London. DFB-Team bleibt auswärts gegen die Three Lions wiederholt ungeschlagen. Halstenberg spielte bei seinem Debüt im Mittelfeld.

Deutschland ist in Wembley nicht zu schlagen. Im ersten großen WM-Härtetest für Russland 2018 hat die Fußball-Nationalmannschaft ihre stolze England-Serie ausgebaut. Beim 0:0 am Freitagabend wurde der dritte Sieg in Serie in London unter Joachim Löw gegen die wieder erstarkten Three Lions zwar verpasst. Der Bundestrainer konnte beim Prestige-Duell vor 81.382 Zuschauern im Fußball-Tempel aber mit seinen Personal-Experimenten einige Erkenntnisse für die WM-Titelmission in sieben Monaten sammeln.

Angeführt vom starken Ersatz-Kapitän Mats Hummels war die DFB-Auswahl das bessere Team und verteidigte die seit 42 Jahren makellose Bilanz bei Spielen in England. Die nächste Bewährungsprobe steht für die Weltmeister zum Jahresabschluss am Dienstag in Köln gegen Frankreich an. Dann kann die Nationalelf Revanche für das 0:2 im EM-Halbfinale nehmen und die Serie von nun 20 ungeschlagenen Spielen seit dem Sommer 2016 weiter ausbauen.

Die Statistik

England

Pickford/FC Everton - Stones/Manchester City, Jones/Manchester United (25. Gomez/Liverpool), Maguire/Leicester City - Trippier/Tottenham Hotspur (72. Bertrand/Southampton), Rose/Tottenham Hotspur (71. Walker/Manchester City) - Dier/Tottenham Hotspur, Livermore/West Bromwich Albion (86. Cork/Burnley), Loftus-Cheek/Crystal Palace - Vardy/Leicester City (86. Lingard/Manchester United), Abraham/Swansea City (59. Rashford/Manchester United). - Trainer: Southgate

Deutschland

ter Stegen/FC Barcelona - Ginter/Borussia Mönchengladbach, Hummels/Bayern München, Rüdiger/FC Chelsea - Kimmich/Bayern München, Gündogan/Manchester City (86. Rudy/Bayern München), Özil/FC Arsenal , Halstenberg/RB Leipzig - Draxler/Paris St. Germain (67. Can), Werner/RB Leipzig (74. Wagner/Hoffenheim), Sané/Manchester City (87. Brandt/Bayer Leverkusen). - Trainer: Löw

Schiedsrichter

Pawel Raczkowski (Polen)

Zuschauer

86.000 (ausverkauft)

Tore

Fehlanzeige

Gelbe Karten

Livermore, Gomez –

1/6

Halstenberg begann im Mittelfeld

Löw hatte schon vor den Herbst-Klassikern personelle Experimente angekündigt. „Wir wollen Spieler sehen, die sonst nicht so oft bei uns zum Einsatz kommen“, sagte der Coach und gab in Wembley dem Leipziger Debütanten Marcel Halstenberg im linken Mittelfeld von Beginn an eine Bewährungschance. Zudem feierte der lange verletzte Ilkay Gündogan 360 Tage nach seinem bislang letzten Länderspiel neben Mesut Özil in der Zentrale sein Comeback. Toni Kroos fehlte dagegen nach einem Magen-Darm-Infekt.

Von Beginn an war beiden Mannschaften die ungewohnte Formation anzumerken. Auch die Engländer mussten auf sieben Stammkräfte, darunter Topstar Harry Kane, verzichten. In der Anfangsphase bemühten sich daher sowohl Löw wie auch Three-Lions-Trainer Gareth Southgate immer wieder an der Seitenlinie, Ordnung in die eigenen Reihen zu bringen - mit begrenztem Erfolg. Bei den Deutschen fehlte bisweilen die Bindung zwischen Mittelfeld und Angriff, bei den Engländern lange Zeit Tempo und Struktur im Spiel nach vorn.

