Die Einigung mit dem FC Basel steht unmittelbar bevor. Thorsten Fink könnte schon bald beim HSV sein. Das Porträt eines Umworbenen.

Hamburg. Weit ist Thorsten Fink vom HSV nicht mehr entfernt, zumindest nicht an diesem Sonntag. Eigentlich braucht der Hamburger Wunschtrainer am frühen Nachmittag nur die A5 nehmen, Richtig Norden, und nach 72 Kilometern bei der Ausfahrt Freiburg rechts abbiegen. Den Anpfiff im Badenova-Stadion zwischen dem SC Freiburg und dem HSV würde Fink sogar schaffen, wenn er noch die um zehn Uhr angesetzte Trainingseinheit in Basel leitet. Ob der smarte Blondschopf mit den akkurat nach oben gestylten Haaren aber tatsächlich noch einmal im Trainingsanzug des FCB zu sehen sein wird, scheint fraglich.

Eine erste Verhandlungsrunde mit Basel-Vizepräsident Bernhard Heusler, der seinen Türkei-Urlaub vorzeitig abbrach, und Berater Thomas Kroth hat gestern zwar noch keine konkreten Antworten gebracht, allerdings könnten diese schon heute folgen. "Wenn der Trainer sagt, dass er weg will, dann müssen wir eine Lösung finden", sagte Heusler, der gestern auch schon mit Basels U-21-Trainer Patrick Rahmen über eine mögliche Interimslösung sprach.

Glaubt man HSV-Chef Carl Jarchow , sind ohnehin alle relevanten Fragen zum Thema Fink gestellt und beantwortet. "Wir haben bei ihm das hundertprozentige Vertrauen, dass er eine richtige Lösung für uns ist", sagte er dem Internetportal Sport1, "wir sind uns sicher, dass es klappen wird." Eine Einigung zwischen Basel und dem HSV, das steht nun fest, sollte keine Frage von Wochen oder Monaten mehr sein, sondern von Tagen oder gar Stunden - und vor allem von der Höhe der Ablöse.

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"Der HSV macht einen guten Griff", sagt einer, der es wissen muss. Fink-Entdecker Hannes Bongartz, 60, kennt seinen ehemaligen Schützling besser als jeder andere aus dem Zirkus Fußball. Finks Trainervorbild kann sich noch ganz genau an den Moment erinnern, als dieser strohblonde Junge das erste Mal auf dem Trainingsplatz vor ihm stand, mit einem Gesicht, als ob er die Welt erobern könnte. Zunächst einmal ging es aber darum, einen Platz im Kader von Wattenscheid 09 zu ergattern. "Thorsten kam von Borussia Dortmunds Reserve, wo er den Sprung zu den Profis nicht geschafft hatte", sagt Bongartz, der aber schon im ersten Training das Potenzial Finks erkannt haben will: "Thorsten hatte immer einen sehr ausgeprägten Ehrgeiz, im Fußball etwas Besonderes zu schaffen."

Wattenscheid war für Fink nur eine kurze Zwischenstation, genau wie anschließend der Karlsruher SC. Das Besondere, das fand der Sohn eines Stahlarbeiters aus Dortmund-Marten beim großen FC Bayern. Die Chefs in der Mannschaft hießen Oliver Kahn und Stefan Effenberg. Fink war nur ein Indianer unter vielen Häuptlingen, aber ein Indianer, der wusste, was er wollte. "Er hat sich im Laufe der Jahre immer weiterentwickelt", sagt Bongartz, für den es eine logische Folge war, dass Fink nach vier Meisterschaften, drei Pokalsiegen und einem Triumph in der Champions League mit den Bayern lieber Häuptling als Indianer sein wollte: "Für mich ist es überhaupt keine Überraschung, dass er Trainer wurde und auch als Trainer so große Erfolge feierte."

Den Fußballlehrerlehrgang schloss Fink mit Auszeichnung ab, die Gesellenprüfung als Trainer legte er danach in Salzburg ab, wo er als Cheftrainer der Juniors in Österreichs Zweite Liga aufstieg. Als dann der deutsche Retortenklub FC Ingolstadt Fink lockte, war die Rechnung relativ simpel. Das ehemalige Mitglied des bajuwarischen Starensembles sollte dem Audi-Klub ein bisschen Strahlkraft verleihen, im Gegenzug durfte sich der Jungtrainer erstmals in Deutschland austoben. Von seiner Begrüßungsrede sind zwei Sätze bei allen Anwesenden in Erinnerung geblieben: "The sense of life is teamwork", erklärte Weltmann Fink auf Englisch, ehe er seine Worte noch feingeistig mit einem Zitat Friedrich Schillers würzte: "Nicht in der Ferne verliere dich, sondern den Augenblick ergreife, denn der ist dein."

Als man in Ingolstadt nach elf sieglosen Spielen in Folge plötzlich keinen ehemaligen Bayern-Star mehr auf der Trainerbank haben wollte, zog es Fink dann doch in die Ferne. Und auch in der Schweiz war sich anfangs nicht jeder sicher, ob sich dieser Fink ein zweites Mal beim großen FCB durchsetzen kann - diesmal als Trainer, diesmal in Basel.

Die Zweifel wichen schnell, ungefähr so schnell wie Basel von Sieg zu Sieg eilte, von Meisterschaft zu Meisterschaft. "Fink hat einen ganz genauen Plan von Fußball", lobte Trainerausbilder Erich Rutemöller seinen frühen Schüler, und diesen Plan setzte Fink in Basel in Perfektion um. Der frühere Staubsauger vor der Abwehr schaffte als Trainer den doppelten Fink im Mittelfeld ab, statt zweier defensiver Mittelfeldspieler beließ er es bei einem Sechser. Offensive ist Trumpf, das ist sein Anspruch in Basel. Mit Begeisterung analysiert Fink, den die Spieler duzen dürfen, Mannschaften wie den FC Barcelona oder auch Schachtjor Donezk. Drei offensive Mittelfeldspieler und zwei Stürmer, so will der frühere Ausputzer als Trainer spielen lassen. "Thorsten hat etwas, was andere Trainer nicht haben", schwärmt Bongartz, der noch immer regelmäßigen Kontakt zu seinem einstigen Musterprofi pflegt.

Es war dieses gewisse Etwas, was auch HSV-Sportchef Frank Arnesen überzeugt hat. Fink stand zwar von Anfang an auf der Kandidatenliste, war aber wie früher bei Bayern nur einer von vielen. Arnesen traf sich mit Huub Stevens, sprach mit Marco van Basten, verhandelte mit Ricardo Moniz und wartete auf Morten Olsen. Erst als der Däne Fink persönlich in Frankfurt und auf Mallorca traf, war Fink nicht einer von vielen, sondern derjenige welcher. "Thorsten ist jetzt an einem Punkt angekommen, wo er den nächsten Schritt in seiner Karriere machen kann", sagt Bongartz. Dass dieser Schritt den Umworbenen zum HSV führt, daran gibt es keinen Zweifel mehr. Die Frage bleibt nur, wann Fink ins Auto steigt.