Während Konkurrenten wie Italien, England und die Niederlande vor großen Umbrüchen stehen, hat Joachim Löw für Brasilien schon eine Basis gelegt.

Kiew. Sollte Joachim Löw nach dem bitteren EM-Aus noch immer etwas Trost suchen müssen, braucht er bloß auf seine Kaderliste mit allen Spielernamen und Geburtsdaten zu schauen. Mario Götze 20 Jahre, Mesut Özil 24 oder Marco Reus 23 stehen darauf. Allein die Altersstruktur seiner nach wie vor mit viel Talent gesegneten Auswahl gibt der deutschen Nationalelf eine hoffnungsvolle Perspektive für die WM 2014 in Brasilien.

"Die Mannschaft ist jung und entwicklungsfähig. Ich sehe keinen Grund für einen großen Einschnitt“, sagte der Bundestrainer gleich nach der Niederlage gegen Italien. Genau das unterscheidet die Deutschen von vielen ihrer ewigen Rivalen. Frankreich und die Niederlande müssen für das nächste große Turnier erst einmal einen neuen Trainer suchen. England, Italien und auch in diesem Fall die Holländer brauchen dringend ein paar junge, hungrige Spieler.

Zahlreiche große Fußball-Nationen stecken also gerade am Anfang oder inmitten eines großen Umbruchs. Und das der auch alles andere als geräuschlos verlaufen kann, zeigt ausgerechnet das Beispiel des WM-Gastgebers und vermeintlichen Favoriten Brasilien.

"Die Brasilianer sind bei einer WM immer favorisiert, erst recht, wenn sie im eigenen Land spielen“, sagte Alejandro Sabella, der neue Trainer der Argentinier, die 2014 auch wieder zum Kreis der deutschen Konkurrenten zählen werden. Allerdings liefert der Neuaufbau seines brasilianischen Kollegen Mano Menezes noch längst nicht die von allen erwarteten Ergebnisse. Der neue Coach baute viele junge Spieler wie Neymar oder Ganso ein, verlor aber gerade mal wieder nacheinander gegen Mexiko und Argentinien. „Unsere Auswahl ist genauso wie unsere Stadien: Eine große Unsicherheit und erst zu 30 Prozent fertig“, sagte Brasiliens früherer Nationaltrainer Emerson Leao.

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Solche Erfahrungen drohen nach dem Ende der EM auch anderen Teams. Die Niederländer stehen nach ihrem peinlichen Aus ohne Trainer und mit einer völlig zerstrittenen Spielergeneration da. Englands Trainer Roy Hodgson kündigte für das erste Testspiel nach der EM schon einmal „eine gewisse Revolution“ sprich den Einsatz zahlreicher neuer und junger Gesichter an. Sein Problem ist nur, dass ihm der globale Unterhaltungsbetrieb Premier League mit seinen ausländischen Stars und Einflüssen nur wenige solcher Talente anbietet, die auch für England spielen könnten.

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Selbst Spanien und Italien werden unabhängig vom Ausgang des EM-Finals nicht noch einmal mit der gleichen Besetzung nach Brasilien reisen können. Bei den Italienern sind Schlüsselspieler wie Andrea Pirlo oder Gigi Buffon in die Jahre gekommen, was allein deshalb kaum zu kompensieren ist, weil die heimische Liga bei der Nachwuchsarbeit ähnlich nachlässig ist wie die englische. Die Spanier können sich immerhin darauf verlassen, Größen wie Xavi (32) oder Xabi Alonso (30) bald durch das nächste Riesentalent (etwa Thiago Alcantara) aus der Schule des FC Barcelona ersetzen zu können.

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Die deutschen Voraussetzungen sind in diesem Quervergleich also sehr gut. Wobei allein der Blick auf eine Kaderliste mit Namen und Geburtsdaten manchmal auch sehr trügerisch sein kann. Die Franzosen reisten zu dieser Europameisterschaft mit lauter Spielern wie Samir Nasri, Hatem Ben Arfa oder Karim Benzema an, die 2004 zusammen die U17-EM gewonnen hatten. Diese Generation schien wie ein Versprechen auf eine erfolgreiche Zukunft gewesen zu sein. Nach dem Turnier aber steht die Hälfte von ihnen im Nationalteam vor dem Rauswurf.