Ngozi Eucharia Uche, Trainerin des nächsten DFB-Gegners, bekämpft Homosexualität in ihrem Team: “Toleriere solche dreckige Praktiken nicht“.

Hamburg. Selbst beim Binden der Schnürsenkel duldet sie keine Fehler. Eine von Ngozi Eucharia Uches Spielerinnen brauchte im Trainingslager in Österreich kürzlich etwas länger, bis sie die Fußballschuhe anhatte. Für die Nationaltrainerin Nigerias Grund genug, sie vor dem gesamten Team anzubrüllen. Die 38-Jährige ist wohl die härteste Trainerin der Weltmeisterschaft - und auch wegen ihrer Aussagen zu homosexuellen Fußballspielerinnen die umstrittenste.

Morgen (20.45 Uhr, ARD) trifft sie mit ihrer Mannschaft im zweiten Vorrundenspiel in Frankfurt am Main auf Gastgeber Deutschland. Sollte es für Nigeria wieder so schlecht laufen wie beim 0:1 gegen Frankreich in der ersten Partie, wird Uche wohl erneut mit verschränkten Armen an der Seitenlinie stehen; für ihre Blicke bei Fehlpässen bräuchte sie einen Waffenschein - die Mimik von Felix Magath bei Gegentoren ist dagegen gute Laune pur.

Uche erzielte als Spielerin 1991 das erste Tor für Nigerias Nationalmannschaft und als erste Spielerin einen Hattrick. Nun ist sie die erste Nationaltrainerin ihres Landes, zuvor waren immer Männer für die Auswahl zuständig. "Ich kann alles, was männliche Trainer können", sagt sie. Ein Jahr nach ihrem Amtsantritt gewann Nigeria 2010 zum achten Mal die Afrikameisterschaft.

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Bei dem Testspiel gegen die Slowakei (2:2) vor zehn Tagen machte sie deutlich, wie überzeugt sie von sich ist. In Rapperpose schlenderte sie vom Mannschaftsbus in die Kabine. Das Spiel wurde auf dem Gelände des USC Eugendorf ausgetragen, der Dorfklub war enorm stolz, Mitglieder begrüßten Uche strahlend. Sie blickte beim Handschlag schweigend an ihnen vorbei. "Wir werden niemals ein Underdog sein. Wir können bei der WM jeden besiegen und wollen unseren Kontinent gut repräsentieren", so die ehemalige Nationalspielerin nach dem Abpfiff. Gut gelungen ist ihr dies bislang nicht. In einem Interview mit der "New York Times" sagte sie jüngst: "Homosexualität ist eine dreckige Sache, spirituell und moralisch sehr falsch." In der Vergangenheit hatte sie sich mehrmals kritisch über Lesben geäußert. Als sie über die Homosexualität einiger ihrer Spielerinnen informiert wurde, sei dies "eine beunruhigende Erfahrung" gewesen. Einige hätten sich früher sogar Zimmer in der Nähe des Mannschaftsquartiers gemietet und dort Orgien gefeiert. "Die Lesben in unserer Mannschaft waren wirklich ein großes Problem. Aber seit ich Trainerin bin, hat sich das erledigt. Zum Glück haben einige aus unserer Mannschaft früher mit mir zusammen gespielt. Sie wissen, was bei mir geht und was nicht. Sie wissen, dass ich solche dreckigen Praktiken nicht tolerieren kann. Lesbisch-Sein existiert in unserem Lager nicht, niemand diskutiert das."

Der Fußballverband Nigerias hat seit Jahren eine äußerst drastische und für viele erschreckende Einstellung zur Homosexualität. Der ehemalige Mitarbeiter James Peters gab offen zu, dass er Spielerinnen aussortiert hatte, "weil sie lesbisch waren". Als er technischer Assistent war, sei den lesbischen Athletinnen nicht erlaubt worden, in einem Zimmer zu übernachten. "Wir brauchten unsere Zeit, sie zu identifizieren und sie mit Einschränkungen schachmatt zu setzen." Er habe während der WM 2007 in China die Lesben in der Mannschaft "entdeckt".

Wie kommen er und Uche zu solchen Aussagen? In Nigeria ist Homosexualität strafbar, Antidiskriminierungsgesetze gibt es nicht. Vor sechs Jahren wurde ein Mann wegen homosexuellen Geschlechtsverkehrs zum Tode verurteilt, später aber freigesprochen. Die Bevölkerung ist sehr gläubig, viele haben ein radikales Weltbild.

Uche offenbar auch - obwohl die Mutter zweier Kinder Betriebswirtschaftslehre studiert und Trainerlehrgänge in Kalifornien und England absolviert hat. Sie will die Spielerinnen mit christlichem Glauben zu Heterosexuellen machen, Gebete sollen ihnen helfen. "Viele von ihnen haben in Unwissenheit gelebt. Wir haben nun viele Spielerinnen, die nach Worten von Gott dürsten. Dadurch sind sie viel konzentrierter und wissen, dass der Fußball ihnen Ruhm, Glück und Spaß bringen kann. Homosexualität zerstört all diese Hoffnungen", sagt Uche. Auch mit Voodoo soll sie es versucht haben. Mit welchen Mitteln auch immer - ihrer Meinung nach hatte sie Erfolg: "Lesbische Spielerinnen sind in Nigeria ein Bild aus der Vergangenheit. Die Spielerinnen haben zu Gott gefunden."

Die Fifa hat bislang nicht auf Uches Aussagen reagiert - obwohl jegliche Art der Diskriminierung laut Satzung verboten ist. Nigerias Verband unterbindet inzwischen Fragen zu diesem Thema.

Uche versucht, den Fokus auf den Sport zu lenken. Dort läuft es für ihre Mannschaft schon länger nicht gut, im November blamierte sich Nigeria gegen Deutschland - das Testspiel endete 0:8. "Deutschland ist enorm konditionsstark", sagt Uche. Sie setzt auf Zusammenhalt. Und überrascht mit folgender Einschätzung: "Unsere Spielerinnen sehen sich als Einheit. Es ist, als wären wir eine Familie. Unter solchen Umständen können wir einfach nicht scheitern." Sollte es doch passieren, wäre Uche wohl ihren Job los, zumal sie die Qualifikation für die Afrikameisterschaft verpasste. Nigerias lesbische Fußballspielerinnen würden ihr kaum nachtrauern.