Neue Personalsorgen plagen HSV-Trainer Labbadia. Zudem sorgt neuer Ärger um Stürmer Mladen Petric für Gesprächsstoff.

Hamburg. Enttäuschendes Ergebnis, geschrumpftes Personal: Das 0:0 gegen den FC Fulham im Halbfinal-Hinspiel der Europa League macht beim Hamburger SV nur wenig Hoffnung auf ein Happy End der schwachen Rückrunde. Vor dem Auswärtsspiel in der Bundesliga bei 1899 Hoffenheim (15.30 Uhr, Liveticker auf abendblatt.de) muss Trainer Bruno Labbadia nun auch noch neue Verletzungssorgen verkraften. Gleich vier Spieler fallen am Sonntag aus: Zé Roberto muss aufgrund von Wadenproblemen passen. Stürmer Ruud van Nistelrooy plagt sich mit Problemen im Hüftbeuger. Guy Demel und Tunay Torun leiden an Knieschmerzen. Der Einsatz am kommenden Donnerstag im Rückspiel gegen Fulham ist bei allen vier Akteuren nicht in Gefahr.

Es entbehrt nicht einer gewissen Komik, dass die zuletzt nicht vom Erfolg verwöhnten Hoffenheimer Spieler vor dem Bundesliga-Heimspiel gegen den HSV als teambildende Maßnahme ins Kino gehen. Gegeben wird "Invictus - Unbezwungen". Der umstrittene Trainer Ralf Rangnick gibt vorher ein Barbecue aus.

Welch ein Kontrapunkt zum HSV. Dort hatte eine kleine Gruppe um Frank Rost am Tag vor dem Mainz-Spiel den Film "Kampf der Titanen" besucht. Ein martialischer Titel, der auch viel besser passt, schließlich hatte Rost nach dem Rüffel von Trainer Bruno Labbadia seinen Rücktritt aus dem Mannschaftsrat erklärt.

Nachdem der HSV also den Beweis angetreten hatte, in diesen Zeiten noch nicht einmal unfallfrei ins Kino gehen zu können, währte die Hoffnung, dass die HSV-Akteure zumindest bis zum Ablauf der Saison keine neue Episode aus dem Streifen "Bruno gegen den Rest der Welt" hinzufügen würden, nur kurz.

Labbadia nutzte nach dem Fulham-Spiel die Frage bei Sat.1, ob die überraschend schnelle Rückkehr des verletzten Angreifers Mladen Petric eine Art Wunderheilung gewesen sei, um ein eigentlich schon abgeschlossenes Thema neu zu beleben: "Es war sehr unglücklich, wie die Schlagzeilen nach seiner Verletzung waren, zu denen er auch ein Stück beigetragen hat." Eine direkte Kritik, die der Trainer am Freitag erneuerte: "Es war nicht okay, wie es gelaufen ist, daraus müssen wir lernen. Wir können nicht für alles verantwortlich sein." Nach seiner Adduktorenverletzung hatte sich Petric öffentlich beklagt, er hätte besser nicht trainiert. Heftige Diskussionen, auch um die medizinische Abteilung des Vereins, waren die Folge gewesen.

"Ich war sehr überrascht, habe den einen oder anderen Anruf bekommen", reagierte Petric irritiert und gereizt. "Ich will mich dazu nicht äußern, bin es auch langsam leid, darüber zu sprechen. Ich verstehe auch nicht, wieso man jetzt wieder ein Fass aufmacht. Man könnte sich darüber freuen, dass es doch nicht so schlimm ist wie zuerst angenommen." Sein Nachsatz hatte es in sich: "Aber egal. In drei Wochen ist endlich Ruhe. Das kann man so oder so interpretieren."

Sätze, die den allgemeinen Eindruck erhärten, beim HSV handele es sich in dieser Saison um eine Art Chronik eines angekündigten inneren Zerfalls. Wer am Tag nach dem 0:0 im ersten Halbfinale gegen den FC Fulham vor der Arena in die Gesichter der Spieler sah, hätte leicht den Eindruck gewinnen können, dass die Partie in der Europa League mit 0:3 verloren gegangen war. Wo ist das bloß das Strahlen eines Zé Roberto aus der Hinrunde geblieben? Wohin ist die (Vor-)Freude auf erreichbare Ziele verschwunden?

Erschwerend kommt hinzu, dass offenbar noch nicht alle beim HSV verstanden haben, dass die gravierenden Probleme des Klubs hausgemacht sind. So schrieb Bastian Reinhardt in seiner Kolumne auf der HSV-Homepage nach Rosts Rücktritt aus dem Mannschaftsrat den Medien eine aktive Rolle zu: "Ich kann die Journalisten irgendwie verstehen. Was willst du denn aus dem Grottenkick rausholen?" Dabei hatte Rost selbst seinen Rücktritt via Internet erklärt. Selbstkritik, statt Schuld auf andere zu schieben, wäre der erste Schritt zur Besserung.

Irgendwie bezeichnend für die Stimmung, in der jeder an sich selbst denkt, ist die lange Liste angeschlagener Spieler vor dem Hoffenheim-Spiel. Während Zé Roberto, Ruud van Nistelrooy, Guy Demel und Tunay Torun ausfallen, zog sich Eljero Elia gleich beim ersten ernsthaften Lauftraining eine Oberschenkel-Verhärtung zu. Ob Petric in der Startformation stehen kann, ist ebenfalls offen. Nach einer 45-minütigen Laufeinheit kündigte er an: "Ich weiß noch nicht, ob ich spielen kann."

Labbadia muss - wie auch immer - den fast unmöglichen Spagat hinbekommen, die körperlich stark belasteten Spieler zwischen den für den Klub so wichtigen Europacupspielen für die Partie in Hoffenheim neu zu motivieren, dabei aber aus einer Position der Schwäche handeln. Wer fast täglich Gerüchte über seine Nachfolger (Löw, Houllier) kommentieren muss, leidet an schleichendem Autoritätsverlust, unter den Respektlosigkeiten und verliert so wichtige Kraft.

Vielleicht ist ja im Kino der Hoffenheimer noch Platz. Bei Invictus, dem Film von Clint Eastwood, geht es darum, wie Sport die Welt verändern und Menschen vereinen kann.