Die Abrechnung von Slobodan Rajkovic mit Trainer Thorsten Fink überschattet das Trainingslager in Südkorea. Konsequenzen angekündigt.

Suwon/Chuncheon. Mit Konfettiregen und Feuerwerk wurde den weit gereisten Gästen aus Hamburg am Ende der einstündigen Zeremonie in Chuncheon ein furioses Finish geboten. Begeistert klatschten die HSV-Vorstände Carl Jarchow und Joachim Hilke, als der Spatenstich zur Asia Football Academie mit einem großen Knall gefeiert wurde. Für 20 Millionen Euro entsteht in Heung-Min Sons Geburtsstadt bis 2014 eine große Fußballschule. "Wir freuen uns auf die Kooperation mit dieser Akademie, die langfristig angelegt ist", sagte HSV-Chef Jarchow, der das Projekt durch einen regelmäßigen Austausch von Nachwuchstrainern und -teams unterstützen will. "Wir möchten in den kommenden Jahren möglichst viele Heung-Min Sons nach Hamburg holen", sagte Jarchow, der durch das ambitionierte Vorhaben der Koreaner auf eine rosige HSV-Zukunft hofft.

Dass die Gegenwart des Vereins wie das genaue Gegenteil wirkt, konnte der Vereinschef bereits am Morgen auf dem Weg von Seoul nach Chuncheon ahnen, als er sich am Telefon den genauen Wortlaut des frisch gedruckten Abendblatt-Interviews mit Slobodan Rajkovic vorlesen ließ. Das mediale Beben nach der harten Kritik des ausgemusterten Serben an Trainer Thorsten Fink sorgte selbst im von Hamburg rund 8000 Kilometer entfernten Südkorea für heftige Erschütterungen. "Das werden wir so nicht tolerieren", zürnte Jarchow nach dem Ende des Konfettiregens, "es wird Konsequenzen geben, die wir nach unserer Rückkehr verkünden werden." Bereits beschlossen ist, dass Rajkovic nie wieder für eine Mannschaft des HSV spielen wird, ab sofort alleine trainieren und eine Geldstrafe im hohen fünfstelligen Bereich zahlen muss. Mit was für Konsequenzen der Nationalspieler darüber hinaus rechnen muss, wollte der nicht weniger erboste Sportchef Frank Arnesen im weit entfernten Hamburg noch überdenken: "Natürlich wird das Interview Folgen für Slobodan haben. Die besprechen wir aber intern."

Ob bei den internen Gesprächen in der kommenden Woche auch die von Rajkovic erhobenen Vorwürfe gegenüber Fink detailliert erörtert werden, ist allerdings zu bezweifeln.

In dem Interview hatte der Defensivspieler so offensiv wie selten zuvor ein Bundesligaspieler dem HSV-Trainer Unehrlichkeit vorgeworfen. "Ich wurde noch nie so oft und so lange angelogen", hatte Rajkovic gesagt. Fink habe ihn schon vor dem Zwischenfall am vergangenen Freitag, als es zu einer Prügelei auf dem Trainingsplatz zwischen Rajkovic und Son gekommen war, loswerden wollen, ihm das aber nie mitgeteilt. Darüber hinaus habe sein Vorgesetzter ihm zuletzt sogar mit Mobbingmethoden vorsätzlich geschadet. Fink selbst wollte zu den harten Vorwürfen gestern keine Stellung beziehen: "Da äußere ich mich nicht zu." Lediglich Rajkovics Behauptung, dass er nicht der Einzige sei, dem es so ergangen sei, versuchte der angefressene Fink zu entkräften: "Die Stimmung in der Mannschaft ist gut."

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Tatsächlich hat eine ganze Reihe von Spielern den erst im Oktober vom FC Basel verpflichteten Trainer in der jüngeren Vergangenheit immer wieder in den höchsten Tönen gelobt. Trotz der desaströsen Vorsaison schien Fink bei einem Großteil der Mannschaft Respekt und Anerkennung zu genießen. Besonders die Führungsspieler Dennis Aogo und Heiko Westermann stellten dem Trainer mehrfach ein ausgezeichnetes Führungszeugnis aus, lobten dessen Ansprache in der Kabine und sein Fachwissen.

Allerdings gab es auch Spieler aus der zweiten Reihe, die Fink intern mangelnde Kommunikation mit den Ersatzspielern vorwarfen, ohne dabei aber derart harte Vorwürfe wie Rajkovic vorzutragen. Klar ist jedenfalls, dass es wohl kaum einen der Ergänzungsspieler gefreut haben dürfte, zum Ende der schlechtesten HSV-Saison aller Zeiten mitgeteilt zu bekommen, in Hamburg keine Zukunft zu haben. Ob aber tatsächlich eine ganze Reihe von Spielern, wie es Rajkovic behauptet, den Verein verlassen will, ist völlig offen.

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Trotzdem wollte der Abwehrspieler, erst in vergangenen August für 2,5 Millionen Euro vom FC Chelsea nach Hamburg gewechselt, auch am Tag danach keine seiner Anschuldigungen zurücknehmen. Ganz im Gegenteil. "Alles, was ich im Interview gesagt habe, habe ich dem Trainer auch im Vieraugengespräch mitgeteilt", sagte Rajkovic gestern. Er hätte sehr viele Reaktionen auf seine öffentlichen Vorwürfe bekommen - sowohl zustimmende als auch weniger zustimmende. Überhaupt keine Zustimmung erhielt er von dem Mann, der sich trotz der Trainingsprügelei in den vergangenen Tagen zum Leidwesen von Fink für ihn eingesetzt hatte. "Es ist nicht zu tolerieren, dass Slobodan fünf Tage nach eigenem krassen Fehlverhalten unabgestimmt mit dem Verein solche Aussagen macht", kritisierte Arnesen, der ursprünglich morgen nach Südkorea reisen wollte, um mit Fink über eine eventuelle Begnadigung des schlagfertigen Serben zu sprechen.

Die Reise konnte der Däne gestern getrost stornieren. Statt in Asien über eine mögliche Begnadigung des 23-Jährigen zu verhandeln, gilt es für Arnesen nun von Hamburg aus wichtigere Dinge voranzutreiben. Ganz oben auf seiner Prioritätenliste: ein schnellstmöglicher Verkauf von Rajkovic.