Im Finale des DFB-Pokals steht für die Münchner viel auf dem Spiel. Das Double sollte es schon sein. Mandzukic überraschend nicht im Kader

Berlin. Der Startrainer wirkt wie ein Schüler. Etwas schüchtern betritt Pep Guardiola das Berliner Olympiastadion. Im Bauch der Arena angekommen sagt er leise: „Ich bin neu hier.“ So sagen das meist nur Jungs, die sich nach einem Schulwechsel in der Klasse vorstellen. Sonnabend (20 Uhr, ARD, Sky und im Liveticker auf abendblatt.de) tritt der FC Bayern im Finale des DFB-Pokals gegen Borussia Dortmund an. Für Guardiola ist es das erste Endspiel in der Hauptstadt. Er habe viel davon gehört und im Fernsehen gesehen. „Die Stimmung wird überragend. Ich freue mich sehr, das alles nun selbst zu erleben“.

Auf dieses Vergnügen verzichten muss Mario Mandzukic. Guardiola hat den Kroaten überraschend nicht in sein Aufgebot berufen. Obwohl der Stürmer fit ist. Eine Überraschung. Warum diese Maßnahme? „Das ist meine Entscheidung. Wir haben 20 Spieler, und ich habe mich für 18 entschieden“, so Guardiola. Er sagt das entschlossen. Und hat jetzt gar nichts mehr von einem Schuljungen. Dafür viel von einem Trainer, der vor Namen keine Rücksicht nimmt.

Es deutet sehr vieles darauf hin, dass Mandzukic nie wieder für den FC Bayern spielen wird – trotz eines Vertrags bis 2016. Offenbar kommen Guardiola und der 27-Jährige nicht miteinander zurecht, obwohl der Spanier noch im Oktober gesagte hatte: „Ich liebe Mario“. Doch das ist Monate her. Mandzukic fühlt sich wohl zu wenig geschätzt. Schon einmal, zum Rückrunden-Auftakt, hatte der Trainer ihn aus dem Aufgebot gestrichen. Schlechte Trainingsleistungen, hieß es. Seit Monaten wird über einen Klubwechsel Mandzukics gesprochen, vor dem Finale gab es Berichte über ein Interesse des FC Chelsea. Mandzukic hatte zu Beginn der Woche aus gesundheitlichen Gründen nicht trainieren können, „aber er ist stark, er könnte spielen“, gibt Guardiola ganz offen zu. Deutlicher geht es kaum. Guardiola will zu der Personalie mehr dann nicht sagen. Seine Mannschaft solle sich auf die Partie konzentrieren. Die Formkurve der Münchner zeigte am Ende der Ligasaison nach unten, die des BVB nach oben. Die Bayern als Außenseiter – mal was anderes.

Der Berliner Sänger Tim Bendzko hat mit seinem Hit „Nur noch kurz die Welt retten“ den Durchbruch geschafft. Und so absurd es nach all den Rekorden und vielen Glanzleistungen in der Bundesliga klingen mag: Für die Bayern fühlt es sich nach dem 0:4 im zweiten Halbfinale der Champions League gegen Real Madrid so an, als hätten sie gegen Dortmund einen ähnlichen Auftrag. Wir müssen noch mal eben die Saison retten. „Aktuell liegt ein kleiner Schatten über der Saison“, sagt Nationalspieler Thomas Müller. „Wir müssen jetzt also schauen, dass da wieder etwas mehr Sonne durchkommt. Es ist ein Spiel, das schon über das Gesamtfazit dieser Saison entscheidet. Ein gewisser Druck ist da.“ Und Sportvorstand Matthias Sammer betont, es gelte, aus einer guten eine sehr gute Saison zu machen. Wie viel das Wort „gut“ in München wert ist, weiß jeder. Sehr wenig. Das Double sollte es schon sein bitte. Der Rathaus-Balkon ist bereits für Sonntagnachmittag reserviert. Die Erwartungen sind nach dem Triple aus der Vorsaison enorm. „Pep, die Meisterschaft ist auch schon gut. Lass Dir das nicht schlechtreden“, sagte Dortmund Trainer Jürgen Klopp zu Guardiola bei der gemeinsamen Pressekonferenz. Guardiola lächelt müde.

Sammer fordert von seiner Mannschaft im Vergleich zu den Vorwochen eine deutliche Leistungssteigerung. „Ich erwarte, dass eine Gruppe auf dem Spielfeld steht, in der jeder einzelne sagt: 'Ich sterbe für meinen Mitspieler'“, so Sammer. Große Worte vor einem großen Tag. Die Fernsehsender übertragen das 71. Pokalfinale in 189 Länder, das Stadion ist mit 74.907 Zuschauern ausverkauft. Für Dortmunds Starstürmer Robert Lewandowski ist es das Abschiedsspiel, der Pole wechselt zu den Bayern. „Von allen Fußballspielern auf der Welt wird Robert mit der Situation am gelassensten umgehen. Für sein Entree beim FC Bayern ist es viel besser, wenn er als Pokalsieger kommt“, sagt Dortmunds Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke. Klaut Lewandowski seinem neuen Arbeitgeber in seinen letzten 90 (oder 120) Minuten tatsächlich noch einen Titel? Er hat angekündigt, mit seinen Kollegen ein „Feuerwerk“ abbrennen zu wollen.

Und dann ist da vor allem die Rivalität zwischen den beiden Klubs. Es treffen die Vereine aufeinander, die vor 357 Tagen das Finale der Champions League ausspielten. Der eine Block der Nationalelf gegen den anderen – und das knapp vier Wochen vor der WM. Die Dortmunder Klubführung hat den Spielern für den Fall des Sieges angeblich eine Prämie in Höhe von 100.000 Euro pro Profi in Aussicht gestellt.

Bundestrainer Joachim Löw freut sich auf ein „großes Finale“. Bayern gegen Dortmund, we call it a Klassiker. „Es ist mit dem spanischen Clasico vergleichbar“, sagt Guardiola. Und Müller bringt die Bedeutung des Finals auf den Punkt: „Es geht auch um die Vorherrschaft in Deutschland.“

Nach einigen Wortgefechten ist der Umgang zwischen den Bossen der Klubs seit einigen Wochen so warmherzig wie der zwischen einem Zollbeamtem und einem gerade überführten Schmuggler. Und auch wenn das 3:0 der Dortmunder im Liga-Rückspiel bei den Bayern keine entscheidenden Auswirkungen auf die Meisterschaft hatte, ärgert es die Münchner noch. Und das Pokalfinale von 2012 ist sowieso unvergessen, damals demütigte der BVB den Rekordmeister mit einem 5:2, Lewandowski erzielte drei Tore. Bayern gegen Dortmund, das ist auch immer eine Sache des Stolzes.

Auf Bastian Schweinsteiger muss der Titelverteidiger verzichten, der Mittelfeldprofi fällt mit einer Knieverletzung aus. Also, gewinnt Dortmund, Herr Klopp? Antwort des Borussia-Trainers: „Auf jeden Fall geht es nicht Unentschieden aus!“

Borussia Dortmund: Weidenfeller - Piszczek, Sokratis, Hummels, Schmelzer - Jojic, Sahin - Mkhitaryan, Reus, Großkreutz - Lewandowski FC Bayern München: Neuer - Rafinha, Boateng, Dante, Alaba - Lahm, Martínez, Kroos - Robben, Müller, Götze Schiedsrichter: Meyer (Burgdorf)