Beim Schlusslicht Borussia Mönchengladbach brauchen HSV-Trainer Armin Veh und die Profis ein Erfolgserlebnis, sonst drohen Konsequenzen.

Hamburg. Der Termin wurde - auf Wunsch des Vorstands - während der gemeinsamen Sitzung mit dem Aufsichtsrat Anfang der Woche vorsorglich schon mal geblockt. Abhängig vom Verlauf des letzten Hinrundenspiels des HSV heute bei Borussia Mönchengladbach (20.30 Uhr/Sky und im Abendblatt-Liveticker) werden sich beide Gremien am Sonnabend noch einmal treffen, um Bilanz und die womöglich notwendigen Schlüsse zu ziehen. Der Begriff "unpopuläre Maßnahmen", die gegebenenfalls getroffen werden müssten, machte die Runde.

Die Unruhe innerhalb der Klubführung ist verständlich, schließlich kann die Ausgangslage mit bisher 21 Punkten bei sieben Niederlagen in 16 Spielen nur als verheerend bezeichnet werden. Während der Ära von Bernd Hoffmann startete nur Ex-Trainer Thomas Doll 2006 schlechter (13 Punkte nach 17 Spielen). Eine Pleite beim von etlichen Ausfällen geplagten Tabellenletzten, der mit jämmerlichen zehn Punkten gegen den HSV ums Überleben kämpft, wäre ein fatales Signal vor der kurzen Winterpause. Schon am 15. Januar starten die Hamburger bei Schalke 04 wieder in die Rückrunde.

Dass Armin Veh mit seinem Team ausgerechnet bei der Borussia versuchen muss, die Fruststimmung notdürftig zu flicken, ist eine Laune des Schicksals. Am Niederrhein, wo einst vor 30 Jahren seine Bundesligakarriere begann, muss er darum kämpfen, dass seine Laufbahn als Bundesligatrainer nicht schneller zu Ende geht als erwartet. Schließlich hatte er verkündet, als Coach aufzuhören, sollte er es mit "einem großen Klub wie dem HSV" nicht schaffen, erfolgreich zu arbeiten.

Bislang durfte sich Veh in der Abteilung des Paradieses für angeschlagene Fußballlehrer wähnen. Während die Anhänger ihren Frust traditionell gerne bei Klubchef Hoffmann abluden, musste Bastian Reinhardt als Sportchef-Azubi gegen mangelnde innere und äußere Akzeptanz kämpfen. Veh hingegen, der zudem noch von seinem Bonus als Meistertrainer zehrte, überstand den Negativlauf bisher nahezu unbeschadet. Nicht nur weil die Lust, dem bei Hoffmann so beliebten Trainer-wechsel-dich-Spiel ein weiteres Kapitel hinzuzufügen, gen null tendierte. Die Verletztenplage lieferte glänzende Argumente, nicht auf den 49-Jährigen einzuprügeln, der sich zudem in der Öffentlichkeit sehr viel besser und sympathischer präsentierte als sein verbissener Vorgänger Bruno Labbadia. Veh weiß allerdings, dass auch ein netter Trainer irgendwann Ergebnisse braucht.

Labbadia schaffte in 32 Ligaspielen zwölf Siege. Exakt die gleiche Siegquote von 37,5 Prozent erreichte bisher auch Veh und teilt sich mit dem jetzigen Stuttgarter somit die schlechteste Bilanz seit Frank Pagelsdorf (35,9 Prozent). Bemerkenswerter als diese Zahlen ist jedoch das Eiltempo, mit dem er sämtliche Krisenbewältigungsmaßnahmen nacheinander einleitete. Nicht nur verletzungsbedingt verpasste Veh dem HSV unterschiedliche Spielsysteme und Aufstellungen. So entwickelte sich der HSV zunehmend zum Verschiebebahnhof. Mal sollten es die Jungen richten, dann die Alten und jetzt die Fitten. Heute gegen Mönchengladbach wird Muhamed Besic für den grippekranken Guy Demel auflaufen. Der 18-Jährige erlebte unter Veh eine wilde Achterbahnfahrt. Nachdem Besic gegen Dortmund in der Schlussphase debütierte, rückte er in Hannover in die Startelf, um danach erst mal aus dem Kader verbannt zu werden. Jetzt die Rolle rückwärts - ein behutsamer Aufbau sieht anders aus.

Doch nicht nur der Trainer steht unter besonderer Beobachtung. Längst ist die Erkenntnis gereift, dass die Spieler in dieser Zusammensetzung nicht funktionieren, ihr Potenzial nicht abrufen oder sogar falsch eingeschätzt wurden. Ob zum Beispiel Zé Roberto auch 2011 noch zum HSV-Kader gehört, gilt nicht mehr als sicher - genauso wenig wie die Zukunft von Klubchef Hoffmann selbst und von Sportchef Reinhardt, der zu Wochenbeginn schwer von Aufsichtsrat Peter Becker angezählt wurde ("In den Vorstand gehört exzellente sportliche Kompetenz - und kein Berufsanfänger").

"Natürlich machen wir das", beantwortet Kapitän Heiko Westermann die Frage, ob die Spieler Reinhardt überhaupt noch ernst nehmen, "mehr gibt es dazu nicht zu sagen". Viel mehr wollen die Profis - so kündigt es Westermann zumindest an - heute auf dem Platz Leistung statt Worte sprechen lassen.

Gelingt das nicht, wird eben morgen gesprochen. Mit Hoffmann. Mit Reinhardt. Und auch mit Veh.