Sané sorgt für viel Gefahr

Chancen ergaben sich angesichts der Unsicherheiten auf beiden Seiten trotzdem. Die besseren hatten zunächst die Gäste. Schon nach wenigen Sekunden wurde Timo Werner nach einem Fehler der Hausherren schmerzhaft von Keeper Jordan Pickford gestoppt und musste kurz behandelt werden. Auf der Gegenseite traf Kieran Trippier nach einem Stellungsfehler der deutschen Abwehr nur das Außennetz.

Auffälligster Akteur zu Beginn war Premier-League-Legionär Leroy Sané, der wie bei Manchester City über die linke Seite stürmen durfte. Julian Draxler musste dafür zumeist nach rechts ausweichen. Sané sorgte zunächst mit einem Schuss ans Außennetz (8.) für Gefahr, ehe er in der 20. Minute die Latte traf. Der Ball prallte aber deutlich vor der Torlinie wieder auf - kein Fall also für den Video-Schiedsrichter, der erstmals bei einem Freundschaftsspiel der DFB-Auswahl im Einsatz war.

Die Chancen der WM-Kandidaten

Unantastbar (13)

Manuel Neuer, Marc-Andre ter Stegen, Jerome Boateng, Joshua Kimmich, Mats Hummels, Thomas Müller, Toni Kroos, Leon Goretzka, Mesut Özil, Jonas Hector, Sami Khedira, Julian Draxler, Timo Werner

Aussichtsreich (6)

Sebastian Rudy, Mario Gomez, Lars Stindl, Antonio Rüdiger, Mario Götze, Emre Can

Wacklig (14)

Bernd Leno, Kevin Trapp, Sandro Wagner, Ilkay Gündogan, Benedikt Höwedes, Julian Weigl, Marco Reus, Julian Brandt, Matthias Ginter, Niklas Süle, Shkodran Mustafi, Andre Schürrle, Leroy Sane, Benjamin Henrichs

Unwahrscheinlich (7)

Jonathan Tah, Serge Gnabry, Amin Younes, Marvin Plattenhardt, Kerim Demirbay, Karim Bellarabi, Kevin Volland

1/4

In der 22. Minute hatten Werner, Sané und Draxler dann dreifach die dicke Gelegenheit zur Führung, doch dank der Rettungskräfte Pickford und Phil Jones und viel Glück kam England schadlos davon. Auch in der 39. Minute scheiterte Werner am überzeugenden Pickford, von dem sich die Three Lions die Lösung ihrer ewigen Torwartsorgen erhoffen.

Erst in den letzten Minuten der ersten Hälfte drehten die Gastgeber auf. Tammy Abrahams abgefälschter Schuss strich knapp vorbei, Jake Livermore (44.) und Jamie Vardy (45.) deckten ebenfalls einige Schwächen in der deutschen Defensive auf, in der Kapitän Mats Hummels immer wieder Löcher stopfte.

Mangelnder Esprit in Hälfte zwei

Vardy hatte auch kurz nach Wiederbeginn (49.) die erste Möglichkeit, als Manuel-Neuer-Vertreter Marc-André ter Stegen den Kopfball des Leicester-Torjägers glänzend parierte. Danach wurde die Partie jedoch zunehmend zäher. Der deutschen Mannschaft mangelte es nun an Esprit und Ideen im Angriffsspiel. Die Engländer hatten mehr Sicherheit gewonnen, offensiv aber fiel ihnen auch nur wenig ein.

Beide Trainer versuchten daher mit Wechseln für neue Impulse zu sorgen. Löw schickte Emre Can für Draxler aufs Feld, dann auch Sandro Wagner für den müde gelaufenen Werner. Doch den durchaus hohen Unterhaltungswert der ersten Halbzeit erreichte das Geschehen nicht mehr, auch weil beide Teams nicht mehr ins Risiko gehen wollten. So wurde es das erste torlose deutsche Länderspiel im Jahr 2018.