“Magier“ Petric ist der erfolgreichste HSV-Torjäger seit Uwe Seeler. Im Sommer muss der Kroate für den nächsten Umbruch Platz machen.

Hamburg. Ausgerechnet der Mann, der in den kommenden Wochen voranschreiten und Paolo Guerrero ersetzen soll, kam am Dienstag vor dem Nachmittagstraining als letzter HSV-Profi aus der Kabine. Während sich die Kollegen bereits seit Minuten auf dem nahe gelegenen Trainingsplatz warm machten, spazierte Mladen Petric gemütlich mit Trainer Thorsten Fink wie auf einem roten Teppich an den wartenden Fans vorbei, schrieb noch hier und da ein Autogramm und lächelte den Fotografen zu. Den Platz betrat er, wie sich das nun mal für einen echten Star gehört, exakt mit dem offiziellen Trainingsbeginn um Punkt 15 Uhr.

Dass Petric, Spitzname: der Magier, auf diesem Platz nur noch gut zwei Monate lang trainieren wird, steht seit Montagabend unwiderruflich fest . Mit dem nüchternden Satz "Der HSV und Mladen Petric gehen am Saisonende getrennte Wege", hatte der HSV ganz sachlich auf seiner Vereinshomepage bekannt gegeben, was die oft zitierten Spatzen ohnehin schon seit Wochen von den Dächern gepfiffen hatten. Sportchef Frank Arnesen sprach zwar noch mal davon, dass der Kroate "hervorragende Arbeit" für den HSV geleistet habe und immer "ein wichtiger Spieler" gewesen sei. Doch irgendwann kam dann das erwartete "aber": "Aber in der Zukunft werden wir uns anders orientieren, den Umbruch der Mannschaft vorantreiben. Dabei wollen wir verstärkt auf junge Spieler setzen und die Gehaltsstrukturen weiter verschlanken", sagte Arnesen, der nach Ruud van Nistelrooy, Zé Roberto, Frank Rost, Joris Mathijsen und Piotr Trochowski im Vorjahr mit Petric nun den letzten echten HSV-Star verabschiedet.

Die Entscheidung, den auslaufenden Vertrag Petrics im Sommer nicht zu verlängern, hatten Arnesen und HSV-Chef Carl Jarchow bereits vor längerer Zeit getroffen. Besonders Jarchows Anerkennung für den Torjäger, der mit 60 Toren in 127 HSV-Pflichtspielen erfolgreichster Stürmer seit Uwe Seeler ist, hielt sich spätestens seit Sommer, als Petric eine Vertragsverlängerung mit verbesserten Bezügen abgelehnt hatte, in Grenzen. "Ich mochte ihn ganz gerne. Aber er wollte in dem Alter noch mehr Geld. Das ist schwierig", sagte Seeler, der für die Vorstandsentscheidung Verständnis zeigte: "Wenn ich von meiner Leistung überzeugt bin, fordere ich keinen Drei-Jahres-Vertrag, sondern mache von Jahr zu Jahr einen neuen Vertrag. Hätte Mladen Ambitionen gehabt, beim HSV zu verlängern, hätte er längst unterschreiben können."

+++ Kommentar: Dieser Umbruch muss gelingen +++

Zuletzt galt Petric ohnehin immer öfter als Überbleibsel einer längst für ausgestorben erklärten Spezies von Stürmern, die im mutmaßlich modernen Fußball nichts mehr zu suchen haben. In seiner Schweizer Heimat sprach man vom "Schön-Wetter-Stürmer", der zwar ab und an das Tor trifft, ansonsten aber nur wenig für das Team tue. Der 31-Jährige hat den Ruf, ein begnadeter Fußballer, aber nicht der lauffreudigste Profi zu sein. "Das höre ich schon seit Jahren, aber dieser Eindruck von mir ist völlig falsch", konterte Petric mal in einem Abendblatt-Interview, "ich laufe mindestens genauso viel wie alle anderen. Das ist kein subjektives Gefühl von mir, sondern das Ergebnis der statistischen Auswertungen. Man muss auch mal mit Auge laufen, sonst verliert man zu viel Kraft."

Trainer Fink scheint keine Zweifel daran zu haben, dass Petric seine ganze Kraft bis zum Saisonende für den HSV gibt. "Mladen wird seine Leistung bringen. Schließlich geht es auch für ihn um viel, um einen neuen Vertrag bei einem anderen Verein", sagt Fink, der nach Guerreros Langzeitsperre (siehe Text unten) auf Petric als Sturmführer setzt, "vielleicht ist er nach der Vertragsentscheidung sogar befreiter."

Von der Zeit nach Petric hat Fink schon jetzt klare Vorstellungen. "Mit Maximilian Beister haben wir ja schon einen hoch talentierten Profi verpflichtet, der diese Rolle eins zu eins ausfüllen kann", sagt der Trainer, der Beister nicht nur als offensiven Flügelflitzer spielen lassen will. Tatsächlich war die Entscheidung gegen Petric nach Abendblatt-Informationen Hauptargument für den variablen Youngster, zum HSV zurückzukommen. "Fink setzt verstärkt auf junge Leute und gibt ihnen die Chance, sich zu zeigen. Das war für mich auch einer der Hauptgründe, zum HSV zu gehen und hier Erfolge feiern zu können", gab Beister, 21, im Gespräch mit dem Abendblatt offen zu, "der Umbruch beim HSV ist ein guter Moment für mich als junger Spieler."

Eine Frage kann seriös erst in der kommenden Saison beantwortet werden: Geht der zweite Umbruch innerhalb eines Jahres erfolgreicher vonstatten als der letzte Neuanfang im vergangenen Sommer? Neben Petric, 31, müssen mit Jaroslav Drobny, 32, und David Jarolim, 32, auch die letzten Hamburger "Dreißiger", deren Geburtsjahr vor 1982 liegt, den Verein im Sommer verlassen. "Natürlich braucht man auch erfahrene Spieler", sagt Trainer Fink, der aber einschränkt: "Es kann doch nicht darum gehen, ob jemand alt oder jung ist. Auch ein 21-Jähriger kann schon sehr erfahren sein."

Auf der Suche nach diesen erfahrenen Talenten führte Sportchef Arnesen bereits gestern in London erste Sondierungsgespräche mit Chelseas Präsident Bruce Buck und dem technischen Direktor Michael Emenalo. Der Däne will ausloten, ob der HSV tatsächlich eine realistische Chance hat, Chelseas Supertalent Romelu Lukaku auf Leihbasis als Petric-Nachfolger zu verpflichten. Wie das Abendblatt zudem erfuhr, soll Arnesen auch großes Interesse am tschechischen Abwehrtalent Tomas Kalas haben, den Chelsea bis zum Sommer an Vitesse Arnheim ausgeliehen hat. Den 18-Jährigen soll der Däne bereits im vergangenen Sommer auf dem Einkaufszettel gehabt haben.

Petric wird die Youngster jedenfalls nicht mehr kennenlernen. "Für mich geht es nun darum, gemeinsam mit meinen Kollegen die laufende Saison vernünftig zu Ende zu bringen." Erst danach beginnt eine neue Zeitrechung. Für Petric. Und für den HSV.