Mehrere Aufsichtsräte des Hamburger SV wollen einen zusätzlichen Manager. Es sei denn, Urs Siegenthaler geht doch in den Vorstand.

Hamburg. Der Parkplatz vor der HSV-Arena von Horst Becker blieb am gestrigen Montag leer. Der Aufsichtsratschef hatte nach dem verlorenen Halbfinalrückspiel gegen Fulham das einzig Richtige gemacht und hatte dem verregneten Europa zugunsten des sonnigen Florida den Rücken gekehrt. Erst am Donnerstag will er zurückreisen und dürfte noch vor der Aufsichtsratssitzung am Montag seinen Parkplatz vor der Geschäftsstelle wieder in Anspruch nehmen. Der Aufsichtsratschef will sich bei den HSV-Vorständen Bernd Hoffmann und Katja Kraus über den Stand der Trainersuche informieren. Auf der Tagesordnung steht jedoch ein noch brisanteres Thema.

Urs Siegenthaler überlegt, nun doch einen Vorstandssitz zu übernehmen

So wollen nach Abendblatt-Informationen mehrere Aufsichtsräte am Montag diskutieren, ob neben einem Trainer nicht auch ein neuer Sportchef gesucht werden sollte - mal wieder. Denn eigentlich hatte man nach acht Monate langer Suche nach einem Nachfolger Dietmar Beiersdorfers mit der Verpflichtung Urs Siegenthalers Mitte Februar die Schweizer Lösung gefunden. Doch nachdem zuletzt die Kritik an Vereinschef Hoffmann lauter wurde, Siegenthaler aber zumindest vorerst keinen Posten im Vorstand übernehmen wollte, sollte nun also ein neuer Sportchef gefunden werden.

Das Problem: Siegenthaler gilt zwar als international anerkannter Experte in Sachen Scouting, Nachwuchsarbeit und Kaderplanung. Allerdings sah er seine eigene Rolle eher im Hintergrund. Bis jetzt. Gestern allerdings bot der Schweizer mehreren Aufsichtsräten nach Abendblatt-Informationen an, nun doch den vakanten Vorstandssitz zu übernehmen. Der Hintergrund: Mehrere Räte wünschen sich einen auch öffentlich starken Sportchef, der auch als Mittler zwischen Team und Trainer auftreten kann. Gerade in der Krise der Rückrunde wurde ein solcher Mittler schmerzlich vermisst.

Zudem wird in Teilen des Kontrollgremiums moniert, dass sich Bernd Hoffmann durch die Vakanz der Sportchef-Position zu allem und jedem öffentlich äußern musste - zur Entlassung Labbadias genauso wie zu einer Abseitsstellung Tunay Toruns. Aufsichtsrat Alexander Otto sieht daher eine entsprechende Struktur-Diskussion auch im Sinne Hoffmanns. "Ich halte es für falsch, dass sich die Kritik auf die Person Bernd Hoffmann zentriert. Der Vorstand hat in den vergangenen Jahren eine exzellente Arbeit geleistet. Im Aufsichtsrat werden wir dennoch ausführlich über die Vorstandsarbeit und die personelle Konstellation im sportlichen Bereich diskutieren", sagte Otto dem Abendblatt, "dabei wird Siegenthaler eine wichtige Rolle spielen."

Stört man Becker bei seinem Urlaub in Florida und fragt nach, betont dieser, dass am Montag noch keine Entscheidung getroffen wird. "Wer werden definitiv keine kurzfristige Lösung suchen." Tatsächlich dürfte es für den zwölfköpfigen Aufsichtsrat eine echte Herkulesaufgabe werden, einen neuen Sportchef zu finden, der zum einen zu Hoffmann, zum anderen zu Siegenthaler und auch noch zum Trainer, den es noch gar nicht gibt, passt. Innerhalb von drei Wochen will der HSV zumindest die Trainerposition neu besetzen.

Der neue Sportchef müsste mit Katja Kraus Kompetenzen absprechen

Etwas länger könnte dagegen eine Suche nach dem neuen Sportchef dauern. So hat bereits die erste Suche acht Monate gedauert. Was die Sache erschweren würde: Der neue Manager wäre mit einem Sitz im Vorstand zwar formell Vorgesetzter vom eigentlichen Sportchef Siegenthaler, müsste sich aber damit abfinden, dass der Schweizer neben den Bereichen Scouting und Nachwuchs auch für die Philosophie des Vereins zuständig sein soll. "Wir müssen dringend eine Strukturdiskussion führen", hatte Supporterschef Ralf Bednarek seit Wochen gefordert und scheint nun erhört worden zu sein. Doch auch mit Kraus, die seit einigen Monaten Vorstand Sport auf ihrer Visitenkarte stehen hat, müsste sich ein neuer Sportchef über die Kompetenzen einig werden. So hatte es Überlegungen gegeben, Kraus auch offiziell zur Managerin zu befördern. Ein Modell, das nach einigen Gesprächen vor Monaten wieder verworfen wurde. Die Notwendigkeit, deswegen gleich zwei neue Parkplätze vor der HSV-Arena zu schaffen, sieht Klubboss Hoffmann - und seit gestern auch Urs Siegenthaler - nicht.