Dortmund. Sportlich war Hertha BSC mit dem 2:2 bei Borussia Dortmund zufrieden, die Angriffe Berliner Ultras sorgten jedoch für Entsetzen.

Massive Attacken gegen Polizisten, zerstörte Sanitäranlagen und 45 Verletzte: Mit einer erschreckenden Bilanz endeten die Gewaltexzesse Berliner Ultras beim Auswärtsspiel von Hertha BSC bei Borussia Dortmund. Der tolle Einsatz von Herthas Spielern auf dem Feld mit dem späten Ausgleichstor von Salomon Kalou per Foulelfmeter zum 2:2-Endstand (90.+1) ging in den Wirren der Krawalle unter.

Und: Den Berliner Fans droht ein Nachspiel. Die Polizei in Dortmund richtete eine Ermittlungskommission ein, die erste Erfolge verkündete. Die Straftäter seien "umfangreich videografiert" worden, hieß es. Ob die Chaoten allerdings auch ermittelt werden können, bleibt mehr als fraglich, weil der Großteil von ihnen vermummt war.

Hertha-Manager: "Das ist nicht hinnehmbar"

Hertha BSC verurteilte den Auftritt der Ultras und kündigte gegenüber der Polizei Unterstützung an. "Wir werden alles unternehmen, um die Verantwortlichen zu identifizieren", sagte Manager Michael Preetz. Pyrotechnik gehöre nicht ins Stadion. Noch schlimmer verhalte es sich mit den Gewaltszenen gegenüber der Polizei. "Das ist nicht hinnehmbar", hieß es in einer Erklärung des Vereins.

Polizisten sprühen Reizgas im Block der Hertha-Fans
Polizisten sprühen Reizgas im Block der Hertha-Fans © dpa | Bernd Thissen

Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul (CDU) kündigte eine harte Linie gegen Krawallmacher an. "Das Verhalten der Hertha-Fans am Sonnabend in Dortmund wird von mir auf das Schärfste verurteilt. Das hat mit Fankultur nichts zu tun, sondern ist schlicht kulturloses, primitives Verhalten. Wir werden derartige Straftaten auch in Zukunft nicht dulden, sondern sie konsequent verfolgen. Unsere Null-Toleranz-Linie gilt überall - natürlich auch in Fußballstadien", sagte Reul der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung (Montagausgabe).

Mit Spielbeginn hatten die Ultras auf der Nordtribüne immer wieder Pyrotechnik entzündet und das Stadion unter Nebelschwaden gesetzt. Auch unbeteiligte Besucher zogen sich Verletzungen der Atemwege zu. Schließlich schritt die Polizei ein, um ein großes Banner ("15 Jahre Hauptstadtmafia") zu entfernen. Die Beamten vermuteten, dass unter dem Banner weiteres Pyro-Material versteckt war.

Ultras bewerfen Polizisten mit brennenden Bengalos

Den Fans ist die Fahne aber "heilig", die Lage eskalierte. Die Ultras gingen auf Polizisten los, schlugen mit Fahnenstangen auf die Beamten ein und bewarfen sie mit brennenden Bengalos. "Dieses Verhalten wurde konsequent durch den Einsatz von Pfefferspray und Schlagstock unterbunden. Ein Teil der Fahne ist sichergestellt worden", teilte die Polizei nachher mit.

In der Halbzeitpause verließen die Ultras laut Polizeiangaben den Block und zogen sich unter die Tribüne zurück. Dort sollen sie zwei große Sanitäranlagen komplett zerstört haben und einschreitende Polizeikräfte mit abgetretenen Toilettentüren und Sanitärkeramik angegriffen haben.

Polizei stellt Strafanzeigen

Insgesamt sei es zu 45 verletzten Personen gekommen, 35 mussten nach Pfeffersprayeinsatz behandelt werden. Einige Personen wurden zur Behandlung ins Krankenhaus gebracht. Es wurden Strafanzeigen wegen Landfriedensbruchs, Widerstand gegen Polizeibeamte, tätlichen Angriffs auf Polizisten und Verstoß gegen das Sprengstoffgesetz gestellt.

Doch es gab auch Kritik am Vorgehen der Polizei. Der Rechtsanwalt Rene Lau berichtete via Twitter, dass ihm mehrere beteiligte Fans von einem "absolut überzogenen Polizeieinsatz mit Pfefferspray und Knüppeleinsatz" berichtet hätten. Und Fans, die das Stadion verlassen wollten, seien von der Polizei daran gehindert worden.

Die Dortmunder Fans hatten sich während der Ausschreitungen mit den Berliner Anhängern solidarisiert und die Unterstützung ihrer Mannschaft eingestellt. In einem Brief an die NRW-Polizei schrieb der Verein Fan-Projekt Dortmund e.V.: "Wenn ein dermaßen harter Polizeieinsatz zu einer über vierfachen Anzahl an Verletzten führt, sollte man dringend die Verhältnismäßigkeit hinterfragen. Zumal uns gegenüber auch viele Polizeibeamte ihr Unverständnis für diesen Einsatz äußerten."