Portugals Hoffnungen im heutigen Viertelfinale ruhen auch auf Vorbereiter Nani. Vergleiche mit Ronaldo hasst der Offensivspieler jedoch.

Opalenitza. Als Nani klein war, wollte er werden wie Luís Figo. Von morgens bis abends hatte er nur Fußball im Sinn, was wohl ein Segen war, denn er kommt aus einem harten Viertel. Im "Getto", wie die Lissaboner seine Brettersiedlung im Vorort Amadora nannten, gedieh, was in solchen Gegenden eben gedeiht, und wuchsen Kinder auf, die Biografien haben wie die seine. Eingewandert von den Kapverden, Eltern früh weg, kein Geld, an sich auch keine Hoffnung. Bis auf die, irgendwann zu werden wie Figo.

Seit Nani groß ist, fällt jedoch selten der Name Figo. Dafür immer der eines anderen, vielleicht noch berühmteren portugiesischen Fußballers. Bei oberflächlicher Betrachtung ist Nani so etwas wie ein zweiter Cristiano Ronaldo. Schwere Kindheit, Flügelstürmer, schnell, trickreich, Jugendakademie von Sporting, danach zu Manchester United - es gibt da in der Tat frappierende Parallelen. Es gibt aber auch einen großen Unterschied. Ronaldo schießt lieber. Und Nani passt lieber.

Beim letzten Gruppenspiel gegen Holland, das die Portugiesen für das heutige Viertelfinale (20.45 Uhr/ZDF, Liveticker auf Abendblatt.de) gegen Tschechien qualifizierte, war das exemplarisch zu begutachten. Da hatte Nani in der zweiten Halbzeit erst eine kaum fehlbare Chance zum Siegtor, aber er brachte den Ball aus drei Metern nicht am Torwart vorbei. Ein paar Minuten später spielte er, die ungleich schwerere Übung, bei vollem Tempo einen Diagonalpass an der Verteidigung vorbei in den Lauf von Ronaldo. Der verwandelte.

Es ist also klar, in welche Richtung die Zusammenarbeit der beiden besser funktioniert. Und wer was besser kann. Wichtig für das Spiel der Elf von Paulo Bento sind sie in etwa gleichem Maße. Ohne Ronaldo fehlen der "Selecção" die Stürmertore, ohne Nani fehlt ihr die Kreativität. Da Portugal seit dem Abgang Decos ohne echten Regisseur agiert, ist Nani der Mann für den finalen Pass. Und wenn Portugal bei den Wettbüros mittlerweile auf Rang drei nach Spanien und Deutschland gehandelt wird, hat das zum einen mit der günstigen Viertelfinalkonstellation zu tun. Zum Zweiten mit dem Glauben an den famosen Ronaldo des Holland-Spiels. Und zum Dritten mit Nani. "Es kann die EM Portugals werden", sagte der Ex-Nationalspieler und Noch-Kölner Petit dieser Tage in Polen. Seinen Optimismus begründete er mit der Beobachtung: "Nani ist in monströser Form."

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Die Allianz mit Ronaldo bleibt wohl der Schlüssel, außerhalb des Platzes gilt das Verhältnis jedoch als äußerst bescheiden. Beim Training im EM-Quartier von Opalenitza wurden die beiden noch nie im Gespräch gesehen, in der Kabine soll es nicht anders sein. Ronaldo umgibt sich bevorzugt mit seinen Madrider Klubkollegen Pepe und Fábio Coentrão, viele andere halten es eher mit Nani. Der ist im Übrigen auch nicht frei von Diventum.

Sein Verhältnis zu Ex-Nationaltrainer Carlos Queiroz zum Beispiel wäre mit unterkühlt noch höflich umschrieben. Als er die WM 2010 - zum Leid einer biederen portugiesischen Elf - verletzt sausen lassen musste, kam sogar der Verdacht auf, seine Blessur sei in stillschweigendem Einvernehmen aufgebauscht worden. Kurios war sie allemal: Nani verdrehte sich die Schulter, als er für ein Showtraining zu seinem ersten Klub Real Massamá zurückkehrte und dabei einen Fallrückzieher probierte. Er hatte dort unbedingt etwas Besonderes zeigen wollen. Nani, der von einer Tante großgezogen wurde, weil der Vater über Nacht auf die Kapverden zurückkehrte und die Mutter nach Holland emigrierte, der kilometerweit zum Training lief, weil man sich die Bahn nicht leisten konnte, ist seinem Jugendverein bis heute dankbar.

Mit der Verbundenheit zu seinem aktuellen Verein hält es sich momentan dagegen in engen Grenzen. Nani soll nicht goutieren, dass ihm Manchester United kein Angebot über eine Vertragsverlängerung über 2014 hinaus vorlegt und Gerüchte unkommentiert lässt, die ihn als Verkaufsmasse zur Finanzierung anderer Transfers einstufen. Aber vielleicht wäre ein Wechsel für ihn auch gar nicht so schlecht. Er würde die nervigen Ronaldo-Vergleiche vielleicht etwas seltener machen.

"Seit ich bei United bin, ist es dasselbe", klagte er diese Saison. "Es geht alles um Ronaldo. Du musst er sein! Spielst du genauso? Wirst du dasselbe schaffen?" Er sagt, er habe sich daran gewöhnt. "Es verändert nichts an mir". Denn Luís Carlos Almeida da Cunha, genannt Nani, will nicht sein wie Ronaldo. Er will sein wie Figo. Ein Vorbereiter.

Tschechien: 1 Cech - 2 Gebre Selassie, 6 Sivok, 3 Kadlec, 8 Limbersky - 17 Hübschman, 13 Plasil - 19 Jiracek, 18 Kolar, 14 Pilar - 15 Baros.

Portugal: 12 Patrício - 21 Pereira , 2 Alves, 3 Pepe, 5 Coentrão - 16 Meireles, 4 Veloso, 8 Moutinho - 7 Ronaldo, 23 Postiga, 17 Nani.

Schiedsrichter: Webb (England).