Borussia Dortmunds Trainer hatte beim 1:2 in Neapel dem vierten Schiedsrichter aus nächster Nähe ins Gesicht geschrien und war deshalb auf die Tribüne geschickt worden. Die Niederlage nimmt Klopp auf seine Kappe.

Neapel. Borussia Dortmund hat seinen Auftakt in die neue Champions-League-Saison gründlich verpatzt. Der Vorjahresfinalist und aktuelle Tabellenführer der Fußball-Bundesliga verlor beim SSC Neapel nicht nur das Spiel (1:2), sondern auch gleich drei Hauptakteure.

Erst musste Trainer Jürgen Klopp nach einem heftigen Ausraster auf die Tribüne, dann humpelte Verteidiger Mats Hummels verletzt vom Platz und schließlich musste auch Ersatzkapitän Roman Weidenfeller vorzeitig runter - der Torhüter sah kurz vor dem Pausenpfiff nach einem Handspiel außerhalb des Strafraumes die rote Karte.

Nach dem Spiel interessierte vor allem das aufbrausende Verhalten Klopps - für das sich der Coach auch umgehend bei den Schiedsrichtern entschuldigte: „Ich mach da draußen ‘nen Affen, das geht nicht. Ich bin über das Ziel hinausgeschossen, das war völlig doof“, sagte Klopp nach dem Abpfiff im ZDF.

Er war nach 30 Minuten von Schiedsrichter Pedro Proenca (Portugal) auf die Tribüne verwiesen worden, nachdem er dem vierten Offiziellen aus nächster Nähe ins Gesicht geschrien hatte.

„Ich habe mich bei der Mannschaft schon entschuldigt, beim Schiedsrichter und beim vierten Offiziellen. Ich habe das falsch eingeschätzt“, sagte Klopp: „Meine rote Karte, diesen Schuh muss ich mir anziehen, das war natürlich blöd. Das hat Hektik reingebracht bei uns, unnötig.“

Klopp hatte sich echauffiert, weil Proenca den angeschlagenen Verteidiger Neven Subotic nach einer Behandlung am Spielfeldrand seiner Meinung nach Sekunden vor dem 0:1 durch Gonzalo Higuain (29.) zu spät wieder auf das Spielfeld gelassen hatte.

„Das werde ich nie verstehen: Der Arzt hat alles zugetackert, ein bisschen Vaseline draufgeschmiert, damit es nicht weiter blutet. Ich bin mir nicht sicher, was der Vierte Offizielle gesehen hat“, sagte Subotic und zeigte damit Verständnis für die Reaktion seines Trainers.

Dieser muss jetzt trotz seiner Entschuldigung bei Proenca und beim Vierten Offiziellen, den er verbal heftig attackiert hatte, wohl ein Nachspiel von der Europäischen Fußball-Union (Uefa) fürchten.

Für die Zukunft gelobte Klopp Besserung: „In der Bundesliga ist schon lange nichts mehr passiert, vielleicht war"s jetzt das eine Mal Champions League. Wenn ich jetzt sage, es passiert nicht mehr, denken die Leute vielleicht, ich habe einen Lattenschuss. Ich wollte es nicht mehr machen, habe es trotzdem gemacht. Ich habe die Konsequenz tragen müssen, das fühlt sich nicht gut an. Aber wir müssen besser, wir können besser, wir werden besser“, sagte der 46-Jährige bei Sky.

Leichte Entwarnung bei Hummels

Bei Hummels konnte Klopp indes immerhin eine erste Entwarnung geben. Der Nationalspieler muss nach seiner verletzungsbedingten Auswechslung anscheinend keine längere Pause befürchten.

„Er hat einen Schlag in den Rücken bekommen, auf den Ischias-Nerv. Er hat immer noch starke Schmerzen, ich gehe aber davon aus, dass es relativ schnell besser werden wird“, sagte Klopp nach dem Abpfiff bei Sky.

Ein gebrauchter Tag war es für die Borussen aber trotzdem. „Die Stimmung ist jetzt sicher durchwachsen, es gibt aber auch positive Aspekte. Ohne die rote Karte, die Verletzung und meine rote Karte wäre hier etwas drin gewesen. Das war vielleicht der Hinweis, den wir gebraucht haben“, sagte Klopp.

Stadion San Paolo brodelte

Insgesamt war es ein gründlich missratener Start in die neue Saison der Königsklasse. Der Dortmunder Treffer vor 55.766 Zuschauern fiel durch ein Eigentor von Juan Zuniga (87.). Danach hätte der BVB allerdings sogar fast noch den Ausgleich erzielt.

Gonzalo Higuain per Kopf (29.) und Lorenzo Insigne mit einem Freistoß (67.) besiegelten die Niederlage der Westfalen, die spätestens ab der 45. Minute auf verlorenem Posten standen.

