München. Heftige Reaktionen nach dem spektakulärsten Bayern-Transfer der Saison. Was jetzt auf Jupp Heynckes einprasselt.

Trainerbank statt Gartenstuhl, hektisches Fußballgeschäft statt beschaulichem Ruhestand: Triple-Legende Jupp Heynckes kehrt nach mehr als vier Jahren zum FC Bayern zurück. Ab kommenden Montag soll der rüstige Rentner den angeschlagenen deutschen Rekordmeister, der den sensationellen Coup am Freitagnachmittag offiziell bestätigte, nach schwierigen Monaten wieder in die Erfolgsspur bringen.

„Ich wäre zu keinem anderen Verein der Welt zurückgekehrt, aber der FC Bayern ist eine Herzensangelegenheit für mich. Mein Trainerteam und ich werden nun alles daransetzen, dass die Mannschaft den Fans bald wieder erfolgreichen Fußball präsentieren wird. Ich freue mich sehr auf diese Aufgabe“, sagte der 72-Jährige. 2013 hatte er die Bayern zum historischen Triple geführt.

Der frühere Mitspieler von Jupp Heynckes und ehemalige Bundestrainer Berti Vogts schrieb in seiner Kolumne (T-Online): "Jupp kann mit dieser Mannschaft, die so völlig falsch zusammengestellt und zum Teil auch überaltert ist, maximal deutscher Meister werden." Heynckes sei aber jetzt "frisch, ausgeruht und topfit", schrieb Vogts. "Die drei, vier Jahre Pause haben ihm gutgetan. Und Jupp war ganz sicher nie weg vom Fußball." Heynckes werde "dieses Ballgeschiebe auf dem Platz nicht durchgehen lassen".

Für die kommende Saison rät Vogts den Münchnern von einer Verpflichtung des aufstrebenden Julian Nagelsmann (30/1899 Hoffenheim) ab: "Für mich ist das ein großes Fragezeichen, ob die jungen Trainer wie Nagelsmann wirklich im nächsten Sommer schon zum FC Bayern wechseln sollten. Man sollte sie nicht zu früh verbrennen. Das ist ein Weltklub auf einer Stufe mit Real Madrid und dem FC Barcelona."

Thomas Tuchel hat Heynckes gratuliert. „Ich wünsche dir alles Gute, lieber Jupp #Heynckes! #Legende“, schrieb Tuchel bei Twitter und postete dazu ein gemeinsames Foto.

Jupp Heynckes' Trainerkarriere in Bildern:

Heynckes, der sich nach eigenen Angaben „topfit“ fühlt, unterschrieb wie erwartet einen Vertrag bis zum Saisonende. Zuvor hatten die Bayern seine Bedingung erfüllt und den Wunschassistenten Peter Hermann vom Zweitliga-Spitzenreiter Fortuna Düsseldorf verpflichtet. Heynckes ist als Übergangslösung gedacht, bevor 2018 ein neuer Coach übernehmen wird. Als Favorit wird weiter der Hoffenheimer Julian Nagelsmann (30) gehandelt, auch wenn die TSG die Spekulationen am Freitag erneut zurückwies.

Bis zum Sommer dreht sich bei den Bayern nach der Entlassung von Carlo Ancelotti aber erst einmal alles um „Don Jupp“. Der frühere Nationalspieler trägt bereits zum vierten Mal seit 1987 die Verantwortung bei den Münchnern. Am 14. Oktober (15.30 Uhr/Sky) wird er beim Heimspiel in der Allianz-Arena gegen den SC Freiburg auf die große Bühne zurückkehren, sein erstes Training leitet er am Montag.

Kommentar: Heynckes – der alte Mann und die Stars

„Zwischen Jupp Heynckes und dem FC Bayern besteht ein großes Vertrauensverhältnis. Er ist zum jetzigen Zeitpunkt der ideale Trainer für den FC Bayern“, betonte Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge. Heynckes, den vor allem mit dem Präsidenten Uli Hoeneß eine innige Freundschaft verbindet, sei ein „Meister in Sachen Menschenführung und Taktik. Wir sind überzeugt davon, dass er genau der richtige Mann ist, um unsere Ziele zu erreichen“, ergänzte Sportdirektor Hasan Salihamidzic.

Derzeit liegen die Münchner fünf Punkte hinter Tabellenführer Borussia Dortmund. Zudem nagt das deutliche 0:3 in der Champions League gegen Paris Saint-Germain, das zum Rauswurf Ancelottis geführt hatte, am Münchner Selbstverständnis.

Auch die Assistenten kehren zurück

Heynckes wird die schwierige Mission mit seinem bewährten Trainerstab angehen. Neben Hermann (65) gehört dazu wie in der erfolgreichen Zeit von 2011 bis 2013 Hermann Gerland (63), der deshalb die Leitung des Nachwuchsleistungszentrums ruhen lässt.

Heynckes, drittältester Trainer der Bundesliga-Historie, genießt bei den Bayern seit dem Triple 2013 Kultstatus. Auch die Mannschaft, die zuletzt unter Ancelotti in der Krise gesteckt hatte, rollte der Legende bereits den roten Teppich aus.

„Eine bessere Lösung gibt es nicht. Er kennt den Verein und die Spieler in- und auswendig“, sagte Weltmeister Jérôme Boateng. Heynckes sei, so der Abwehrspieler, „ein ganz großer Trainer mit viel Fingerspitzengefühl und Erfahrung“. Vor allem aber komme er „gut mit den Oberen zurecht“. Auch David Alaba ist mit der Entscheidung offensichtlich einverstanden.

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Heynckes steht eine große Herausforderung bevor, die ihm aber auch Bundestrainer Joachim Löw (“Er hat eine tolle Ausstrahlung“) und Franz Beckenbauer zutrauen. Er sei zunächst zwar überrascht gewesen, „dass sich der Jupp das Wagnis antut“, doch je mehr er darüber nachdenke, sagte der „Kaiser“ der Bild, „desto besser gefällt mir seine Rückkehr. Ich glaube, er kann die Situation in den Griff bekommen. Eines ist klar: Jetzt muss die Mannschaft Charakter zeigen und darf sich nicht länger hinter dem Trainer verstecken“.

Heynckes kennt die komplizierten Strömungen bei den Münchnern, die Eitelkeiten der Bosse – und zudem viele der Stars noch aus seiner höchst erfolgreichen Zeit. Spieler wie Boateng, Thomas Müller, Franck Ribéry, Arjen Robben oder Mats Hummels, die mit Ancelotti Probleme hatten, werden ihn respektieren und ihm folgen – mit der Spanisch sprechenden Fraktion kann er sich in deren Muttersprache unterhalten. Die Fans lieben Heynckes ohnehin.

Schon einmal sprang Heynckes ein

Seinen Abschied von der Trainerbank hatte Heynckes beim DFB-Pokal-Finale am 1. Juni 2013 gegen den VfB Stuttgart (3:2) gefeiert. Die Bundesliga verließ er nach 50 Jahren als Spieler und Trainer am 18. Mai 2013 mit einem 4:3 gegen seinen Heimatclub Borussia Mönchengladbach – mit vielen Tränen.

Schon 2009 war Heynckes nach der Entlassung von Jürgen Klinsmann bei den Bayern kurz eingesprungen. Am 1. Juli 1987 hatte er die Münchner erstmals übernommen.