Joachim Löw muss noch vier Spieler aus dem vorläufigen EM-Kader streichen. Warum es richtig war, 27 Spieler zu nominieren.

Während Titelverteidiger Spanien 25 Spieler für den vorläufigen EM-Kader nominierte, setzte England zunächst auf 26 Akteure. Gastgeber Frankreich und Portugal um Superstar Cristiano Ronaldo legten sich hingegen jetzt schon auf die 23 Spieler fest, die ihr Land zum Titel führen sollen. Von den großen Nationen berief lediglich Italien (28) mehr Profis ins vorläufige Aufgebot als Deutschland.

Joachim Löw verkündete am Dienstag, mit welchen 27 Spielern er die Vorbereitung auf die Europameisterschaft in Frankreich (10. Juni bis 10. Juli) angehen will. Dabei blieb der Bundestrainer seinem Motto treu und nominierte erneut mehr Spieler, als er letztlich mit zum Turnier nehmen kann.

Doch selten erschien diese Taktik so sinnvoll wie dieses Jahr. Denn ob Kapitän Bastian Schweinsteiger rechtzeitig fit wird oder Lukas Podolski überhaupt noch mal auf das Niveau vergangener Tage kommt, darf bezweifelt werden. Sollte Löw die beiden Veteranen zu Hause lassen oder verletzungsbedingt während der EM nachnominieren müssen, hätte er andere Spieler bereits in die Mannschaft integriert. Außerdem halten 27 Spieler den Konkurrenzkampf hoch, da sich nur einige Profis sicher sein können, bei der EM dabei zu sein.

Kimmich vs. Weigl

Zunächst einmal ergeben sich zahlreiche Zweikämpfe um die 23 EM-Tickets im Trainingslager in Ascona (Schweiz), denn vier Spieler muss Löw bis zum 31. Mai noch streichen. Sollte Schweinsteiger für fit genug befunden werden, werden wohl entweder Bayerns Joshua Kimmich, der anders als in Großteilen der Saison fürs defensive Mittelfeld vorgesehen ist, oder der Dortmunder Julian Weigl vorzeitig die Koffer packen müssen.

Nach dem Ausfall Ilkay Gündogans wird die Doppel-Sechs plötzlich zur Problemzone für den Bundestrainer. Von den beiden Neulingen dürfte Weigl die besseren Karten haben, da er im Verein zur Stammkraft zählte – und zwar im defensiven Mittelfeld.

Brandt vs. Sané

Ein weiteres Duell dürften sich die Youngster Julian Brandt von Bayer Leverkusen und Schalkes Leroy Sané liefern. Beide Flügelstürmer belegten mit neun beziehungsweise acht Ligatreffern jeweils Platz zwei der vereinsinternen Torjägerliste. Da Neuling Brandt aber vor Februar noch nicht mal mehr Stammspieler war, dürfte er nur Außenseiterchancen haben.

Der nächste Zweikampf dürfte unter normalen Gesichtspunkten eigentlich gar keiner sein. Lukas Podolski oder Julian Draxler – einer wird die EM sicherlich vom Sofa verfolgen müssen. Auch wenn Draxler keine gute Saison in Wolfsburg spielte und bis auf gelegentliche Höhepunkte nicht ansatzweise den abgewanderten Kevin De Bruyne ersetzen konnte, dürfte Podolski unter neutralen Gesichtspunkten eigentlich nicht mit nach Frankreich fahren.

Der gebürtige Pole genießt bei Joachim Löw allerdings nach wie vor hohes Ansehen. Doch irgendwann dürfte auch der 30-Jährige seinen Kredit verspielt haben, wenngleich er mit zwölf Toren eine bessere Saison bei Galatasaray Istanbul spielte als zuletzt bei Arsenal.

Zu guter Letzt wird sich Löw wohl noch von einem der fünf Innenverteidiger trennen. Selbst wenn Deutschland mit einer Dreierkette spielen sollte, säßen zwei von ihnen noch auf der Bank. Vermutlich ist Shkodran Mustafi, der mit Valencia keine gute Saison spielte, der Leidtragende.

EM-Spielplan zum Herunterladen

Das ist der vorläufige Kader für die EM in Frankreich

Tor: Bernd Leno (Bayer Leverkusen), Marc-André ter Stegen (FC Barcelona), Manuel Neuer (Bayern München

Abwehr: Antonio Rüdiger (AS Rom), Shkodran Mustafi (FC Valencia), Benedikt Höwedes (FC Schalke 04), Jonas Hector (1. FC Köln), Mats Hummels (Borussia Dortmund), Jérome Boateng (Bayern München), Sebastian Rudy (1899 Hoffenheim), Emre Can (FC Liverpool).

Mittelfeld: Bastian Schweinsteiger (Manchester United), Joshua Kimmich (Bayern München), Julian Brandt (Bayer Leverkusen), Julian Draxler (VfL Wolfsburg), Julian Weigl (Borussia Dortmund), Leroy Sané (FC Schalke 04), Mesut Özil (FC Arsenal), Sami Khedira (Juventus Turin), Tono Kroos (Real Madrid), Mario Götze (Bayern München), Thomas Müller (Bayern München)

Angriff: Lukas Podolski (Galatasaray Istanbul), Mario Gomez (Besiktas Istanbul), Marco Reus (Borussia Dortmund), André Schürrle (VfL Wolfsburg), Karim Bellarabi (Bayer Leverkusen).