Statt kalkulierten 500 000 Euro spart der Verein sogar zwei Millionen Euro - dafür soll in der Winterpause ein Stürmer ausgeliehen werden.

Hamburg. Den ersten offiziellen Urlaubstag verbrachte Bruno Labbadia fast ausschließlich auf der Geschäftsstelle an der Nordbank-Arena. Der HSV-Trainer hatte sich mit HSV-Boss Bernd Hoffmann verabredet, sprach mit Nachwuchsleiter Stephan Hildebrandt und traf sich mit mehreren Mitarbeitern der Scoutingabteilung. Hauptgesprächsthema in allen Meetings war die Suche nach einem neuen Stürmer, die sich aufgrund finanzieller Engpässe immer mehr zu einer Herkulesaufgabe entwickelt. "Wir haben im Sommer hohe und gute Investitionen getätigt, wodurch der finanzielle Spielraum nun sehr eingeschränkt ist", erklärt Labbadia, der trotz leerer Kassen wegen der andauernden Personalnot im Winter auf dem Transfermarkt tätig werden will.

Tatsächlich stehen dem HSV aufgrund der zahlreichen Verletzten und der beiden Teilnehmer am Afrika Cup (Guy Demel und Jonathan Pitroipa) zum Rückrundenstart gegen den SC Freiburg gerade mal 14 Feldspieler zur Verfügung - vorausgesetzt kein weiterer Profi verletzt sich im Wintertrainingslager in der Türkei. Und so paradox es klingen mag: Ausgerechnet wegen der zahlreichen Dauerverletzten könnte nun doch ein finanzieller Spielraum zumindest für ein Leihgeschäft zur Verfügung stehen. Die Erklärung: Wie jeder Arbeitgeber in Deutschland muss auch der HSV seinen Profis bei Arbeitsunfähigkeit das volle Grundgehalt nur sechs Wochen lang nach einer Verletzung weiter zahlen, anschließend übernimmt die Verwaltungsberufsgenossenschaft (VBG) die Zahlungen. Da jeder Klub mit langfristigen Ausfällen rechnen muss, hat auch der HSV im laufenden Etat einkalkuliert, 500 000 Euro Gehälter in der Hinrunde einzusparen. Nach dem wohl einmaligen Verletzungspech dieser Saison hat sich dieser Betrag nun aber auf zwei Millionen Euro vervierfacht. Besonders die langfristigen Ausfälle der gut verdienenden Profis Paolo Guerrero (16 Wochen), Alex Silva (25 Wochen), Collin Benjamin (16 Wochen), Romeo Castelen (elf Wochen), Bastian Reinhardt (23 Wochen), Mladen Petric (sieben Wochen) und Zé Roberto (sieben Wochen) sorgten für die außerplanmäßigen Ersparnisse. Ebenfalls von der VBG bezahlt wird der seit Saisonbeginn am Kreuzband verletzte Miroslav Stepanek.

Während der Klub sich über das Glück im Unglück, Gehalt zu sparen, freuen darf, sind die verletzten Spieler im Normalfall doppelt gestraft. Die VBG zahlt zwar - maximal 78 Wochen lang - 80 Prozent des letzten Bruttoverdienstes, bestenfalls aber nur den Höchstsatz von 5786,77 Euro pro Monat. Was nach einem überdurchschnittlichen Gehalt für Normalbürger klingt, ist für Fußballprofis lediglich ein Bruchteil dessen, was sie durch Spiel- und Punktprämien verdienen könnten. Während beispielsweise Guerreros Berater Rodger Linse für seinen langzeitverletzten Mandanten einen Verein sucht, der ab der neuen Saison rund vier Millionen Euro pro Jahr zahlt, darf der am Knie verletzte Stürmer lediglich mit knapp 35 000 Euro Lohnfortzahlung bis zum Saisonende rechnen, sollte er nicht früher wieder ins Mannschaftstraining einsteigen.

So sehr sich Labbadia und Hoffmann über die eingesparten Gehälter freuen mögen, so wenig hoffen die beiden auf eine Fortsetzung des nicht einkalkulierten Geldregens. Schließlich hat Labbadia noch unlängst betont, dass ein Klub wie der HSV "unter die ersten drei in der Tabelle" gehöre. Und eine derartige Platzierung wird seine Mannschaft nicht durch gesparte Gehälter, sondern nur durch einen möglichst vollzähligen Kader erreichen können. Ob aber tatsächlich ein neuer Stürmer zu Labbadias Mannschaft stößt, wird sich in den kommenden Wochen zeigen. Alle Gespräche sind jedenfalls geführt, Labbadias Wunschzettel ist bekannt. Der Weihnachtsurlaub kann endlich beginnen.

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