„Nach den ersten 15 Minuten bis zur Halbzeit, das war ein Film. Wir waren leider im falschen. Es ist alles passiert, was gegen uns passieren kann. Da wird’s schwer in der Champions League mit einem Mann weniger“, sagte Nuri Sahen.

Im brodelnden San Paolo, dessen Ränge schon 90 Minuten vor Anpfiff fast komplett gefüllt waren, begann Dortmund mit dem Selbstvertrauen aus fünf Siegen in fünf Bundesliga-Spielen kühl und abgeklärt, hatte zunächst sogar mehr vom Spiel. Das änderte sich aber ab der zehnten Minute, als der Druck des italienischen Tabellenführers immer stärker wurde. Erstmals gefährlich wurde es in der 13. Minute, als Insigne den Ball aus spitzem Winkel knapp am rechten Pfosten vorbeizog.

Für den 2013 zu Hause ungeschlagenen SSC war Insignes Schuss eine Art Weckruf. Während der BVB immer weiter in die eigene Hälfte gedrückt wurde und sich zudem mit unnötigen Ballverlusten in Gefahr brachte, zog Neapel mit blitzartigem Umschaltspiel den erwarteten Vollgas-Fußball auf. Nur einem gewagten Tackling von Innenverteidiger Neven Subotic gegen Higuain war es zu verdanken, dass der BVB nicht in Rückstand geriet (13.).

Dortmund zeigte Moral

Dortmund löste sich in der Folge nur selten aus der Umklammerung, wäre aber beinahe in Führung gegangen: Ein Angriff über Hummels und Marco Reus landete bei Robert Lewandowski, der im Abschluss aus kurzer Distanz an Pepe Reina scheiterte (26.). Das Tor fiel wenig später auf der Gegenseite. Nach einer Flanke von Juan Zuniga setzte sich der von Real Madrid gekommene Higuain gegen Marcel Schmelzer durch und ließ Weidenfeller keine Chance.

Anschließend kam es knüppeldick: Erst schickte Schiedsrichter Proenca Klopp nach dessen Wutausbruch auf die Tribüne. Nach Ansicht des BVB-Trainers hatte der Unparteiische Subotic vor dem Gegentor nach einer Behandlung zu spät auf das Feld gelassen. Eine Minute vor der Pause musste Innenverteidiger Hummels verletzt den Platz verlassen, für ihn kam der offensive Pierre-Emerick Aubameyang, Sven Bender rückte in die Viererkette. Sekunden später flog Weidenfeller vom Platz, für ihn kam Mitch Langerak.

Nach der Pause kämpfte der BVB im strömenden Regen tapfer, aber vergeblich. Der mit neun Spielern aus der Wembley-Mannschaft angetretene Bundesligist überließ dem Ex-Klub von Diego Maradona fast zwangsläufig das Geschehen und hoffte auf einen „Lucky Punch“. Chancen hatten aber zunächst nur die Italiener: Der Argentinier Higuain (59.), einer von drei Neuzugängen von Real, und der auffällige Insigne (62.) vergaben für die Mannschaft des ebenfalls neu verpflichteten Trainers Rafael Benitez.

Die letzten Hoffnungen zerstörte Insigne, der einen Freistoß aus über 25 Metern unter die Latte hämmerte und Langerak keine Chance ließ. Immerhin zeigte der BVB Moral und erarbeitete sich noch Chancen, in der 70. Minute traf der Gabuner Aubameyang die Latte.

Statistik

Neapel: Reina – Maggio, Albiol, Britos, Zuniga – Inler, Behrami – Callejon, Hamsik (90.+2 Mesto), Insigne (73. Mertens) – Higuain (78. Pandev). – Trainer: Benitez

Dortmund: Weidenfeller – Großkreutz, Subotic, Hummels (45.+1 Aubameyang), Schmelzer – Sahin, Sven Bender – Blaszczykowski (45.+3 Langerak), Mchitarjan (76. Hofmann), Reus – Lewandowski. – Trainer: Klopp

Schiedsrichter:Pedro Proenca (Portugal)

Tore: 1:0 Higuain (29.), 2:0 Insigne (67.), 2:1 Zuniga (87., Eigentor)

Zuschauer: 55.766

Beste Spieler: Großkreutz, Mchitarjan – Higuain, Insigne

Rote Karte: Weidenfeller wegen Handspiels außerhalb des Strafraums (45.+1)

Gelbe Karten: Behrami, Britos, Insigne – Schmelzer

Erweiterte Statistik (Quelle: impire):

Torschüsse: 17:17

Ecken:8:3

Ballbesitz: 55:45 Prozent