Der derzeit erfolglose HSV-Angreifer zeigt sich selbstkritisch. Sein möglicher Nachfolger Artjoms Rudnevs wird in Polen hoch gehandelt.

Hamburg. Normalerweise ist Mladen Petric jemand, dessen Wort Gewicht hat. In der Kabine, auf dem Platz und auch den Medien gegenüber stellte er sich regelmäßig Fragen und gab Antworten. Anfang März hatte der HSV jedoch verkündet, dass der Vertrag des Angreifers nicht verlängert wird. Seither geizte der Kroate sowohl mit Toren als auch mit Worten. Leistung und Körpersprache auf dem Platz waren nicht so, wie es von einem erfahrenen Spieler in dieser bedrohlichen Situation zu erwarten ist, und auch die Medien konnten nur spekulieren, wie es in dem 31-Jährigen aussieht. Bis Dienstag. Der sichtlich gelöste Petric hatte offenbar einfach ein paar Wochen gebraucht, um das Geschehene zu verarbeiten. "Klar hat es in mir gebrodelt. Wenn ich lese und höre, ich hätte schon irgendwo unterschrieben und würde nicht mehr alles geben für den HSV, könnte ich ausrasten", sagt der nach der Guerrero-Sperre einzig verbliebene routinierte Stürmer im Team. Dieser Vorwurf habe an ihm genagt, doch mittlerweile habe er sich in den Griff bekommen. Das Wollen sei auch nie das Problem gewesen, nur die Umsetzung haperte - das sieht auch Petric ein. "Mir ist klar, dass ich keinen Lauf habe. Wir alle erwarten mehr von uns selbst, und ich erwarte auch mehr von mir. Eine solch extreme Phase erlebe ich zum ersten Mal in meiner Zeit beim HSV. Aber ich versuche alles, um da wieder herauszukommen."

Sein bislang letztes Tor erzielte Petric mit einem abgefälschten Freistoß am 18. Februar gegen Bremen, aus dem Spiel heraus beim 2:1-Sieg in Berlin im Januar. Herausragende Spiele hat der Torjäger a. D. in dieser Saison noch gar nicht vorzuweisen. Immerhin hat Petric bewiesen, dass er außerhalb des Platzes vorangeht. So war er es, der die schweigende Mannschaft beim 0:2-Halbzeitstand gegen den SC Freiburg in der Kabine noch einmal zusammenrief und sie wachrüttelte. Zwar mit bescheidendem Erfolg (Endstand 1:3), doch auch Trainer Thorsten Fink sieht die Bedeutung des 39-fachen Internationalen über die individuelle Leistung hinaus - als Leithammel für die jungen Spieler. Deshalb hält der Coach weiterhin an Petric fest und gibt ihm eine Einsatzgarantie für die richtungweisende Partie beim 1. FC Kaiserslautern am Sonnabend (15.30 Uhr).

Einerseits will der Trainer sehen, dass sich Spieler im Training aufdrängen, andererseits spricht er bereits Anfang der Woche offen von seiner Startelf - für Petric kein Widerspruch. "Es geht ja auch darum, im Kader zu stehen, da wird sich niemand hängen lassen." Vielmehr sei die richtige Einstellung gefragt, denn dem einen oder anderen sei bisher offenbar nicht bewusst gewesen, in welcher Situation sich der HSV befinde. "Es gab klare Worte. Die Stimmung ist jetzt so, wie sie sein muss vor einem solchen Spiel: fokussiert und spannungsgeladen."

Sieben Spiele hat der "Magier" noch, um seine magere Torbilanz (sechs Treffer, davon zwei Elfmeter) und damit den Tabellenplatz des HSV zu verbessern. Dann sind seine vier Jahre in Hamburg vorbei - und wer ihm gestern in die Augen geblickt hat, glaubt, dass ihm daran gelegen ist, sich positiv zu verabschieden. Sorgen um seine Zukunft mache sich Petric nicht, er wisse, wie es um sie steht. Unterschrieben habe er jedoch noch bei keinem Klub.

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Dafür steht Petrics Nachfolger bereits fest. Wie das Abendblatt berichtete , wird der Lette Artjoms Rudnevs vom derzeitigen Tabellenachten der polnischen Liga, Lech Posen, zum HSV stoßen - vorausgesetzt, der Bundesliga-Dino hält die Klasse. Scout Christofer Clemens soll Rudnevs beim Spiel zwischen Posen und Polonia gesichtet und für gut befunden haben. Da ist er nicht der Einzige: Auch der Pole Pawel Wojtala, ehemaliger Verteidiger beim HSV und aktueller Spielerberater, traut dem 24-Jährigen den Durchbruch zu. Er verfolgt die polnische Liga und kennt die Stärken und Schwächen des beidfüßig starken Stürmers ganz genau. "Er ist eine typische Nummer 9, der seine Stärken im Strafraum hat. Seine Technik ist gut, zudem ist er im Vergleich zu Petric beweglicher", analysiert Wojtala. In der polnischen Liga gebe es momentan keinen besseren Angreifer - dennoch fehle es Rudnevs trotz seiner 19 Tore in 22 Spielen noch an Konstanz. "Er hat zu Beginn der Serie getroffen wie er wollte, danach hatte er eine lange Durststrecke. Wenn Rudnevs ein Großer werden will, muss er seine Leistung regelmäßig abrufen."

Das sollte er, denn seinen Marktwert sieht transfermarkt.de bei stolzen 5,5 Millionen Euro. Auch wenn Rudnevs noch bis 2014 bei den Polen unter Vertrag steht, wird der HSV diese Summe wohl nicht bezahlen müssen. Für etwa drei Millionen sollte der Transfer über die Bühne gehen.