Während Paolo Guerrero am Sonntag für den Hamburger SV gegen Mainz auf Torejagd geht, sitzt Eljero Elia wohl nur auf der Tribüne.

Hamburg. Es gab Zeiten, da schlich Paolo Guerrero an jeder TV-Kamera vorbei. Mit der Ausrede, er könne kein Deutsch, war für ihn mit dem Schlusspfiff sein Arbeitstag meist schnell beendet. Nicht selten führte ihn dann aber die reichlich verfügbare Freizeit in eine Versuchung, der er schließlich erlag. "Ja, ich war früher öfter abends unterwegs", gesteht der Peruaner heute in einwandfreiem Deutsch, "aber das war in meinem ersten Jahr."

Inzwischen ist der Peruaner in seinem fünften Jahr beim HSV. Und es scheint, als habe Guerrero eine vierjährige Lehre erfolgreich hinter sich gebracht. Heute gibt sich der einst auf modische Klamotten und Partys ausgerichtete Angreifer vernünftig, er wirkt erwachsen und auf seinen Beruf als Fußballprofi fokussiert. Gerade jetzt, wo mit Mainz 05 am Sonntag (17.30 Uhr, Imtech-Arena) einer seiner Lieblingsgegner kommt. Zwei Spiele absolvierte er gegen den aktuellen Tabellenfünften - in beiden traf er. Am 24. April 2007 sicherte er in der 83. Minute gerade noch ein 2:2. Und in der Hinrunde beendete der Peruaner in der 89. Minute mit seinem Treffer zum 1:0 die Mainz-Serie von sieben Siegen in Folge. Auch für Sonntag setzt der Peruaner alles an eine Fortsetzung seiner Serie. Zumal der HSV bei einem Sieg mit zwei Toren Unterschied auf einen Europa-League-Rang vorrücken würde.

Guerrero ist für die Startelf gesetzt. Er hat eine Lehrzeit mit kleineren (Falschparken) und größeren (Flaschenwurf) Verfehlungen und Strafen endlich hinter sich gebracht. Und er würde sich damit bestens als Ratgeber für Eljero Elia eignen. Der Niederländer, der sogar mal wegen frisch gestochener Tätowierungen das Training absagen musste, gilt als Problemprofi. Und er verbindet mit dem nächsten Gegner den schlimmsten Tag seiner Zeit beim HSV. Am 28. November 2009 verletzte ihn Mainz-Verteidiger Nikolce Noveski so schlimm am Knöchel, dass Elia für Monate ausfiel. Seither macht "das größte Talent beim HSV" (O-Ton Armin Veh) die vielleicht schwerste Zeit seiner noch jungen Karriere durch und wird aller Voraussicht nach auch gegen Mainz wieder nicht zum Kader gehören. Weil er nicht besser trainiert als seine Konkurrenz, hat er seinen Platz verloren. So hatte es HSV-Trainer Armin Veh zuletzt erklärt.

Elia scheint falsch beraten. So soll ihn sein Berater Frank Schouten fast ausschließlich unkritisch begleiten, zu selten auf seinen Schützling einwirken. Als Nationalspieler, der mit den Niederlanden die WM in Südafrika als Vizeweltmeister beendete, wähnt sich Elia in der europäischen Fußball-Spitze, die Bundesliga scheint nicht genügend Anreiz zu bieten. Seine nicht selten gefeierten Auftritte für Oranje und seine Leistungen beim HSV sind zwei Welten. "Er muss bei sich selbst anfangen, sonst wird es nichts", warnt Veh.

Eindringliche Worte, die einst auch Guerrero zu hören bekam. Und während der 27-Jährige immer besser in Form kommt, droht Elia trotz laufenden Vertrages bis 2014 ein baldiges Ende in Hamburg. Intern soll der Niederländer als potenzieller Abgang gelten. 18 Millionen Euro Ablöse stehen im Raum. Als mögliche Interessenten wurden zuletzt Juventus Turin und der FC Liverpool gehandelt.

Frei von Wechselgedanken ist dagegen Guerrero. Sein Vertrag läuft ebenfalls noch bis 2014 - und er will ihn erfüllen. Weil er sich besser fühlt denn je. Die momentan schwierigste Hürde hat er dabei noch zu Hause auszutragen. Endlich beim Idealgewicht von 81 Kilogramm angekommen, bringt ihn nur noch seine Mutter Petrolina, die beim Zubereiten von Pommes Frites schon mal die Küche in Brand gesetzt hatte, in Versuchung. "Ja", sagt Guerrero und lacht, "das ist immer ein echter Kampf. Sie macht mir immer so viel zu Essen, dass ich ablehnen muss. Inzwischen hat sie es aber eingesehen."

Guerrero ist ganz sicher einer der Gewinner der letzten Wochen - Eljero Elia hingegen, der in 15 Bundesligaeinsätzen sechsmal ein- und achtmal ausgewechselt wurde, ist der wahrscheinlich größte Verlierer der Saison. Noch hat ihn Armin Veh ("Er hat alle Chancen, sich im Training aufzudrängen") nicht aufgegeben. Sollte aber nicht noch etwas Wundersames passieren, dürfte ihm gegen Mainz erneut Marcell Jansen auf der linken Außenbahn vorgezogen werden. Rechts wiederum dürfte Änis Ben-Hatira anfangen, der im Sommer beim FSV im Probetraining durchgefallen war und in der Rückrunde beim HSV durchstartete. Er hat sich für Guerreros Weg entschieden.