hoeneß auf seiner Facebook-Seite beleidigte.

Wird es Rücktritte geben?

Eher nicht. Aber es scheint nicht mehr ausgeschlossen, nachdem sich die Räte auch intern nicht mehr einig sind. Gerade die Trennung von Frank Arnesen hat Fronten geschaffen, zwei Kontrolleure stimmten gegen eine Entlassung des Dänen. Und da auch sie davon ausgehen, diesbezüglich gefragt zu werden, könnte es zu Uneinigkeiten kommen.

Warum wurde der Vertrag mit Drobny abgelehnt und nun doch verlängert?

Die Räte hatten sich zunächst ob des zu hohen Gehaltes und der anschließenden Beschäftigung des Tschechen im Verein gegen eine Verlängerung ausgesprochen. Am Donnerstag präsentierte Jarchow den Räten den neuen Zweijahresvertrag mit identischen Bezügen (960.000 Euro per annum), aber ohne garantierte Weiterbeschäftigung. Obwohl sich Kreuzer bei seiner Präsentation im Aufsichtsrat gegen eine Weiterverpflichtung zu derart hohen Bezügen ausgesprochen hatte, konnte Jarchow eine Mehrheit der Räte überzeugen.

Live-Ticker zur Mitgliederversammlung am Sonntag auf www.abendblatt.de