Berlin/Hamburg. Klare Ansagen vom Bundestrainer an die 27 Berufenen. Drei Neulinge dabei, hinter einigen etablierten Stars stehen noch Fragezeichen.

Es ist ein Wagnis, aber Bundestrainer Joachim Löw ist für seinen Mut zu jungen Spielern bekannt. Drei Neue hat der Weltmeister-Coach für die Europameisterschaft in Frankreich (10. Juni bis 10. Juli) nominiert. Einige Weltmeister fehlen dafür überraschend. Im Tor allerdings stehen drei Altbekannte, hier setzt Löw auf Bewährtes. Und: Vielleicht ist es doch nicht so waghalsig. Denn bis zum 31. Mai muss Löw noch vier Spieler streichen. Der Run auf die Kaderplätze hat also bereits begonnen. Und Löw hat klargemacht: Bei ihm zählt die Leistung auf dem Platz – und das menschliche Verhalten im Team.

Zu den 27 Spielern gehören die Debütanten Joshua Kimmich (FC Bayern München), Julian Brandt (Bayer Leverkusen) und Julian Weigl (Borussia Dortmund). Angeführt wird der vorläufige EM-Kader von insgesamt 14 Weltmeistern, unter ihnen auch der angeschlagene Kapitän Bastian Schweinsteiger, hinter dessen EM-Teilnahme aber noch ein Fragezeichen steht. Fehlen wird der Hamburger Jonathan Tah (Bayer Leverkusen).

Vier Spieler werden noch aussortiert

„Wir sind selbstbewusst, aber nicht überheblich. Wir sind stark, aber nicht unbesiegbar“, sagte Löw mit Blick auf das EM-Turnier, und Nationalmannschaftsmanager Oliver Bierhoff ergänzte: „Wir brauchen den vierten Stern. Das wäre natürlich ein Traum. Wir müssen uns darauf einstellen, dass wir als Weltmeister starten, aber bei null anfangen.“

Bis zum 31. Mai muss Löw dann das endgültige Aufgebot mit 20 Feldspielern und drei Torhütern der Europäischen Fußball-Union melden. Damit werden vier Spieler noch durch das Raster fallen. „Es gibt keinen potenziellen Streichkandidaten“, betonte Löw. Gleichwohl müssen sich die Debütanten beweisen. „Sie haben sich wahnsinnig gefreut. Sie wissen, dass sie sehr viel lernen können“, ergänzte der Bundestrainer mit Blick auf die drei Neulinge Kimmich, Brandt und Weigl sowie den Schalker Leroy Sané, der bislang einmal zum Einsatz kam. Die vier Youngster bekommen zunächst die Rückennummern 24 bis 27.

Pep Guardiola schätzt Kimmich – Weigl spielte 50-mal

Kimmich hatte sich in dieser Saison beim FC Bayern in den Blickpunkt gespielt und war von Trainer Pep Guardiola sehr geschätzt worden. Neben seinen 23 Bundesliga-Einsätzen kam der 21-Jährige in neun von zwölf Champions-League-Spielen zum Einsatz. Der Leverkusener Brandt spielte eine starke Rückrunde, in der er sieben seiner neun Saisontore erzielte. Weigl war in dieser Saison der Shootingstar beim BVB. Auf Anhieb war der von 1860 München gekommene Mittelfeldspieler unter Trainer Thomas Tuchel gesetzt und absolvierte in der laufenden Saison 50 Pflichtspiele für die Dortmunder.

Torwart Zieler mit Abstiegs-Malus

Auf der Torhüterposition ist Ron-Robert Zieler der große Verlierer. Der Hannoveraner, der bei der WM noch einer der Stellvertreter von Manuel Neuer (FC Bayern München) war, wurde nicht berücksichtigt. Stattdessen sind Marc-André ter Stegen (FC Barcelona) und Bernd Leno (Bayer Leverkusen) dabei. Leno stand zwar schon bei den letzten Länderspielen im Aufgebot, hat aber noch kein Spiel für das A-Team absolviert.

Neben Zieler gehören drei weitere Weltmeister zu den Härtefällen: Die Dortmunder Erik Durm und Matthias Ginter sowie der Leverkusener Christoph Kramer wurden ebenfalls nicht berücksichtigt. „Wir haben uns intensive Gedanken gemacht. Die Entscheidungen sind uns wahrlich nicht leicht gefallen“, sagte Löw.

Was wird mit Bastian Schweinsteiger?

Als Sonderfall gilt der für Manchester United spielende Kapitän Schweinsteiger. Der 31-Jährige ist nach einer zweiten Knieverletzung im EM-Jahr ohne Fitness, Form und Spielpraxis. „Er kann auch im Laufe des Turniers noch wichtig werden“, betonte Löw. Außerdem steht Lukas Podolski vor seinem siebten großen Turnier. Der Ex-Kölner habe einen sportlichen Wert und sei eine Persönlichkeit, erklärte der Bundestrainer.

Die deutsche Mannschaft trifft bei der EM vom 10. Juni bis 10. Juli in der Gruppenphase auf die Ukraine, Polen und Nordirland. Vor dem Turnierbeginn stehen noch zwei Länderspiele auf dem Programm: am 29. Mai gegen die Slowakei in Augsburg und sechs Tage später gegen Ungarn in Gelsenkirchen. Am 7. Juni erfolgt der Einzug ins EM-Quartier in Évian-les-Bains.

EM-Spielplan zum Herunterladen

Das ist der vorläufige Kader für die EM in Frankreich

Tor: Bernd Leno (Bayer Leverkusen), Marc-André ter Stegen (FC Barcelona), Manuel Neuer (Bayern München

Abwehr: Antonio Rüdiger (AS Rom), Shkodran Mustafi (FC Valencia), Benedikt Höwedes (FC Schalke 04), Jonas Hector (1. FC Köln), Mats Hummels (Borussia Dortmund), Jérome Boateng (Bayern München).

Mittelfeld: Bastian Schweinsteiger (Manchester United), Emre Can (FC Liverpool), Joshua Kimmich (Bayern München), Julian Brandt (Bayer Leverkusen), Julian Draxler (VfL Wolfsburg), Julian Weigl (Borussia Dortmund), Leroy Sané (FC Schalke 04), Mesut Özil (FC Arsenal), Sami Khedira (Juventus Turin), Tono Kroos (Real Madrid), Sebastian Rudy (1899 Hoffenheim), Mario Götze (Bayern München), Thomas Müller (Bayern München)

Angriff: Lukas Podolski (Galatasaray Istanbul), Mario Gomez (Besiktas Istanbul), Marco Reus (Borussia Dortmund), André Schürrle (VfL Wolfsburg), Karim Bellarabi (Bayer Leverkusen).