0:1 beim SC Freiburg - nach der vierten Auswärtsniederlage in Folge verschwindet der Hamburger SV im Niemandsland der Tabelle.

Freiburg/Hamburg. Wer es geschafft hat, beim HSV einen Profivertrag zu unterschreiben, wird wirklich gut behandelt. Zu den Spielen darf die Mannschaft per Charter anreisen, und wenn es mal etwas mehr schneit, eilt ein fleißiger Mitarbeiter mit dem Dampfstrahler auf den Arena-Parkplatz und befreit die Karossen vom lästigen Weiß, damit, wie am Sonntag nach der 0:1-Niederlage in Freiburg, nach dem Auslaufen auch zügig die Heimreise angetreten werden kann. Die Verdienstmöglichkeiten sind beim HSV inzwischen auch ausgesprochen gut. 47 000 000 Euro lässt sich der Klub seine angeblich qualitativ so ansehnliche Lizenzspielerabteilung diese Saison kosten.

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Nicht, dass ein falscher Eindruck entsteht: Hier geht es nicht darum, eine typisch deutsche Neiddiskussion zu entfachen, sondern um das Aufzeigen der Diskrepanz zwischen den Anstrengungen des HSV und der viel zu oft armseligen Leistung, die diese wohl behüteten Spieler auf dem Rasen abliefern.

Augenscheinlich handelt es sich bei diesem Team um eine Ansammlung von Lernunwilligen. Wie sonst ist zu erklären, dass die Spieler die taktische Marschroute von Armin Veh völlig missachteten? Der Trainer hatte seine Mannschaft darauf vorbereitet, dass die Freiburger das einfache Spiel bevorzugen und mit langen Bällen operieren, um dann in die Zweikämpfe zu gehen: "Wir hatten uns vorgenommen, vor allem diese zweiten Bälle zu gewinnen." Weil aber zwischen den Mannschaftsteilen regelmäßig Lücken klafften, konnte diese Taktik nicht erfolgreich umgesetzt werden. In der Offensive wiederum kombinierte der HSV "viel zu lange hintenrum, pomadig, anstatt über die Außenbahnen zu operieren und diagonale Bälle zu spielen", monierte Veh, "wir waren nicht handlungsschnell." Was noch freundlich formuliert ist angesichts der wiederkehrenden Schlafmützigkeit nach dem Anpfiff. Unfassbar, dass die Hamburger auf dem Weg zu ihrer fünften Pflichtspiel-Niederlage in der Fremde in Folge (DFB-Pokal in Frankfurt, in der Liga in Köln, Dortmund, Hannover und Freiburg) schon das sechste Gegentor in der Anfangsviertelstunde kassierten.

Schon häufig ist in den vergangenen Wochen vom fehlenden Willen, vom Charakter der Profis gesprochen worden. Aber nicht Überheblichkeit, sondern Angst hat Veh bei seinen Spielern ausgemacht: "Sonst trete ich in der Anfangsphase anders auf."

Ein weiterer Nachweis fehlender Qualität war das Tor des Tages, das zum wiederholten Mal nach einer Standardsituation fiel. Nach einem harmlosen Freistoß 50 Meter vor dem Tor, den die Defensive nicht abwehren konnte, traf Papiss Cissé erst zweimal den Pfosten und im Nachsetzen zum 1:0, während die HSVer gütig zuschauten (4.).. "Wir sind bei Standards nicht wach genug", stellte Heiko Westermann fest, dem die Worte fehlten, um zu beschreiben, warum es seinem Team nur im heimischen Stadion gelingt, die erforderliche Leistung zu erbringen. Dabei liefert der HSV auswärts schon das ganze Jahr jene Konstanz ab, die an anderer Stelle erhofft wird: Bereits in der Rückrunde der vergangenen Saison setzte es unter Bruno Labbadia bei zwei Siegen und zwei Remis fünf Niederlagen.

"Zu wenig" kam in Vehs Beurteilung mehrfach vor. Sieben Punkte aus acht Auswärtsspielen - zu wenig. Kaum Torchancen, keine Durchschlagskraft. Zu wenig. Immer, wenn der HSV die Chance hat, einen Bigpoint zu setzen, machen sich die Spieler alles selbst kaputt. Viel zu wenig! Vom Anspruch, oben dabei sein zu wollen, könne man sich sowieso vorerst verabschieden. Die Geduld der mitgereisten Anhänger angesichts der Minusleistungen in fremden Stadien hat ebenfalls stark gelitten. Die Argumentationsversuche am Fanzaun von Ruud van Nistelrooy ("Fehlende Bälle aus dem Mittelfeld") oder Westermann ("Rotation in der Abwehrkette") konnte die frustrierten Fans kaum besänftigen. Als sie wieder im Zug die 700 Kilometer lange Heimreise antraten, machte ein Witz die Runde: "Na ja, in die Top 15 werden wir es sicher schaffen". Womit aber nicht die Platzierung in Europa gemeint war.

Mit nur 21 Punkten rangiert der HSV nur noch auf Platz neun, mit drei Punkten Rückstand zu Platz fünf und vier Zählern Vorsprung auf den Tabellen-14. St. Pauli. Die Luft ist raus. Vorerst. Auch wenn Veh als einsamer Rufer immer noch nicht von seinem Ziel abweichen will, mit dem HSV einen internationalen Platz zu erreichen. Wer sich aber in unschöner Regelmäßigkeit solche blutleeren, uninspirierten Auftritte gegen ein biederes, aber wacker kämpfendes Team leistet, landet dort niemals. Sondern nur im Niemandsland.