Leipzig/Hamburg. Selbst RB Leipzigs Trainer Hasenhüttl ist entgeistert. Rangnicks Verhalten war nicht der einzige Skandal beim Bayern-Sieg.

Ralf Rangnick stürmte von der Ehrentribüne im Leipziger Stadion von Red Bull auf den Rasen, um den im DFB-Pokal in den ersten Runden nicht erlaubten Videobeweis beim Spiel von RB gegen Bayern München doch noch einzuführen. Der Sportdirektor wütete auf Schiedsrichter Felix Zwayer zu, um ihm auf seinem Handy die Szene zu zeigen, in der ein hitziges Pokal-Spiel in der regulären Spielzeit kulminierte. Denn schon zur Halbzeit des später im Elfmeterschießen für Bayern entschiedenen Spiels war klar: Hier liegt ein Skandal in der Luft.

Und der hatte mit Schiedsrichter Zwayer zu tun, mit Rangnick und einem Reglement, das kein Mensch mehr versteht. Warum zog Zwayer, wenige Meter neben dem Foul von Arturo Vidal an Emil Forsberg stehend, seine spontane Elfmeterentscheidung zurück, nachdem er mit dem Assistenten (gut 30 Meter vom Geschehen entfernt) gesprochen hatte?

Rangnick selbst von Hasenhüttl kritisiert

Dass kein Ordner den cholerischen Rangnick beim Platzsturm aufhielt, mag man noch verstehen. Die Aktion selbst rief nach einer Sofortstrafe. Und so bekam Leipzigs Erfolgsmacher einen Innenraumsperre. Leipzigs Trainer Ralph Hasenhüttl sagte: „Das geht natürlich auch nicht. Das kann in dem Fall dazu führen, dass der Schiedsrichter sich denkt: Naja, so darf er mir nicht kommen.“ Der ehemalige Schiedsrichter Peter Gagelmann sagte bei Sky: „Wenn ein Verantwortlicher von der Tribüne in den Innenraum geht und dem Schiedsrichter eine Szene auf dem Handy zeigen möchte, dann finde ich das außerordentlich schlimm.“

„Ich kann mir nicht vorstellen, dass das erlaubt oder gewollt ist“, sagte Bayern-Star Mats Hummels. Er hatte sich als Erster Rangnick in den Weg gestellt. „Ich habe Herrn Rangnick gesagt, dass er das nicht nötig hat und dass es unsportlich ist. Es war relativ sachlich von meiner Seite aus“, sagte Hummels. „Ich würde keinem empfehlen, zum Schiedsrichter zu gehen, weil es keinen Sinn hat“, meinte Bayerns Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge. „Ich verstehe die Emotionen, aber es bringt nichts.“ Und am Donnerstagnachmittag hat nun auch der DFB-Kontrollausschuss Ermittlungen gegen Rangnick eingeleitet.

Hummels spottet über Elfmeter-Entscheidung

Die Leipziger mussten letztlich mit 4:5 im Elfmeterschießen (1:1 nach Verlängerung) das Aus in der zweiten Pokalrunde hinnehmen. Durch einen äußerst fragwürdigen Elfmeter, den Hummels als „Königin der Konzessionsentscheidungen“ bezeichnete, war RB in Unterzahl in der 68. Minute durch Emil Forsberg in Führung gegangen. Thiago hatte nur fünf Minuten später ausgeglichen.

Auch Trainer Hasenhüttl spottete über Schiedsrichter Zwayer. „Unterm Strich waren 22 Akteure sehr gut auf dem Platz heute, einer konnte das Niveau nicht so ganz halten.“

Zwayer (36) gehört zur hoffnungsvollen Schiri-Garde des Deutschen Fußball-Bundes (DFB). Er hat in der Vergangenheit nachgewiesen, dass er auch in kritischen Situationen kühlen Kopf behält. So war seine Entscheidung, im Frühjahr 2016, die Begegnung zwischen Leverkusen und Dortmund zu unterbrechen, weil sich der damalige Bayer-Coach Roger Schmidt dem Innenraumverweis des Unparteiischen widersetzte, durchaus nachvollziehbar und richtig.

Manuel Gräfe kritisierte Felix Zwayer

Zwayers Berliner Schiedsrichterkollege Manuel Gräfe hatte dagegen angezweifelt, ob dieser den Aufstieg zum Fifa-Referee überhaupt verdient hat. Er warf ihm vor, den einstigen Schiedsrichter-Bossen Herbert Fandel und Hellmut Krug allzu loyal gegenüberzustehen und im Gegenzug protegiert worden sei. Gräfe selbst sieht sich als Gegenentwurf zu Zwayer, unangepasst und kritisch, einer, der gerne den Finger in die Wunde legt. Und einer, der nicht klein beigibt, wenn es zu Krisen-Gipfeln der Schiedsrichter kommt.

TV-Quote Leipzig vs. Bayern stark

In jedem Fall war der Pokal-Krimi der Leipziger gegen den FC Bayern eine große Unterhaltung. Jeder dritte deutsche Fernsehzuschauer schaltete am Mittwoch beim Spiel ARD ein (Marktanteil 32,5 Prozent). Das brachte dem Ersten in Summe 8,89 Millionen Zuschauer.