Sportchef: Durch die Teilnahme einiger Spieler hat sich das Team international einen Namen gemacht.

Abendblatt:

Haben Sie bei der EM neue Erkenntnisse gewonnen?

Dietmar Beiersdorfer:

Es gab interessante Spiele. Beispielsweise Tschechien gegen die Türkei. Da konnte man gut erkennen, wie schnell eine Mannschaft aus dem Gleichgewicht geraten kann.



Abendblatt:

Gibt es für Sie auch grundlegende neue Entwicklungen oder Auffälligkeiten?

Beiersdorfer:

Wenig. Es wurde nicht zu viel taktiert, sondern mehr mit offenem Visier gespielt. Dennoch wird oft zu viel in ein Turnier hineininterpretiert.



Abendblatt:

Wie interpretieren Sie das frühe Ausscheiden Ihrer Spieler?

Beiersdorfer:

Die eigene Saisonvorbereitung wird durch längere Pausen für unsere Spieler sicher nicht verschlechtert. Zumal wir dieses Jahr keine Qualifikation spielen müssen. Andererseits begleite ich die eigenen Spieler auch mit Herz, weil ich weiß, wie ihnen jetzt zumute ist. Aber grundsätzlich war deutlich zu erkennen, dass alle mit einem hohen Grad an Identifikation für ihr jeweiliges Land aufgetreten sind und es keinen Unterschied zu ihrem Auftreten bei uns gab. Sie haben sich hervorgetan. Auf und außerhalb des Platzes. Ich kann mit Stolz sagen, dass wir Typen in der Mannschaft haben.



Abendblatt:

Wer von den sechs HSV-Teilnehmern bei der EM hat Ihnen besonders imponiert?

Beiersdorfer:

Das ist schwer. Aber wenn man sieht, wie sich Nigel de Jong aus der Außenseiterrolle im Vorfeld des Turniers in die Stammelf gespielt und dazu beigetragen hat, mit einem leicht veränderten System fast unentbehrlich für die gute Balance des Teams zu sein, muss man ihn sicher nennen.



Abendblatt:

Wer ist Ihnen ansonsten besonders positiv aufgefallen?

Beiersdorfer:

Philipp Lahm. Es ist ein Genuss, ihn spielen zu sehen. Er macht fast nie Fehler, löst seine Aufgaben immer sehr elegant, souverän und höchst effektiv. Und als Mannschaft die Russen, die mit ihrem schnellen Kombinationsfußball vor großen Zeiten stehen könnten.



Abendblatt:

War es für Sie schwer, mit den Verantwortlichen anderer Spitzenklubs in Kontakt zu treten, oder kam man inzwischen sogar auf Sie zu?

Beiersdorfer:

Entscheidend ist, dass unsere Spieler beim Turnier im Fokus stehen, denn dann steht es der Verein auch. Aber klar ist auch, dass man durch die aktuellen Spieler sowie die jahrelangen internationalen Teilnahmen häufiger angesprochen wird. Der HSV hat sich mit den letzten Erfolgen und dem Klang der Vorzeit präsenter gemacht. Man merkt heute den Unterschied zu vor sieben Jahren.



Abendblatt:

Gab es mehr Anfragen oder Spieler-Angebote?

Beiersdorfer:

Zumindest gab es rund 20 Spieler, die beim Turnier mitgespielt haben und uns angeboten wurden.



Abendblatt:

Ivica Olic hat unmittelbar nach seiner Rückkehr Vertragsgespräche angekündigt.

Beiersdorfer:

Wir sind mit seinem Berater im Kontakt.



Abendblatt:

Und bei Rafael van der Vaart?

Beiersdorfer:

Ich habe mit ihm telefoniert und den Trainingsstart abgesprochen. Ich gehe davon aus, dass er nächste Saison bei uns spielt.



Abendblatt:

Zuletzt wurde eine Rückkehr von Khalid Boulahrouz zum HSV gehandelt. Und das, obwohl Sie vorher gesagt hatten, weitere Neuzugänge wird es erst geben, wenn Spieler gehen.

Beiersdorfer:

Khalid, dem mit seiner Frau unser Mitgefühl gilt, kann momentan sicher alles andere gebrauchen, als Spekulationen um seine Person. Und unser Transfervorgehen hat sich nicht verändert: Wir werden alles versuchen, was wirtschaftlich machbar ist.