Torjäger Demba Cissé ist das größte Kapital der Freiburger - Er will auch gegen den HSV treffen. Im Liveticker auf abendblatt.de.

Freiburg. Es liegt wieder Schnee in Freiburg, viel Schnee. Die Dreisam, das wenige Meter breite Rinnsal, das im südlichen Schwarzwald als Fluss durchgeht, ist an den Rändern schon zugefroren. Und selbstredend sind auch die Trainingsplätze dick verschneit. Wie im Januar 2009, als Papiss Demba Cissé die erste Trainingseinheit mit dem neuen Team absolvierte - und nach wenigen Sekunden der Länge nach hinfiel: "Alle lachten, aber es war kein Auslachen, wir haben uns zusammen amüsiert. Da war das Eis gleich am Anfang gebrochen", erinnert sich Cissé. Akklimatisierungsschwierigkeiten hatte der damals 24-Jährige aber sowieso nicht. Cissé kam vom französischen Zweitligisten FC Metz. "Und die Mentalität in Lothringen ist fast so wie hier in Baden."

Noch heute sind sie stolz in Freiburg, dass dieser Topscorer, der in 14 Partien zehn Treffer erzielte, ausgerechnet bei ihnen gelandet ist. Und tatsächlich kann man sich ja fragen, wie einer, der in 99 Spielen für Metz 36-mal getroffen hatte, diesseits des Rheins so lange unentdeckt bleiben konnte. Schließlich ist Metz von der deutschen Grenze so weit entfernt wie Hamburg von Elmshorn. Beim traditionell sehr frankophilen SC hingegen schwören sie Stein und Bein, dass sie Cissé schon lange vor dem Zustandekommen des Transfers im Auge hatten. "Jeder, der bei uns Spiele beobachtet, hat ihn mehrfach gesehen. Und jeder wollte ihn", berichtet Manager Dirk Dufner, "es hat dann allerdings über ein Jahr gedauert, bis wir uns einigen konnten." Im vergangenen Winter war der teuerste Einkauf der Vereinsgeschichte perfekt: 1,6 Millionen soll er gekostet haben. Unsummen für Freiburg.

Und weil die Freude über den Transfer allerorten so groß gewesen ist, hat der Senegalese, der seit 2009 auch für seine Heimat spielt, gleich einen Vertrag bis 2014 unterschrieben, weshalb dieser Tage das meistgebrauchte Wort von Dufner die Vokabel "Luxusproblem" ist. Bleibt Cissé, weiß man einen der besten Stürmer der Liga in seinen Reihen. Geht er, "kostet er eben richtig Geld". Bei den Gehältern, die mancher Konkurrent bieten könnte, sei es sowieso fast unmoralisch, ihn nicht aus dem Vertrag zu lassen: "Wenn ein Spieler aus dem Senegal nach Europa kommt, möchte er hier verständlicherweise möglichst viel Geld verdienen. Wegen des guten Wetters wird er jedenfalls nicht bei uns bleiben." Cissé redet öffentlich nicht gerne über Geld. Der Stadionzeitung hat er aber kürzlich verraten, wie stolz er war, als er als 16-Jähriger vom Onkel sein erstes eigenes Paar Kickschuhe geschenkt bekam: "Die wären hier nicht mal einen Euro wert." Heute sagt er, er unterstütze seine Familie, "weil ich ihr viel verdanke".

Nachdem Cissé im November schon laut über einen baldigen Wechsel nachgedacht hat, hört man neuerdings andere Töne. Dem Abendblatt sagte er jetzt, er wolle "noch möglichst lange in Freiburg bleiben". Auch vom kolportierten Interesse des FC Fulham - der Premier-League-Klub soll sechs Millionen Euro geboten haben - weiß Cissé angeblich nichts. "Wichtig ist nicht, was in den Zeitungen steht. Mich hat nichts von einem angeblichen Fulham-Angebot erreicht." Überhaupt sei er vollauf zufrieden im Breisgau: "Es macht Spaß, sich hier in Freiburg immer weiter zu verbessern." Dabei gehören Wechsel zu seiner Karriere. Weil seinen früheren Verein Metz stets Geldsorgen plagten, wurde er trotz guter Leistungen zweimal verliehen, 2005 zum AS Cherbourg, 2008 zum LB Chateauroux.

Noch in der vergangenen Saison stand Cissé beim derzeitigen Tabellen-Achten im Schatten von Mo Idrissou, der die Schlagzeilen auf sich zog. Seit der Kameruner, der sich "sportlich verbessern wollte", in einer "viel stärkeren Mannschaft", nämlich bei Borussia Mönchengladbach, spielt, ist erst so richtig aufgefallen, dass Cissé nicht nur der torgefährlichere, sondern der deutlich variablere Stürmer von beiden ist. Er hat eine herausragende Schusstechnik, ein gutes Kopfballspiel und verfügt über eine außergewöhnlich gute Technik, die es ihm erlaubt, auch schwierigste Flugbälle zu kontrollieren, bis das vielfüßige Freiburger Mittelfeld nachgerückt ist. Im von Dutt meist favorisierten 4-5-1-System ist er damit eine Idealbesetzung. Zumal er charakterlich in ziemlich jeder Hinsicht ein Gegenentwurf zu Idrissou zu sein scheint: "Papiss ist ein Teamplayer", lobt Robin Dutt, "trotz des Wirbels um ihn fordert er keine Extrawürste und ruht sich nicht auf seinem Lorbeer aus." Dass ihm andere Werte als der Hype um seine Person wichtiger sind, werden die Fußballfans auch am Sonnabend vor dem Spiel gegen den HSV sehen, wenn der gläubige Moslem die Arme ausbreitet und betet. Die Schattenseiten seines Berufs kennt er sowieso nur zu gut. Im März verfehlte er im Abstiegsduell gegen Hannover das Tor aus 50 Zentimetern und erzielte später sogar noch mit einem Eigentor das 1:2.