Die Superstars Zlatan Ibrahimovic und Cristiano Ronaldo kämpfen für Schweden und Portugal um das WM-Ticket. Nur einer der Ausnahmekönner wird bei der WM in Brasilien sein. Freitag kommt es zum Showdown.

Lissabon. Der Strand des Königs, natürlich. An der Praia d’el Rey, 100 Kilometer nördlich von Lissabon, übt Portugals Fußball-Nationalmannschaft für den großen Tag. Seine Majestät Cristiano Ronaldo ist seit Montag da. Um 14.58 Uhr kabelten die Medien des Landes die Ankunft des Heilsbringers auf der Hotel- und Sportanlage durchs Land. Drei uniformierte Polizeibeamte eilten herbei, als der sonnenbebrillte Posterboy in verwaschenen Jeans, weißem Hemd, hellbrauner Lederjacke und mit glitzernden Clips an den Ohren eigenhändig sein Gepäck aus dem Wagen lud.

Zlatan Ibrahimovic erklomm am selben Tag in Anzug und Krawatte die Bühne in der Stockholmer Veranstaltungshalle Ericsson Globe, um unter großem Beifall zum achten Mal den goldenen Ball für Schwedens Fußballer des Jahres in die Pranken zu schließen. In Trainingsklamotten war er auch zu sichten, live im Internet bei der bunten Zeitung „Aftonbladet“, die eine „Zlatan-Cam“ auf den Nationalhelden richtet. Jetzt gibt es aber nichts mehr zu filmen. Erstens, weil er sich schont. Das linke Knie, hört man, nichts Schlimmes, reine Vorsichtsmaßnahme. Und zweitens, weil das Drei-Kronen-Team nun nur noch hinter verschlossenen Toren probt. Untypisch für den schwedischen Verband, der Einnahmen aus der WM-Teilnahme gut brauchen könnte. Die neue Friends-Arena ist ein gigantisches Verlustgeschäft.

Es steht viel auf dem Spiel, wenn am Freitag (20.45 Uhr, Zusammenfassung im ZDF nach dem deutschen Länderspiel) im Lissaboner Estådio da Luz (Stadion des Lichts) und am Dienstag im Stockholmer Vorort Solna in der „Arena der Freunde“ Portugiesen und Schweden um ein Ticket für die Weltmeisterschaft kämpfen. Cristiano oder Zlatan, es kann nur einen geben im Juni und Juli 2014 in Brasilien.

Es ist der Hahnenkampf des Jahres. Hier Modellathlet und Mannequin Ronaldo, 28, Markenzeichen „CR7“, von der Insel Madeira, als Kind auf dem Festland wegen seines drolligen Akzents gehänselt. Dort Ibra, der Schreckliche, 32, 1,95 Meter, 95 Kilo, Schuhgröße 47, tätowiert, die langen Haare zum Knoten gebunden, Sohn einer Kroatin und eines Bosniers, in Malmö geboren, später Fahrraddieb dort. Beide sind ein Stück weit Egomane, der eine schmollt mal, der andere reißt den Mund auf, aber sie sind gereift und nun auch Kapitäne ihrer Teams.

Fantastische Fußballer, derzeit Europas treffsicherste. Ronaldo hat in 20 Spielen mit Real Madrid und der Seleçao (Auswahl) 28 Tore erzielt, Ibrahimovic mit Paris Saint-Germain und dem Drei-Kronen-Team 20 in 20. Bei den jüngsten vier Auftritten jubelte der Portugiese neun-, der Schwede achtmal; am Wochenende schossen sich beide per Hattrick in Laune. Sie sind in der Form ihres Lebens. Und das ist nötig.

„Diesmal braucht Portugal den besten Ronaldo“, steht in „Record“, einer der Sporttageszeitungen im Land des WM-Schützenkönigs von 1966, Eusébio. Am Rand Europas träumt das gekenterte Seefahrervolk von der „Reconquista“, der Wiedereroberung der blühenden Kolonie Brasilien mit friedlichen Mitteln. Das Fußballfest im Bruderland zu verpassen wäre ein nationales Drama. Und für den Weltstar Ronaldo ein Karriereknick.

Die Rollen sind verteilt. Schwedens Trainer Erik Hamrén sagt: „Portugal ist der klare Favorit, wir sind Außenseiter.“ Schließlich scheiterten Ronaldo und Co. bei der Europameisterschaft 2012 erst im Halbfinale in Elfmetern an Spanien. Play-offs sind die Rot-Grünen auch gewöhnt, zuletzt wurde zweimal Bosnien aus dem Umweg geräumt. Manche Portugiesen spotten selbstironisch, die Seleçao sei der Spiegel der Nation, die harte Arbeit bis zuletzt aufschiebt. Aber der Job wird erledigt.

Man ist vorsichtig optimistisch. Doch wenn im Stadion des Lichts das 1:0 nicht fallen will, wird sich düstere Nervosität breitmachen. Und wenn dieser fürchterliche Wikinger vom Balkan ein Knallbonbon für Rui Patricio zündet, werden viele an den Sonnabend denken, als Sportings Torwart an Ort und Stelle im Derby gegen Benfica wieder schwer danebengriff.

„Sie haben mehr Druck als wir“, sagt Mittelfeldspieler Kim Kallström. Schwedens Vertretung wird mauern, um Ronaldo keinen Raum zum Rennen zu geben; und die Kugel dann zum Boss fliegen lassen, für den der Fußballplatz auf die Masse eines Handballfelds zu schrumpfen scheint, er kann den Fallrückzieher von der Mittellinie. Der Zweikampf mit Portugals Pitbull Pepe dürfte titanisch ausfallen. Ibrahimovic, mit 32 Jahren vor der vermutlich letzten WM-Chance, ist derzeit Schütze oder Vorbereiter der Hälfte aller Tore der Nationalelf. Dann grinst er breit wie von den Briefmarken, die die Post zur weiteren Aufmunterung jetzt in Stockholm enthüllte.

Flügelstürmer Ronaldo dagegen produziert mit Portugal oft weniger als mit Real Madrid. Es fehlt ein Weltklasse-Angreifer an seiner Seite. Der oft etwas verdruckst wirkende Trainer Paulo Bento muss weiter auf die alternden Helder Postiga oder Hugo Almeida, einst Werder Bremen, setzen.

Sverige hat viel zu gewinnen, Portugal eine Menge zu verlieren. Ibrahimovic oder Ronaldo? Nur einer kann König sein an den Stränden Brasiliens.