Köln. Weltmeister gegen Weltklassemannschaft – aber erst 30.000 Karten sind verkauft. Selbst Spieler sind irritiert. Die möglichen Gründe.

In Köln, sagte Reinhard Grindel halb im Spaß, ist Fußball „halt derzeit nicht so angesagt“. Wenn es das nur wäre. Der 1. FC Köln steckt in einer gewaltigen Krise – und dennoch kommen zu Heimspielen im Schnitt 50.000 Zuschauer. Wenn die deutschen Weltmeister am Dienstag (20.45 Uhr/ARD) den EM-Finalisten Frankreich fordern, werden es deutlich weniger sein: Nur rund 30.000 Karten wurden bis zum Montag verkauft.

Der Weltmeister gegen eine Weltklassemannschaft – warum wird dann das Stadion nicht voll? „Es gab nur eine ganz kurze Vorverkaufsphase, das ist ein sehr spezielles Problem“, sagte Grindel, Präsident des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), im Sport1-“Doppelpass“. Der französische Verband habe lange gezögert, weil seine Mannschaft „noch nicht sicher für die WM qualifiziert“ war.

Das ist ein Erklärungsansatz, aber längst nicht der einzige. Bundestrainer Joachim Löw vermutet eine Übersättigung. „Es finden so viele Spiele statt, auch in Köln mit dem Europapokal. Die Testspiele haben auch nicht mehr den ganz hohen Stellenwert wie früher“, sagte Löw am Montag. „Der Anstoß ist erst um 20.45 Uhr, das ist auch nicht perfekt für Familien.“

Zu viele Livespiele?

Einige Spieler zeigten sich dennoch leicht irritiert. „Deutschland gegen Frankreich ist doch ein interessantes Spiel, deshalb bin ich etwas überrascht“, sagte Matthias Ginter. Julian Draxler war ebenfalls verwundert: „30.000 wären schon enttäuschend. Ich denke, dass an der Abendkasse noch die eine oder andere Karte weggeht.“

Am Montag waren noch reichlich Plätze für 18 bis 100 Euro zu haben. Das Fassungsvermögen des Rheinenergie-Stadions für internationale Spiele beträgt 46.195 Zuschauer.

Am mangelnden Erfolg jedenfalls kann es nicht liegen. Deutschland ist Weltmeister, seit 20 Spielen ungeschlagen – allerdings waren Testspiele zuletzt, Löw deutete es an, selten ein Spektakel. Das Wetter spielt eine Rolle, die fehlenden französischen Stars wie Paul Pogba und Ousmane Dembélé, auch der allgemeine, nicht nationalmannschaftsspezifische Verdruss angesichts eines Angebots, das phasenweise an sieben Tagen die Woche Livespiele vorsieht.

Am Kader liegt es nur bedingt

Grindel sieht aber keinen Trend zur Abkehr vom perfekt vermarkteten Zugpferd Nationalmannschaft. Im Gegenteil. „Ich bin mir sicher, dass die Heimspiele gegen Spanien und Brasilien im März ausverkauft sein werden“, sagte er. Die liegen allein vom Termin attraktiver, weil näher an der WM im Sommer. Es wird (annähernd) die Startelf für Russland zu sehen geben.

Die Zeiten, in denen Spieler auch manchmal recht leichtfertig wegen kleinerer Beschwerden abgesagt hätten, seien ohnehin vorbei, betonte zuletzt Manager Oliver Bierhoff. Dennoch haben auch – sportlich absolut sinnvolle – Kader-Experimente wahrscheinlich einen Einfluss, wenn auch untergeordnet: Den blutjungen deutschen Confed-Cup-Kader gegen San Marino (7:0) wollten im Juni immerhin 32.467 Zuschauer sehen. Wenige Tage zuvor zog die Weltmeistermannschaft, die zu diesem Zeitpunkt keine war, in Dänemark nur 15.488 Zuschauer an. In Tschechien waren es im September 18.903.