Mit Glauben kämpft HSV-Profi Romeo Castelen um sein Comeback - noch in dieser Saison. Er sagt: “Nach der Diagnose war ich platt.“

Hamburg. "Und wenn ich auch wanderte im finsteren Todestal, so fürchte ich kein Unglück; denn du bist bei mir, dein Stecken und dein Stab, die trösten mich." (Psalm 23, Vers 4)

Vor einigen Tagen klingelte bei Romeo Castelen das Telefon. Augsburgs Nando Rafael erkundigte sich über den Gesundheitszustand des verletzten HSV-Profis und schickte kurz darauf ein Buch, das von Gott und positiver Kraft handelte. "Dass er sich bei mir gemeldet hat, obwohl wir noch nicht einmal dicke Freunde sind, hat mir gezeigt, dass Gott groß ist", erzählte Castelen gestern bewegt.

Wenn der 27-jährige Profi über sein scheinbar endloses Verletzungsschicksal spricht, erwähnt er häufig seinen Glauben. Der katholisch aufgewachsene Niederländer ist zwar kein häufiger Kirchgänger, aber ein täglicher Bibelleser. Viel Kraft herausholen, sagt er, könne er aus dem Psalm 23.

Castelen erinnert sich noch genau an den Tag im August, als er die niederschmetternde Diagnose erzielt: Knorpelschaden im rechten Knie hinter der Kniescheibe. Operation, monatelange Pause. Schon wieder. Im linken Knie mussten bereits dreimal Eingriffe vorgenommen werden. "Ich war danach völlig platt, konnte nicht mehr sprechen", schildert Castelen seine Gefühle in der Münchner Praxis von Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt. "Eine Stunde brauchte ich, bis ich das Zimmer verlassen konnte." Doch in diesem Moment reifte auch der Gedanke: "Gott gibt mir Kraft. Ich werde es wieder schaffen."

Nach der Operation bei Richard Steadman in den USA musste er an Krücken und mit Stützschienen gehen. Die Physiotherapeuten des HSV kamen zweimal täglich zur Behandlung in seine Wohnung, in deren Wohnzimmer ein Foto von seinem letzten Bundesligator zum 4:2 in Wolfsburg hängt. Ein Knäuel Spieler liegt über ihm. "Diesen Moment werde ich nie mehr vergessen."

Das Bild ist zugleich Antrieb. "Ich bin ein Liebhaber", beschreibt er seine Zuneigung zum Fußball, "ich will so lange spielen wie nur möglich." Der erste Schritt zur Rückkehr ist getan. Nach acht Wochen durfte er Krücken und Stützschiene weglegen, die Rehaphase beginnt. "Die Ärzte haben gesagt, dass ich nichts überstürzen darf." Er will noch in dieser Saison wieder spielen.

Im Juni läuft sein Vertrag aus. Sein nächstes Erstligaspiel wäre erst das sechzehnte im vierten Vertragsjahr. Ob es für Castelen eine Zukunft in Hamburg gibt, ist ungewiss. "Ich habe viele gute Menschen hier kennengelernt und bin dem Verein sehr dankbar. Ich habe mich nicht einen Moment einsam gefühlt", sagt er. "Das war sehr wichtig. Schließlich sind wir nicht nur Fußballspieler, sondern auch Menschen."

Castelen ist offenbar ein ganz besonderer, der den Kollegen etwas zu geben hat. "Jeden Tag kommt Romeo mit einem Strahlen in die Kabine", sagt Guy Demel. "Ich hoffe sehr, dass er wieder fit wird." Es war wohl kein Zufall, dass selbst entfernte Bekannte wie Nando Rafael angerufen haben.