Der HSV suchte nach dem 0:0 in Hoffenheim die Schuld beim Wetter. Erneut verpassten es die Hamburger, den Rückstand auf Mainz zu verkürzen.

Sinsheim. Vor dem Bus in Sinsheim blockierten frustrierte HSV-Anhänger die Abfahrt und diskutierten bei sommerlichen 24 Grad mit den Spielern, während der Klubvorsitzende vor dem Kabinenbereich mit ernster Miene die desaströse Mannschaftsleistung analysierte und dann nach den richtigen Worten zur unklaren Zukunft des Trainers suchte. Am 25. April spielten sich diese Szenen ab, vor knapp einem Jahr, als der HSV mit 1:5 gegen Hoffenheim verloren hatte.

Viel ist seitdem passiert. Bruno Labbadia wurde durch Interimstrainer Ricardo Moniz ersetzt, der aber das Aus im Halbfinale der Europa League gegen Fulham auch nicht mehr verhindern konnte. Zur neuen Saison kam Armin Veh, der es aber noch nicht einmal bis zum 28. Spieltag in Hoffenheim schaffte. So durfte Michael Oenning am Sonnabendabend sein erstes Auswärtsspiel als Übergangscoach bestreiten, während auf der Tribüne mit den neuen Vorständen Carl-Edgar Jarchow und Joachim Hilke ebenfalls zwei Debütanten saßen. Geblieben ist aber die Mannschaft und mit ihr der Eindruck, dass sich seit dem 1:5 nicht wirklich viel zum Positiven bewegt hat.

Nur zwei Bälle innerhalb der 90 Minuten musste Hoffenheims Torwart Tom Starke abwehren bei insgesamt sechs Schussversuchen der Hamburger Gäste, die mit dem 0:0 die Chance verpassten, bis auf zwei Punkte an den Fünften Mainz (nur 1:1 gegen Freiburg) heranzurücken. Oenning war dennoch zufrieden, dass "wir einen Punkt mitgenommen haben. Wir haben uns eine gute Ausgangsposition erhalten, um oben dranbleiben zu können. Diese wollen wir in den kommenden beiden Heimspielen gegen Borussia Dortmund und Hannover 96 verbessern."

Den vor allem in der ersten Hälfte unansehnlichen, von unerklärlichen Fehlpässen geprägten, über weite Strecken lethargischen Auftritt seiner Mannschaft verteidigte der HSV-Trainer vor allem mit dem ungewöhnlich hohen Temperaturanstieg von zehn Grad beim Abflug in Hamburg am Freitag auf 25 bis 27 Grad in Sinsheim. "Der Wetterumschwung hat uns nicht gut getan. Auch bei anderen Spielen in der Bundesliga war von fehlendem Tempo die Rede. Man muss den hohen Maßstab, der ansonsten angelegt wird, ein bisschen relativieren." Vielleicht seien die schwierigen Bedingungen die Ursache gewesen, dass seine Spieler den Ball völlig unbedrängt zum Gegner oder gleich ins Aus gespielt hätten, so der 45-Jährige weiter.

Wird dieser Blickwinkel akzeptiert, muss allerdings auch die Frage erlaubt sein, warum die HSV-Spieler viel zu lange brauchten, um die richtigen Schlüsse aus dem Klimawandel zu ziehen. Anstatt das Spielfeld "eng" zu machen, ließ sich die Abwehr viel zu weit zurückfallen, während zugleich die offensiven Außen Eljero Elia und Änis Ben-Hatira nicht zuverlässig nach innen rückten. Dieses taktische Fehlverhalten, gepaart mit den schrecklichen handwerklichen Fehlern wie bei Heiko Westermann verhinderten das Aufkommen jeglicher Spielkultur gegen allenfalls biedere Hoffenheimer. Von seinen eigenen Ansprüchen war der HSV deshalb mal wieder weit, weit entfernt, was alle die Skeptiker bestätigte, die nach dem spektakulären 6:2-Erfolg gegen den 1. FC Köln noch nicht von einem Befreiungsschlag sprechen wollten. Die herbeigesehnte Konstanz bleibt für das HSV-Team weiter ein Fremdwort.

+++Heiko Westermann gesteht: "Ich war überfordert"+++

"Wenn man auf die beiden letzten Auftritte in Hoffenheim schaut, war das ein Schritt nach vorne", erinnerte mit einer Prise Humor Stürmer Mladen Petric an die 1:5- und 0:3-Niederlagen in den vergangenen Spielzeiten, während Dennis Aogo präziser anmerkte, dass er nur teilweise zufrieden sei mit dem 0:0. "Wir hätten einen Tick mehr machen müssen, heute war mehr drin." Es war nachvollziehbar, dass sich der um eine Festanstellung als Cheftrainer kämpfende Oenning nach vier Punkten in seinen ersten beiden Spielen als Verantwortlicher die Stimmung nicht vermiesen lassen wollte, aber auch er kann nicht verhindern, das dieser HSV-Jahrgang so wirkt, als ob er sich auf einer langen Abschiedstournee befindet. Ein interner Klimawechsel scheint trotz der Wechsel in der Führung des Vereins noch nicht geglückt zu sein. Die nötige Siegermentalität wird auch nach dem Trainerwechsel vermisst, der Kader benötigt ganz offensichtlich frische Gesichter.

+++Wer war der beste HSV-Spieler in Hoffenheim?+++

Dass ausgerechnet dieser HSV in der Lage ist, am kommenden Sonnabend (15.30 Uhr) die deutsche Meisterschaft mit einem Sieg über Tabellenführer Dortmund wieder spannend zu machen, muss nach dem Hoffenheim-Spiel bezweifelt werden. Unterm Strich wird man sich beim Rückblick auf diese Saison vielleicht kurz an dieses Spiel in Hoffenheim erinnern und sagen: Das war eines jener Spiele, in denen die Qualifikation für die Europa League vergeben wurde. Würde man an dieser Stelle einen bösen Scherz anbringen wollen, könnte man anmerken: Wenigstens haben sie hitzefrei, wenn die Gegner Athen oder Lissabon heißen würden. In Sinsheim wiederum werden sie sich fragen, mit welchem Trainer der HSV wohl in einem Jahr anreisen wird.