Die vom FC Chelsea verpflichteten Freunde Gökhan Töre und Jacobo Sala (beide 19 Jahre) wollen sich beim HSV schnell durchsetzen.

List. Das Gummiband um den Bauch geschnallt, sprintet er los. Kraftvoll, mit grimmigem Blick. Fast hat man Mitleid mit dem Rasen. Besäßen Grashalme Stimmbänder, wären deren Schreie über List hinaus zu hören gewesen.

Der vom FC Chelsea verpflichtete Gökhan Töre wirkt mit seinen millimeterkurz geschnittenen Haaren und dem mächtigen Nacken wie ein Bulle auf der Jagd und lässt die Fantasie der Reporter blühen: Ob man wohl dem 19-Jährigen eine schlechte Note geben könne, ohne körperlichen Schaden zu nehmen? Fest steht jedenfalls, dass sich Töre in den ersten Tagen beim HSV ziemlich selbstbewusst gibt ("Druck? Da bin ich cool"), er traut sich was. Beim Trainingsspiel am Nachmittag, als er sich lautstark beschwerte, musste ihn Kapitän Heiko Westermann mit klaren Ansagen zurechtweisen: "Hier spielen alle nach vorne und nach hinten. So ist das!" Wenig überraschend, dass Töre, befragt nach seinem Lieblingsfilm, später "Carlito's Way" nennen wird, einen Gangsterfilm von 1993 mit Al Pacino. Im Leben des ehrgeizigen Töre geht es offensichtlich ums Durchsetzen, um Konkurrenz. Vielleicht auch einer der Gründe, warum er sich ungern vom Ball trennt.

Der Offensivmann, der in der Zentrale, aber bevorzugt auf Rechtsaußen im 4-3-3-System spielt, ist nicht gekommen, um sich von der U 23 des HSV langsam hochzudienen. "Auf keinen Fall, ich möchte sofort bei der ersten Mannschaft bleiben", legt sich der Deutsch-Türke fest, der zwischen 1999 und 2009 in der Jugend von Bayer Leverkusen spielte, bevor er die Scouts von Chelsea und auch Frank Arnesen während der U-17-EM überzeugte.

"Das erste Jahr in England war eine harte Zeit, ich konnte kein Wort Englisch", erinnerte sich Töre, der es in der Premier League elfmal bis auf die Bank des Starensembles um Didier Drogba schaffte. Als Fernando Torres vom FC Liverpool für 59 Millionen Euro verpflichtet wurde, war der Weg für ihn endgültig versperrt.

Doch seine Leistungen in der Reserve-Mannschaft blieben in der Türkei nicht unbeobachtet. Als das A-Team im Mai gegen Belgien spielte, saß er das erste Mal auf der Ersatzbank.

Die Entscheidung, dass der gebürtige Kölner das Trikot seiner Vorfahren tragen wird, ist jedoch damit nicht gefallen. "Zum Glück hat mich Guus Hiddink nicht eingewechselt", lächelt Töre, der noch immer ein wenig Richtung DFB linst. Dass ihn der befreundete Mesut Özil, mit dem er während des Sommerurlaubs einige Tage verbrachte, versucht hat zu beeinflussen, bestreitet er indes vehement: "Wir reden nicht über Fußball ..."

Während zu Töre in einem Kinofilm äußerlich eher die Rolle des harten, unbarmherzigen Kerls passen würde, scheint für Sala, eine weitere Verpflichtung aus London, auf den ersten Blick eher die Rolle des Zarten prädestiniert. Der erste Italiener in der Geschichte des HSV wirkt mit - im Vergleich zu Töre - eher weichen Gesichtszügen und den Spargelbeinen wie ein Feingeist.

"Jacobo ist im Grunde friedlich, aber manchmal auch stur", rückt Töre sofort von diesem ersten Eindruck ab. "Er ist mein bester Freund, ich bin sehr glücklich, dass er wie ich zum HSV gekommen ist. Ich kann ihm in Hamburg helfen, sich zurechtzufinden." Dass dies keine leeren Worte sind, beweist die Tatsache, dass Töre seinen Kumpel schon in Bergamo besucht hat.

Sala hat im Grunde die gleiche Story hinter sich wie Töre mit dem kleinen Unterschied, dass er bereits mit 15 Jahren zu Chelsea wechselte. "Auch wenn ich es nicht zu einem Einsatz in der ersten Mannschaft gebracht habe, war es eine unglaubliche Erfahrung für mich", sagt der 19-Jährige, der als glühender Juventus-Fan Alessandro del Piero als großes Vorbild nennt, während sich Töre mit Lionel Messi und Arjen Robben der gleichen Kategorie bedient.

Sala hat in der Reserve entweder auf der "Zehn" oder hinter Töre im Mittelfeld gespielt. Bei der U 17 Italiens war er Kapitän, im U-21-Kader ist er der Jüngste und will sich dort durchsetzen, genau wie beim HSV. Sala und Töre wussten vor ihrem Wechsel wenig vom HSV, vertrauen aber ihrem Förderer Frank Arnesen. Sie hoffen nun in Hamburg auf den nächsten Karriereschritt und vor allem auf mehr Spielzeit.

Jeffrey Bruma traf in Hamburg zum Medizincheck ein. Heute wird er von Teammanager Marinus Bester mit Mladen Petric, Dennis Aogo, Jonathan Pitroipa und Eljero Elia nach Sylt gefahren.