Der HSV-Trainer versprüht vor dem Trainingslager in Marbella Optimismus und überrascht mit ungewöhnlichen Trainingsmethoden.

Hamburg. Ein Trainingslager ist für Profifußballer in der Regel eine zwiespältige Angelegenheit. Auf der einen Seite erwarten die Spieler fast immer angenehmes Wetter, perfekte Plätze und Luxus pur auf der Anlage, auf der anderen Seite graut den meisten vor den kräftezehrenden Aufgaben. Doch den Ausführungen von HSV-Trainer Thorsten Fink zufolge müssen sich seine Schützlinge vor den kommenden acht Tagen im spanischen Marbella nicht fürchten. "Konditionell müssen wir höchstens bei dem einen oder anderen Spieler individuell nachrüsten, die Schwerpunkte liegen anderswo."

Um 11.15 Uhr landet der HSV-Tross heute in Malaga, danach wird im Guadalpin Banus Hotel eingecheckt, wo es den Akteuren an nichts fehlen wird. Die Fünf-Sterne-Anlage liegt direkt am Strand des Stadtteils Nueva Andalucia, bietet einen umfangreichen Spa-Bereich zur Erholung. Geschlafen wird in Doppelzimmern, es sei denn, kräftige Schnarcher tun sich hervor. Am Nachmittag hat der Coach den ersten leichten Aufgalopp angesetzt - bei etwa 17 Grad im Schatten und strahlendem Sonnenschein.

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Das Auftakttraining in Hamburg sah gestern noch ein wenig anders aus: Da versammelte sich bis auf die verletzten Marcus Berg und Romeo Castelen und die direkt nach Spanien reisenden Tomas Rincon und Paolo Guerrero das gesamte Team erstmals im neuen Jahr bei peitschendem Regen und tiefem Boden an der Imtech-Arena. "Ich hab mich selten so auf ein Trainingslager gefreut wie in diesem Winter", sagte Kapitän Heiko Westermann angesichts der hiesigen Bedingungen.

Marbella ist für Trainer Fink schon fast eine Art ständiges Winterdomizil. Mit dem FC Basel trainierte der 44-Jährige bereits zweimal im dort ansässigen Football Center, und auch als Spieler mit dem FC Bayern bereitete er sich im mondänen Urlaubsort mehrfach vor. "Vier große Plätze, mehrere Kleinfeld- und Fußball-Tennis-Felder, toller Rasen, gutes Wetter - kurzum optimale Bedingungen", freut sich Fink, dessen Optimismus auch im neuen Jahr ungebrochen scheint. Des harten Auftaktprogramms mit Dortmund, Hertha und den Bayern ist sich der Fußballlehrer durchaus bewusst und auch der damit verbundenen Gefahr, wieder in den Tabellenkeller zu rutschen. So weigert er sich auch noch, offiziell höhere Ziele auszugeben. Doch es wird recht deutlich, dass sich Fink mit dem bisher Erreichten nicht zufriedengibt. "Hochgerechnet auf unsere bisherigen Ergebnisse unter meiner Führung hätten wir am Ende 51 Punkte, und ich habe in meinen HSV-Spielen auch noch keinen Gegner gesehen, der eine Klasse besser war als wir. Felix Magath war mit dem VfL Wolfsburg nach der Hinrunde einst Elfter, am Ende wurde er Meister - alles ist möglich."

Zum deutschen Meister wird es für den HSV freilich nicht mehr langen in dieser Saison, aber Platz sieben, der unter Umständen für die Europa League reichen könnte, ist nur vier Punkte entfernt. "Wir werden auch Glück brauchen. Aber mit dem Bundesliga-Mittelfeld bin ich auf Dauer nicht zufrieden", stellt Fink klar.

Damit der HSV dort nicht allzu lange Zwischenstation macht, will Fink in Marbella am Feinschliff arbeiten: Standardsituationen, Einwürfe, Laufwege, Timing. Alles gut dosiert, maximal zwei Einheiten am Tag. Läufe noch vor dem Frühstück finden nicht statt. Stattdessen soll das "Teambuilding" nicht zu kurz kommen - solange es fußballspezifisch abläuft. "Ich bin kein Freund von Klettergärten", sagt Fink und liefert eine Idee, die auch bei der TV-Sendung "Schlag den Raab" für Furore sorgen könnte: Fußball-Biathlon. "Die Spieler laufen Runden und schießen auf Scheiben - entweder mit den Füßen oder mit Laserpistolen. Die Verlierer müssen den Gewinnern dann den Rest des Trainingslagers das Essen servieren." Zudem sind vier Testspiele geplant, die fast jedem Profi zwei Partien über 90 Minuten ermöglichen sollten, um sich für die Stammformation aufzudrängen. Vor allem im Mittelfeld herrscht großer Konkurrenzkampf: Rincon ist gesetzt, doch daneben dürfen sich Gojko Kacar, Per Skjebred als auch Robert Tesche Hoffnungen machen, beim Rückrundenauftakt gegen Dortmund in der Startelf zu stehen. "Ich muss mir ein Bild machen, wer zu wem am besten passt", erklärt Fink. David Jarolim sieht der Coach vom Spielertyp eher als Ersatz für Rincon, nicht neben ihm - was weiter dafür spricht, dass die Tage des Tschechen beim HSV gezählt sind. "Ich fahre auf jeden Fall mit, ob ich das Trainingslager auch wie geplant beende, wird man sehen", sagte Jarolim gestern. Ein Wechsel in der Winterpause ist also nach wie vor möglich.

Auch auf den Außenpositionen wird es also eng: Marcell Jansen, Gökhan Töre und Ivo Ilicevic beanspruchen nach den bisher gezeigten Leistungen allesamt einen Stammplatz, doch einer wird draußen sitzen müssen. Es sei denn, Fink würde von seinem bisherigen Wunschsystem mit zwei Stürmern und zwei defensiven Mittelfeldspielern abweichen. "Wir werden auch von der taktischen Grundordnung her einiges ausprobieren. So kann zum Beispiel ein Ilicevic auch mal in einer defensiveren Position zum Zuge kommen, damit wir insgesamt noch mehr offensive Qualität im Team haben", kündigte der Trainer gestern an. Noch keine Rolle im Kampf um einen Stammplatz wird Dennis Bergmann, 18, spielen, der das erste Mal mit den Profis trainieren darf. Der A-Jugendliche soll in erster Linie die Mannschaft kennenlernen und profitiert als Rechtsverteidiger davon, dass der HSV mit Dennis Diekmeier nur einen gelernten Spieler auf dieser Position im Kader hat.