München. Sportgericht verzichtet auf Ermittlungen gegen Chilenen, der beim 2:0 gegen Werder einen Elfmeter geschunden hatte. Rummenigge mahnt.
Arturo Vidal spazierte mit einem Lächeln durch die Interview-Zone, beantwortete artig ein paar Fragen zu Atlético Madrid und zum FC Bayern - doch über seine Schwalbe verlor der Chilene kein Wort. Eine Entschuldigung in Richtung Werder wäre dabei durchaus angebracht gewesen, zu eindeutig war das Vergehen von Vidal.
Der Bremer Janek Sternberg war im Strafraum klar ersichtlich an Vidal vorbeigegrätscht, der Münchner hob dennoch theatralisch ab - und Schiedsrichter Tobias Stieler (Hamburg) fiel auf die Flugshow des 28-Jährigen herein. Thomas Müller verwandelte den Foulelfmeter zum entscheidenden 2:0 für die Münchner in der 71. Minute eiskalt. Stieler sprach anschließend von einer "Fehlentscheidung", für die er sich öffentlich entschuldigte.
Vidal schwalbt die Bayern gegen Werder ins Finale
Rummenigge: "Nicht das, was Bayern haben will"
Hatte es in den letzten Wochen viel Lob für Vidal gegeben, dessen Spiel laut Bayern-Sportvorstand Matthias Sammer "etwas Irrationales" habe, so musste er sich diesmal Kritik gefallen lassen. "Die Entscheidung des Schiedsrichters war leider daneben", sagte Klub-Chef Karl-Heinz Rummenigge am Mittwoch und tadelte den Chilenen: Die Bayern seien "nicht unbedingt bekannt dafür, dass wir Schwalben produzieren. Das ist nicht das, was der FC Bayern haben will".
DFB verzichtet auf Ermittlungen gegen Vidal
Dennoch muss Vidal nach seiner unfairen Aktion (O-Ton ARD-Experte Mehmet Scholl: "Die klarste Schwalbe seit Langem") keine nachträgliche Sperre durch das Sportgericht des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) fürchten. Schiedsrichter Stieler habe mit seinem Elfmeterpfiff nach der Schwalbe des Chilenen eine "nicht angreifbare Tatsachenentscheidung" getroffen, teilte der DFB am Mittwoch mit.
Deshalb sei die Einleitung eines sportgerichtlichen Verfahrens nicht möglich. "Der Schiedsrichter hat den Vorgang wahrgenommen und bewertet, so dass eine nachträgliche Verfahrenseinleitung durch den DFB-Kontrollausschuss aus Rechtsgründen ausgeschlossen ist", sagte ein DFB-Sprecher auf SID-Anfrage.
Kein Vergleich zu Möllers Jahrhundertschwalbe
Zudem wies der DFB auf den Unterschied "Mutter aller Schwalben" von Andreas Möller vor 21 Jahren hin. Sternberg sei mit beiden Beinen voraus in Vidals Laufweg gegrätscht, sodass Vidal in der Laufbewegung "zurückziehen" musste. Bei Möller hingegen sei damals kein Gegenspieler in der Nähe gewesen.
Der Ex-Nationalspieler von Borussia Dortmund war im Spiel gegen den Karlsruher SC im April 1995 im Strafraum wie vom Hammer getroffen gefallen - ohne dass Gegenspieler Dirk Schuster auch nur die Chance hatte, ihn berühren zu können. Der DFB sperrte Möller im Anschluss für zwei Spiele und verhängte eine Geldstrafe in Höhe von 10.000 D-Mark.
Bremer reagieren relativ entspannt
Den Fall Vidal wollen die Münchner nicht zu hoch hängen "Ich denke, dass er grundsätzlich ein fairer Spieler ist, ich finde es auch nicht in Ordnung, dass da jetzt ein Debatte geführt wird", sagte Rummenigge und befand deshalb: "Wir sollten das Thema jetzt nicht überstrapazieren." Schließlich seien die Bayern "trotzdem auch wegen des besseren Spiels in das Finale nach Berlin eingezogen".
Auch für Bayern-Coach Pep Guardiola war es "kein Elfmeter. Es tut mir leid", sagte er in der Pressekonferenz zu seinem Bremer Kollegen Viktor Skripnik. So wolle er eigentlich keine Spiele gewinnen. Immerhin gingen die Bremer einigermaßen entspannt mit der Szene um. Die Situation sei für den Schiedsrichter "sicher nicht einfach zu sehen gewesen", sagte Manager Thomas Eichin.
Vidal feierte unterdessen den 21. Einzug des FC Bayern ins Pokal-Finale. "Berlin, wir können es kaum erwarten!!! Mia san Mia", twitterte er am Mittwoch. Und seine Schwalbe? Kein Kommentar.
sid/dpa/HA