Die HSV-Profis Eljero Elia, Marcell Jansen & Co. leiden zu Beginn der Bundesliga noch unter den Spätfolgen der Weltmeisterschaft in Südafrika.

Hamburg. Sieben Punkte beträgt der Rückstand auf Platz eins nach fünf Spieltagen bereits, weshalb diese Frage nicht ganz überraschend kam: "Glauben Sie weiter daran, dass Ihr Klub noch deutscher Meister werden kann?" "Ja, absolut", antwortete Philipp Lahm wie selbstverständlich, "wir haben in unseren Reihen die größte Qualität und holen deshalb den Titel."

Was die Aussage von Bayern Münchens Kapitän bei Sport 1 mit dem HSV zu tun hat? Beide Klubs sind im Vergleich zu den eigenen hohen Ansprüchen mit acht Zählern bescheiden in die Saison gestartet. Aber während beim Rekordmeister, der am Wochenende Tabellenführer Mainz empfängt, der Blick stets nach oben geht, bedient der HSV die Skeptiker und Berufspessimisten mit Steilvorlagen: Erst das schwache Stadtderby gegen St. Pauli, dann die Niederlage im Nordderby gegen Wolfsburg trotz eines hohen Aufwandes - und jetzt steht ausgerechnet am Sonnabend (18.30 Uhr) auch noch der Gang zum Dauerrivalen Werder Bremen an, der den HSV mit Freude ins Mittelmaß katapultieren und seine eigene Formkrise beenden würde.

"Wir müssen nun unbedingt in Bremen gewinnen. Der Druck ist jetzt da", fordert Zé Roberto, der gegen Wolfsburg mangelnde Konzentration beklagte. "Unsere jetzige Situation ist sehr schwierig." Dennoch: Der Brasilianer trägt das Bayern-Gen noch in sich. Kein Wunder also, dass Zé auch nach dem 1:3 gegen Wolfsburg glaubt: "Wir haben die Qualität, um mit zwei, drei anderen Mannschaften um den Titel zu spielen."

Dass sein Team das zweifellos vorhandene Potenzial - genau wie die Bayern - aber bisher nicht in Punkte umwandeln konnte, ist auch den Nachwirkungen der WM geschuldet. Piotr Trochowski, ausgestattet mit seltenen Fertigkeiten, kämpft bisher vergeblich um seinen Rhythmus und einen Platz im Team. Marcell Jansen, lange Zeit verletzt, fehlt noch die Dynamik in seinem Spiel, Joris Mathijsen lässt die nötigen letzten Prozente im Zweikampf vermissen, und auch Guy Demel ist noch weit von seiner Bestform entfernt. Dennis Aogo hingegen, der seine Schambeinentzündung bis Dienstag in Berlin mit einer Stoßwellentherapie behandeln lässt, kann derzeit nur davon träumen, auf dem Platz zu stehen, und nimmt Trainer Armin Veh Armin Veh Gestaltungsmöglichkeiten. Über die Form von Fünf-Millionen-Einkauf Gojko Kacar braucht nichts geschrieben zu werden, da sie nicht vorhanden ist.

Gesetzt im Stammteam müsste eigentlich auch Eljero Elia sein. Doch der Niederländer präsentiert sich derzeit nur als schlechte Kopie, was aber offenbar nicht nur an der WM-Teilnahme sowie dem daraus resultierenden verkürzten Urlaub und der fehlenden Vorbereitung liegt. Denn Veh fordert: "Eljero muss aufwachen, er ist der Spieler im Kader mit dem größten Talent, er hat Kraft, er ist schnell, er kann dribbeln."

Auch Zé Roberto, der wie Ruud van Nistelrooy häufig das Gespräch mit dem 23-Jährigen sucht, glaubt, dass Elia dem HSV noch viel mehr geben kann: "Ich sage immer zu ihm: Elli Bolt (nach Sprinter Usain Bolt, d. R.) kommt wieder zurück. Bei seinem Potenzial bin ich mir sicher, dass er in zwei, drei Jahren bei einem Topklub in Europa spielt. Was er noch braucht, ist Zeit."

Gut möglich, dass Elia (anders als der noch verletzte Paolo Guerrero) in Bremen die nächste Chance bekommt, auf seine Erfolgsspur zurückzukehren, auch wenn ihn Maxim Choupo-Moting gut vertrat. Der 21-jährige Deutsch-Kameruner zeigte im Wolfsburg-Spiel, dass eine WM-Teilnahme auch beflügeln kann: "Diese Erfahrungen auf hohem Niveau waren gut fürs Selbstvertrauen", sagte Choupo-Moting. Eben alles eine Frage der Perspektive.