Eine neue Mannschaft soll dem deutschen Frauenfußball bei der EM in Schweden zu alter Größe verhelfen. Start gegen die Niederlande

Växjö. Es ist Zeit für einen Neustart. Während andere Sportarten außer dem Männerfußball ins mediale Abseits gestellt werden, spielten die deutschen Fußball-Frauen an diesem Donnerstag wieder zur besten Sendezeit bei den öffentlichen-rechtlichen Fernsehanstalten auf. Das erste Gruppenspiel der DFB-Frauen bei der Europameisterschaft in Schweden gegen die Niederlande ist zur besten Sendezeit um 20.30 Uhr angesetzt worden. Das ZDF überträgt live – wie auch die zweite Partie gegen Island am Sonntag. Dabei kämpft der deutsche Frauenfußball zwei Jahre nach der Weltmeisterschaft im eigenen Land, die mit dem Aus im Viertelfinale gegen den späteren Weltmeister Japan endete, um Aufmerksamkeit. „Mit der EM hat das Interesse wieder etwas angezogen“, sagt DFB-Teammanagerin Doris Fitschen.

Andere Sportarten im Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) ärgern sich über die Luxusbehandlung für die DFB-Frauen, weil sie selbst von den TV-Anstalten links liegen gelassen werden. Die Fußballerinnen profitieren von der Verhandlungsmacht des DFB, der von den Fernsehsender verlangt, dass sie neben der Männer-Nationalelf auch das Frauenteam zeigen müssen.

Das neue Team von Bundestrainerin Silvia Neid könnte ein höheres Begeisterungspotenzial besitzen als die verunsicherte WM-Elf von 2011. Junge Talente haben die Plätze der zurückgetretenen oder verletzten Spielerinnen eingenommen. Beim letzten Testspiel, dem 4:2 gegen Weltmeister Japan vor 46.000 Zuschauern in München, trumpfte das Team frech und frisch auf. Die Spielerinnen stehen vor dem Sommer ihres Lebens.

Die Frauen-WM mit Einschaltquoten von bis zu zwölf Millionen Zuschauern war eine kurze Liebe. Danach sahen nur noch zwei Millionen Fernsehzuschauer Länderspiele. Auch die Bundesliga landete in der Normalität einer Amateursportart. Zu den Spielen kamen 40 Prozent mehr Zuschauer, doch das waren nur rund 350 Besucher pro Partie, da der Schnitt nur um die 1000 liegt. Einige Vereine gerieten in Not, der HSV zog sein Bundesligateam zurück.

Duisburgs Aufsichtsratsvorsitzende Ferdi Seidelt sprach von einer „explosionsartigen Entwicklung“ durch die WM, die der Sportart nicht gutgetan habe. Die FCR-Spielerinnen hätten durch die WM befristet mehr als 30 Werbeverträge bekommen, wollten danach nicht mehr für das gleiche Geld spielen. „Der Frauenfußball ist ausgereizt“, hatte Bernd Schröder, der Trainer von Turbine Potsdam, nach der WM gewarnt. „Man sollte nicht in Sphären schweben, die illusorisch sind.“

Dass die Nationalelf neu besetzt ist, wurde forciert durch eine Verletzungsserie, die sechs Spielerinnen die EM-Nominierung kostete, darunter die frühere Hamburgerin Kim Kulig. Nun ist das Team ein Talentschuppen, muss aber nach dem Selbstverständnis des Verbands den sechsten EM-Titel seit 1995 holen. Das Armband „Laganda 008“, das jede Spielerin erhielt, steht für das schwedische Wort für Teamgeist und den insgesamt achten Triumph, der am 28. Juli eingefahren werden soll.

Als die DFB-Frauen am 3. Juli 1993 mit 1:3 gegen Dänemark zum letzten Mal ein EM-Spiel verloren, waren Spielerinnen wie Sara Däbritz, Melanie Leupolz und Lena Lotzen noch gar nicht geboren