Im HSV-Vorstand ist das Klima vergiftet. Heute treten Bernd Hoffmann und Dietmar Beiersdorfer vor den Personalausschuss des Aufsichtsrats.

Hamburg. Rund fünf Millionen Euro gibt der HSV für seine Nachwuchsabteilungen aus, zusätzlich eine Million Euro entfällt auf die von Dietmar Beiersdorfer installierte Scoutingabteilung, die fünf hauptamtlich beschäftige Talentsichter unterhält. In der letzten Saison haben, so war zu hören, Hoffenheim, Leverkusen und einige internationale Klubs um eine Schulung in Hamburg gebeten, sich den Aufbau erläutern lassen. Wie viel Bernd Hoffmann dagegen von dieser Abteilung hält, wird deutlich, wenn er intern von einer "Geldvernichtungsmaschine" spricht. Dem Klub-Vorsitzenden fehlt es im Kader an Perspektivspielern mit Starpotenzial.

Nur eines von vielen Beispielen, die aufzeigen, wie tief der Graben zwischen Hoffmann und Beiersdorfer inzwischen ist. 2008, als das ehemalige Vorstandsmitglied Christian Reichert (zuständig für Mitgliederbelange) entnervt das Weite suchte, versuchte die Klubführung einen Neuanfang - und ist kläglich gescheitert. Das Vertrauensverhältnis zwischen Hoffmann und Beiersdorfer ist komplett zerstört, daran konnte auch Vorstand Katja Kraus, die zwar stets ihre Unabhängigkeit betont, aber dem Hoffmann-Lager zuzurechnen ist, und Reicherts Nachfolger Oliver Scheel nichts ändern.

Für einen negativen Rekordausschlag im sowieso gestörten Verhältnis hat nun Beiersdorfer gesorgt, weil er den Aufsichtsrat eingeschaltet hat. Diese Maßnahme soll Hoffmann maximal verärgert haben, mehr noch als die inhaltlichen Differenzen. Beiersdorfers Maßnahme zeugt jedoch von seiner Verzweiflung, sich nicht mehr anders gegen die angeblichen Einmischungen in seinen Kompetenzbereich wehren zu können. Ein einmaliges Vorgehen, das aber auch zeigt, dass zwischen den beiden Vorstandsherren viel mehr vorgefallen ist, als bislang an die Öffentlichkeit kam.

Dabei ist die Zusammenarbeit im Vorstand durch eine interne Geschäftsordnung eigentlich klar geregelt. Das Kernproblem scheint zu sein, dass einerseits Beiersdorfer das alleinige sportliche Sagen hat, andererseits aber Hoffmann im Zuge seiner Gesamtverantwortung für den Verein immer stärker bei sportlichen Entscheidungen mitwirken will.

Nach der Rückkehr von Aufsichtsratschef Horst Becker aus den USA soll nun heute Abend der Personalausschuss der Kontrolleure mit den Protagonisten beraten, ob die verfahrene Situation noch zu retten ist. Ernst-Otto Rieckhoff, der wie Becker, Alexander Otto und Bernd Enge dem vierköpfigen Gremium angehört, hat mit den beiden Streithähnen Vorgespräche geführt. "Es geht in diesem Gespräch weniger um Kompetenzen, es geht hier um den HSV, nur der Verein steht bei diesem Treffen im Mittelpunkt", sagt Rieckhoff.

Personelle Konsequenzen wird es heute kaum geben - sowohl Hoffmann als auch Beiersdorfer denken nicht an einen Rücktritt. Eine Abberufung eines Vorstandsmitglieds könnten die zwölf Räte nur in einer Gesamtsitzung mit Zwei-Drittel-Mehrheit beschließen, doch acht Gegenstimmen müssen weder Hoffmann noch Beiersdorfer befürchten.

Obwohl allen Insidern klar ist, dass es eine gemeinsame Zukunft für beide Vorstände nicht geben kann, droht also zunächst lähmender Stillstand an der Klubspitze, der dazu führen könnte dass, der HSV wichtige Zeit beim Umbau der Mannschaft verliert. Dass bis jetzt noch kein neuer Spieler unter Vertrag genommen wurde, erscheint bedrohlich, muss aber noch nichts bedeuten. Intern aber heißt es, dass Beiersdorfer sehr wohl schon einige Spieler verpflichten wollte, die aber - von Hoffmann - abgelehnt worden seien. Ähnlich soll es bereits 2008 gewesen sein - bei der Trainer-Suche.