Wenn am 24. Mai in Lissabon Real und Atlético aufeinander treffen, kommt es zu einem historischen Stadtderby. Doch auch die Bundesliga bringt eine Färbung in das spanische Duell um die europäische Fußballkrone.

Hamburg. Atlético gegen Real Madrid, Arbeiterclub gegen die Königlichen: Wenn am 24. Mai in Lissabon die Rivalen aus der spanischen Hauptstadt gegeneinander antreten, kommt es in der Uefa-Champions-League zu einem Novum. Nie zuvor standen sich in einem Endspiel um die europäische Fußballkrone zwei Vereine aus ein- und derselben Stadt gegenüber.

Entsprechend überschwänglich reagiert die heimische Presse auf das bevorstehende Duell. „El Pais“ freut sich auf ein „Madrider Stadt-Derby der Superlative“ und schreibt: „Die größte Atlético-Elf aller Zeiten fordert Real Madrid im Finale heraus. Das Team von Trainer Simeone überfährt Chelsea an der Stamford Bridge.“

Auch „El Mundo“ hebt den Aspekt des Stadtderbys hervor: „Madrid gewinnt die Champions League. Real war als Finalteilnehmer erwartet worden. Nun tritt im Endspiel auch Atlético in Erscheinung. Die Rot-Weißen sichern ihren Einzug ins Finale in grandioser Manier in London.“ Die Zeitung „La Razón“ erwartet in Lissabon „eine Fiesta des Madrider Fußballs“.

Die Real-getreue „Marca“ erkennt die Leistung des Rivalen an: „Atlético Madrid erteilt dem FC Chelsea eine unvergessliche Fußball-Lektion. Der Club leitet eine neue Ära ein. In dieser Saison werden die Spanier die Champions League gewinnen.“ Für das Blatt „As“ schwebt Madrid bereits jetzt „im Fußballhimmel.“

Die englischen Medien stellen indes die Pleite Chelseas gegen Atltético in den Vordergrund. „Das war exakt die Art Demütigung für einen Gegner im eigenen Stadion, vor den eigenen Fans, für die José Mourinho in seiner Karriere zu einem Spezialisten geworden ist, mit einer Ausnahme: Diesmal war er es, der sie erfahren hat“, schrieb „The Independent“ zur Niederlage des Mourinho-Teams.

Der „Daily Telegraph“ schreibt: „Vor dem Halbfinale wurde viel debattiert – über das zu viele Passen bis zum Parken des Busses im eigenen Strafraum. Aber manchmal wird die Fügung eines Spiels von Sekundenbruchteilen bestimmt, nicht von langfristigen Ideen. Innerhalb von 180 Sekunden hat sich dieses Spiel unaufhaltsam in die Richtung von Atlético gedreht.“ Für „Daily Mail“ blieb „Am Ende nichts außer Händeschütteln. Das bessere Team hatte gewonnen. Und José Mourinho wusste das.“

Die italienische „Gazzetta dello Sport“ würdigt derweil die Leistung des Außenseiters aus Madrid: „Atlético nimmt Chelsea auseinander. José Mourinho und sein Club beugen sich Atlético, dieser außerordentlichen Entdeckung der Saison.“ Der „Corriere della Sera“ sieht den Traum Mourinhos gestoppt, den europäischen Titel mit drei verschiedenen Clubs zu holen. „Madrid ist die Hauptstadt Europas.“ Und „La Repubblica“ findet: „Atlético bestätigt, vor nichts und wieder nichts Angst zu haben.“

Vier Spieler mit Bundesligaerfahrung

Überall nur Spanien? Mitnichten. Auch die Bundesliga darf sich in Lissabon ein wenig präsent fühlen. Dafür sorgen jeweils zwei Spieler auf beiden Madrider Seiten, die bereits Erfahrungen im deutschen Fußball-Oberhaus gesammelt haben.

Mit Sami Khedira darf sich sogar ein deutscher Nationalspieler ernsthafte Hoffnungen auf einen Einsatz machen. Reals lange verletztet Mittelfeldstratege könnte nach überstandenem Kreuzbandriss Xabi Alonso ersetzen, der für das Finale nach einer gelben Karte im Rückspiel gegen Bayern München gesperrt ist. Khedira wechselte 2010 für etwa 14 Millionen Euro Ablöse vom VfB Stuttgart nach Madrid und reifte dort zum Weltstar. Mit den Königlichen wurde der WM-Dritte von 2010 spanischer Meister und zweimal Pokalsieger. Im Testländerspiel in Italien erlitt Khedira im November 2013 einen Kreuzbandriss im Knie und kämpft seitdem um sein Comeback.

Ziemlich sicher auflaufen im Endspiel wird Daniel Carvajal. Der aus der Madrider Talentschmiede Castilla hervorgegangene Außenverteidiger kam 2012 zu Bayer Leverkusen in die Bundesliga. Er absolvierte für die Werkself auf Anhieb 32 Spiele, in denen er ein Tor erzielte. Durch die starken Leistungen Carvajals aufmerksam geworden, zog Real im Sommer 2013 seine Rückkaufoption und holte den heute 22-Jährigen wieder nach Madrid. Spielte im Halbfinale gegen Bayern 90 Minuten durch und ist auch im Finale gesetzt.

Bei Atlético ist den deutschen Fans vor allem noch Diego Ribas da Cunha ein Begriff. Der Brasilianer wechselte 2006 vom FC Porto zu Werder Bremen, wo er in drei Jahren 38 Treffer in 84 Spielen erzielte. Nach einem einjährigen Intermezzo bei Juventus Turin holte ihn Felix Magath zum VfL Wolfsburg. Weil er vor dem letzten Saisonspiel das Mannschaftsquartier verließ, wurde der begnadete Mittelfeldspieler 2011 vom Coach ausgemustert und an Atletico Madrid abgegeben. Nach Auslaufen des Leihvertrages kehrte der Brasilianer zur Saison 2012/13 zum VfL zurück. Am 31. Januar dieses Jahres kehrte er zu Atletico zurück, hat aber keinen festen Platz im Team von Diego Simeone.

Ebenfalls Ergänzungsspieler bei Atlético ist José Ernesto Sosa. Der Argentinier kam 2007 zu Bayern München, konnte sich aber keinen Stammplatz erkämpfen und wurde im Oktober 2009 an seinen Heimatclub Estudiantes de la Plata ausgeliehen. Danach kehrte er zu Saisonbeginn 2010/11 ins Training der Bayern zurück, ehe er kurz vor Ende der Transferphase zum SSC Neapel wechselte. Anfang 2014 lieh Metalist Charkow Sosa an Atletico aus. Der Ergänzungsspieler wurde im Halbfinale beim FC Chelsea in der 76. Minute eingewechselt.