Mit dem vollschlanken Ronaldo stürmte die Weltauswahl zum 5:4-Sieg gegen ein HSV-Allstarteam. Zidane und Golz zauberten, Rieger feierte Comeback.

Hamburg. Bei jedem seiner Ballkontakte ging ein banges Raunen durch die HSV -Arena: Würde seine Puste für die nächsten zehn Meter reichen? Und überhaupt: War das wirklich der brasilianische Torjäger, der noch vor nicht allzu langer Zeit Angst und Schrecken in den Fußballstrafräumen dieser Welt, auch in Deutschland, verbreitete?

Ja, er war es höchstpersönlich. Luis Nazario de Lima Ronaldo gehörte zum Starensemble, das gestern Abend beim Spiel gegen die Armut zwischen dem HSV und einer Auswahl des Entwicklungsprogramms der Vereinten Nationen (UNDP), das 5:4 für die Weltauswahl endete, für viele fröhliche Momente sorgte. Meilenweit von seinem einstigen Kampfgewicht entfernt, zeigte der 35 Jahre alte Stürmer lehrbuchartig, wie ein ökonomisches Spiel eines Stürmers aussehen kann. Wer läuft schon jedem Ball hinterher? "Kleines, dickes Ronaldo" auf jeden Fall nicht.

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Ganz klar: Der Sport spielte im HSV-Stadion in der kurzweiligen Nacht der Fußballlegenden nur eine untergeordnete Rolle, Tempo und Zweikampfgestaltung waren zwei Klassen niedriger als sonst, aber das spielte keine Rolle beim Ausflug in die Vergangenheit. Die 24 300 Zuschauer genossen die Rückkehr ihrer früheren Lieblinge und das Schaulaufen der internationalen Stars. Und im Übrigen gab es durchaus auch erstaunlich starke Leistungen zu bewundern. Torhüter Richard Golz beispielsweise verdiente sich in der ersten Halbzeit den Heldentitel "Super-Ritschie", als er mehrfach bei Schüssen von Zinédine Zidane, Ronaldo oder Robert Pires erfolgreich durch die Luft flog. Aber auch Zidane, mit Ronaldo und Didier Drogba der Goodwill-Botschafter des Benefizspiels, zeigte die hohe Fußballschule. Mit seiner Übersicht und seinem unglaublichen Ballgefühl könnte der 39-Jährige sicher noch in einer der oberen Ligen mitspielen, wenn auch natürlich nicht mehr auf allerhöchstem Niveau.

Weltmeisterlicher Zauber im Volkspark mit diesen Stars

Es war ein Abend der Freude - und des Wiedersehens. So erzählte HSV-Manager Frank Arnesen, der Ronaldo einst zum PSV Eindhoven geholt hatte, dass der Brasilianer damals sogar einige Zeit bei ihm wohnte. Jörg "Ali" Albertz präsentierte trotz Knieproblemen einige seiner gefürchteten Hammerschüsse. Und Ivica Olic sowie besonders "Meeeehdi" Mahdavikia freuten sich über die Sprechchöre der Fans - während Michael Gravgaard froh gewesen sein dürfte, dass keine Papierkugeln von den Rängen flogen. Zé Roberto, der ganz sicher noch heute dem HSV-Mittelfeld Spielintelligenz verleihen würde, kündigte an, dass er noch lange nicht an den Abschied denkt: "Zwei Jahre möchte ich noch spielen, vielleicht auch in der Bundesliga." Den im Sommer in Katar auslaufenden Vertrag will der Brasilianer jedenfalls nicht verlängern. Sogar Kultmasseur Hermann Rieger feierte sein viel umjubeltes Comeback.

Die wichtigste Botschaft des Abends hatte der HSV-Vorsitzende Carl-Edgar Jarchow bereits vor dem Anpfiff verkündet: Der Klub verzichtet auf seinen zugesagten (Ein-Drittel-)Anteil am Reinerlös, um das Afrikaprojekt der Uno zu unterstützen. Mehr als 200 000 Euro kamen zusammen, was für Uno-Generalsekretär Ban Ki-moon nur so etwas ein Etappensieg war. "Ich rufe die Fans rund um den Globus auf, die Vereinten Nationen zu unterstützen, die Hungersnot in den Ländern am Horn von Afrika zu bekämpfen", hieß es in einer Grußbotschaft.

Auch für Zidane, der 59 Minuten auf dem Platz stand, stand die Botschaft für Afrika im Vordergrund: "Ich bin Hamburg und dem HSV sehr dankbar für diese Partie", sagte der Franzose, der allerdings erstaunliche Gedächtnislücken offenbarte. So konnte er sich nicht mehr an das legendäre 4:4 zwischen dem HSV und Juventus Turin in der Champions League 2000 erinnern: "Ich habe wohl zu viele Spiele in meiner Karriere bestritten." Das komplette Interview gibt es auf Abendblatt.de.

An den gestrigen Abend dürfte sich Zidane aber noch länger erinnern - wie auch UNDP-Trainer Bora Milutinovic. Als Jens Lehmann den Ball ins Aus kickte, landete dieser auf der Brille des Serben, der ein blaues Auge davontrug. Für Trainerkollege Thorsten Fink hingegen ging die schöne Serie von acht Spielen ohne Pleite zu Ende. Er wird es verschmerzen können, dass sein Nimbus der Unbesiegbarkeit gegen Zidane und Co. gebrochen wurde ...

Team UNDP: Barthez, Salgado, Popescu, Cannavaro, Capdevila - Makelele, Zidane, Davids, Pires - Ronaldo, Drogba. Eingewechselt: Lehmann, Dida, Couto, Berthold, Hierro, Paulo André, Karembeu, Maniche, Hagi, McManaman, Radebe, Figo, Serginho, Madjer. Trainer: Milutinovic. Team HSV: Golz - Gravgaard, Reinhardt, Rajkovic, Aogo - Mahdavikia, de Jong, Zé Roberto, Albertz - Petric, Guerrero. Eingewechselt: Drobny, Cardoso, Hoogma, Westermann, Benjamin, Schnoor, Töfting, Jarolim, Jansen, Ilicevic, Rincon, Son, Barbarez, Olic. Trainer: Fink. Tore: 0:1 Petric (8.), 0:2 Zé Roberto (19.), 1:2 Drogba (22), 2:2 Ronaldo (27.), 3:2 Capdevila (39.), 4:2 Salgado (59.), 4:3 Rincon 63.), 5:3 Figo (72.), 5:4 Son (89.). Zuschauer: 24 300. Schiedsrichter: Collina (Italien), Meyer (Burgdorf).