Hamburgs Fans feiern enthusiastisch den ersten HSV-Heimsieg der Saison gegen 1899 Hoffenheim - ein Fußball-Leckerbissen war es allerdings nicht.

Hamburg. Für Dino Hermann gab es kein Entkommen. Als Hamburgs Profis sich, die Fans und vor allem den ersten Heimsieg der Saison nach dem verdienten 2:0-Erfolg gegen Hoffenheim vor der Nordtribüne mit einer Art Pogo-Tanz zelebrierten, musste irgendwann auch das tapsige Maskottchen des HSV dran glauben. Mit einer sogenannten Rudelbildung auf dem Plüschdinosaurier beschlossen die HSV-Profis die Feierlichkeiten, auf die sie so lange hatten warten müssen. So hatte es sage und schreibe 246 Tage gedauert, ehe es den Hanseaten gelang, nach dem 6:2-Erfolg gegen den 1. FC Köln am 19. März dieses Jahres erneut eine dieser vermeintlichen Pflichtaufgaben zu lösen. "Es gibt mit Sicherheit einiges zu verbessern, aber dieser Sieg war einfach verdient", sagte HSV-Trainer Thorsten Fink, der sich zudem über seinen ersten Bundesligasieg als Trainer freuen durfte.

Die schwierigste Aufgabe hatten ohnehin die Hamburger Zuschauer zu leisten, die bereits fünf Tage zuvor den Weg ins Stadion gefunden hatten. Wer das Fußballfest der deutschen Nationalmannschaft gegen die Niederlande (3:0) live von der Tribüne der Imtech-Arena aus am Dienstag verfolgt hatte, musste es am Sonntag irgendwie schaffen, den eigenen Anspruch auf ein vertretbares Minimum herunterzufahren. Kein Özil, kein Klose und auch kein Müller. So machten bereits in den ersten Minuten sowohl Hamburgs als auch Hoffenheims Profis deutlich, dass an diesem nasskalten Novemberabend lediglich das Ergebnis und keinesfalls die große Kunst des Fußballs auf der Agenda standen. Finks Ankündigung, notfalls auch mit einem "dreckigen Sieg" zufrieden zu sein, durfte nach acht Monaten ohne Erfolgserlebnis im eigenen Stadion nachvollziehbarer Wunsch bezeichnet werden.

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So war es für den vierten HSV-Cheftrainer dieser Saison auch ein Novum, als er sich nach 25 mehr schlechten als rechten Minuten im vierten Spiel auf der HSV-Bank erstmals über eine Führung seiner Mannschaft freuen durfte. Paolo Guerreros Billard-Tor war passenderweise ein Stück aus dem Kuriositätenkabinett der Bundesliga, jenes Führungstor, auf das die Hamburger so lange gewartet hatten. Frei nach dem abgewandelten Jürgen-Wegmann-Motto "Erst hatten sie kein Pech, und dann kam auch noch Glück dazu" nutzte der Peruaner die verunglückte Vorarbeit des wieder einmal schwachen Marcus Berg und das anschließende ebenso wenig geplante Zusammenspiel mit dem rechten Pfosten, um für das herbeigesehnte frühe 1:0 zu sorgen.

Finks Grundgedanke, die zuletzt schwächelnden Hoffenheimer durch Forechecking weiter zu verunsichern, ging dabei in der ersten Halbzeit zunächst ebenso wenig auf wie die defensivere Grundausrichtung nach der glücklichen Führung in der zweiten Halbzeit. Es bedurfte einer erstmals sehenswerten Einzelaktion Marcell Jansens, der gleich drei Hoffenheimer wie festgenagelte Slalomstangen umkurvte (65.), um den ersten Heimsieg nach zehn Spielen in greifbare Nähe zu rücken. Aber erst mit der sicheren 2:0-Führung im Rücken gelangen den Hamburgern kurzzeitig Kombinationen, die ganz entfernt an den Zauberfußball von vor fünf Tagen erinnerten. In der Schlussphase jedoch ließen sich die Hamburger wieder zu sehr in die Defensive drängen, konnten sich aber auf Torhüter Jaroslav Drobny verlassen.

Sehr real an den magischen Länderspielabend erinnerte später die La Ola, die im Hochgefühl des Heimsiegs erstmals in dieser Bundesligasaison durch die HSV-Arena schwappte. Es war ein untrügliches Zeichen dafür, dass dieser Hamburger Arbeitssieg mindestens genauso herbeigesehnt worden war wie das Kunstwerk der deutschen Mannschaft am Dienstag. "Ooooh, wie ist das schön, so was hat man lange nicht geseh'n, so schön, so schön!", sangen die begeisterten Hamburger unter den gerade mal 46 237 Zuschauern - Saisonminusrekord. "Die Fans haben einen Krach gemacht, als ob sie 100 000 Anhänger gewesen wären", sagte Sportchef Frank Arnesen. Dass tatsächlich zum ersten Mal in dieser Saison weniger als 50 000 Zuschauer den Weg in den Volkspark gefunden hatten, dürfte spätestens mit dem Schlusspfiff von Schiedsrichter Marco Fritz wirklich keinen mehr interessiert haben.

"Heute haben wir das Glück erzwungen", freute sich Torschütze Jansen, während Tomas Rincon mit Blick auf die verbleibenden vier Spiele der Hinrunde gegen den 1. FC Nürnberg und den FC Augsburg in der Imtech-Arena sowie auswärts bei Hannover 96 und Mainz 05 meinte: "Jetzt können wir endlich mal nach oben schauen."