Aus Protest gegen die geplante Reichensteuer wird der französische Fußball den ersten Streik seit 1972 durchziehen. Ein Schlichtungstreffen mehrerer Clubchefs mit Präsident Hollande endet ergebnislos.

Paris. Rien ne va plus: Im Konflikt um die Reichensteuer haben sich die Regierung und der Profi-Fußball in Frankreich nach einem gescheiterten Schlichtungstreffen in eine Sackgasse manövriert. Präsident François Hollande empfing zwar am Donnerstag im Pariser Élysée-Palast Vereins- und Verbandsvertreter und hörte sich auch deren Klagen an. Er weigerte sich aber, den Fußball von der geplanten 75-prozentigen Abgabe auf Einkommen von mehr als einer Million Euro pro Jahr, die alle Firmen des Landes ab 2014 zwei Jahre lang zahlen sollen, zu verschonen.

Auch die Gegenseite blieb hart. Den für Ende November angekündigten Streik werde man nun auch durchziehen, teilte der Chef der Vereinigung der Proficlubs (UCPF), Jean-Pierre Louvel, mit. In der Öffentlichkeit konnte Hollande mit seinem „nein“ nach den jüngsten Vorwürfen über Führungsschwäche endlich wieder punkten. „Das Schicksal einiger Stars des Fußballs, von denen einige mehr als fünf Millionen Euro pro Jahr verdienen, hat die Öffentlichkeit noch nie gerührt“, schrieb sogar der konservative „Figaro“ am Freitag.

Erster Streik seit 1972 im französischen Profifußball

Die zwischen dem 29. November und dem 2. Dezember angesetzten Spieltage in der ersten und zweiten Liga fallen somit aus. Die ungewöhnliche Protestaktion wird von den Vereinen nicht Streik, sondern „weißer Spieltag“ genannt. Es wäre aber in der Praxis die erste Arbeitsniederlegung im französischen Fußball seit 1972. Seinerzeit hatten die Spieler für mehr Rechte gestreikt.

Die UCPF hatte gehofft, dass Hollande Zugeständnisse machen und beim Fußball zumindest die bereits abgeschlossenen Verträge von der Reichensteuer ausschließen würde. Es kam aber ganz anders. Die Notwendigkeit der Sanierung des Staatshaushalts rechtfertige es „völlig“, dass man den Unternehmen, die solch hohe Gehälter zahlen wollten, Opfer abverlange, heißt es in einer Regierungsmitteilung. Doch das letzte Wort ist nicht unbedingt gesprochen. Französische Medien befürchten, dass die Clubs es nicht bei einem Streik belassen werden. Louvel hatte bereits vor einigen Tagen versichert, man werde „so lange kämpfen, bis die Reichensteuer fallengelassen“ wird.

„Wenn gestreikt wird, werden wir uns alle verstecken“

Der von einer schweren Finanzkrise erschütterte Fußball der „Grande Nation“ bangt um seine Zukunft. Die Reichensteuer werde Mehrausgaben von 44 Millionen Euro pro Jahr verursachen, schätzen die Vereine. Dabei habe man allein in der Saison 2011/12 ein Defizit von insgesamt 108 Milliarden Euro aufgebaut. Die UCPF warnt, beim EM-Gastgeber 2016 werde die Einführung der Reichensteuer „dramatische Folgen“ haben. Laut Medien könnten in der Tat nur AS Monaco und Paris SG dank ihrer jeweiligen Besitzer aus Russland und Katar die Mehrausgaben stemmen, ohne ums Überleben kämpfen zu müssen.

Eine der großen Fragen ist nun, wie die französischen Fans reagieren, die dem Fußball drei Jahre nach dem Trainingsstreik der „Bleus“-Kicker um Bayern-Star Franck Ribéry bei der WM 2010 in Südafrika immer noch sehr kritisch gegenüberstehen. Bislang zeigten sich nicht einmal die Spieler um Paris-Topverdiener Zlatan Ibrahimovic (15 Mio Euro pro Jahr), um deren Geld es ja im Prinzip geht, offen solidarisch mit ihren Clubbossen. Trainer Pascal Dupraz von Erstligist Évian TG sagte sogar, er sei „überhaupt nicht einverstanden“ mit dem Streik. „Wenn gestreikt wird, werden wir uns alle verstecken, wirklich verstecken müssen.“ Viele Franzosen bekämen nur den Mindestlohn und müssten ja auch Steuern zahlen.