Robben und Pizarro haben sechs Treffer gegen den HSV erzielt. Gegen Turin droht beiden trotzdem die Bank

München. Ein Wunder, dass ihn noch kein Filmproduzent entdeckt hat. Til Schweiger, Bully Herbig, Fatih Akin, offensichtlich übersehen alle Arjen Robbens Wandlungsfähigkeit. Zumindest haben sie ihm bislang keine Rolle angeboten. Dabei kann der Offensivstar so viele übernehmen, das beweist er beim FC Bayern. Mal war er der Egoist. Dann der Teamplayer. Stammspieler. Joker. An Fasching war er Pirat. Zuletzt Spieltags-Gewinner. Sogar in einen Trainer kann er sich hineindenken: "Wenn ich jetzt gerade Trainer wäre, wüsste ich genau, was ich machen würde", sagt Robben. Er würde Arjen Robben gegen Juventus Turin aufstellen.

Am Dienstag (20.45 Uhr, Sky) empfangen die Bayern im Hinspiel des Viertelfinals der Champions League den italienischen Topclub. Der herausragende Tabellenführer der Bundesliga gegen den herausragenden Tabellenführer der Serie A. Bastian Schweinsteiger gegen Andrea Pirlo, die nach Titeln lechzenden deutschen Nationalspieler gegen italienische Weltmeister von 2006.

Robben hat die Ostertage genutzt, um Argumente für eine Hauptrolle am Dienstag zu sammeln. Erst hat er gut trainiert, dann sehr gut gespielt. Beim 9:2 gegen den Hamburger SV erzielte der Niederländer zwei Tore, bereitete einen Treffer vor und war an nahezu jedem Angriff beteiligt. "Genau so ein Spiel habe ich gebraucht. Ich habe das Gefühl, dass ich richtig da bin", sagt der 29-Jährige. Juventus verfüge über eine sehr gute Defensive, "da brauchen wir Schnelligkeit und Überraschungen." Übersetzt: da brauchen wir mich! Doch es nützt nichts: Ihm bleibt wohl nur die Nebenrolle, für die Hauptrolle sieht Heynckes Thomas Müller vor.

Je wichtiger die Spiele werden, je schwerer kann Robben damit leben. Im Club ist zu spüren: Jetzt beginnt die Phase der Saison. Im April entscheidet sich, ob im Mai und Juni die Titel gelingen können. Je nach Erfolg stehen dem Rekordmeister in den nächsten fünf Wochen bis zu zehn Partien bevor.

Der ausgeglichene und große Kader des FC Bayern hat zwei Seiten: In den vergangenen Monaten hat er geholfen, der Belastung aus drei Wettbewerben standhalten zu können. Jetzt sorgt er dafür, dass es Härtefälle gibt. Geht es nach der Form, müsste Heynckes im offensiven Mittefeld fünf Spieler einsetzen: Robben, Müller, Franck Ribéry, Toni Kroos und den gegen den HSV sehr guten Xherdan Shaqiri. Geht nicht, also müssen Stars auf die Bank. "Das ist für den Trainer nicht leicht. Ich möchte nicht mit ihm tauschen", sagt Müller.

Heynckes wird aller Voraussicht nach gegen Juventus auf ihn, Ribéry und Kroos setzen. Dass für Robben kein Platz ist, könnte Ärger geben, Heynckes sagt präventiv: "Ich habe vier Topspieler auf den Außenpositionen und drei Torjäger. Davon kann ich nur drei aufstellen. Das hat jeder zu akzeptieren!"

Ex-Bayern Trainer Ottmar Hitzfeld meint, dass es für Robben ab Sommer noch schwerer wird in München. Dann heißt der Trainer Pep Guardiola, und ob Robben in dessen System passt, bezweifelt Hitzfeld. Er rechne damit, dass der Niederländer den Club verlässt - trotz Vertrags bis 2015. Galatasaray Istanbul und Inter Mailand sollen an ihm interessiert sein. Robben sagt: Mir egal, ich plane keinen Wechsel.

Mit Claudio Pizarro verstand er sich gegen den HSV ohne Blickkontakt, sie waren das Offensivduo des Spieltags. Stürmer Pizarro erzielte erstmals in seiner Karriere in einer Partie vier Tore, zwei bereitete er vor. An sechs Treffern beteiligt - das war zuletzt 2001 der damalige Stuttgarter Ioan Ganea.

Fußball aus dem Lehrbuch, lobt Heynckes. Weltklasse, lobt Clubchef Karl-Heinz Rummenigge. Obwohl Pizarro ihn mit seinen nun 164 Treffern in der Liste der besten Bundesligatorschützen von Platz zehn verdrängt hat. Pizarro sagt lachend: "Ich hoffe, er ist nicht böse. Es war eines der besten Spiele meiner Karriere. Natürlich würde ich gern gegen Juventus spielen."

In der Liga-Rückrunde hatte Heynckes ihn bis zum Wochenende nur drei Mal eingewechselt. Nun fragen sich alle: Kann der Trainer Pizarro in dieser Form draußen lassen? Heynckes war doch selbst Stürmer. Hätte er damals vier Tore geschossen und in der nächsten Partie nicht gespielt, hätte er seinem Trainer einen Vogel gezeigt. Oder?

"Mein Trainer hätte nie darüber nachgedacht, mich auszutauschen", sagt Heynckes und schmunzelt. "Weil wir damals keine gleichwertigen Alternativen hatten." In Mario Mandzukic und Mario Gomez hat er diese heute.

Vier Tore hin oder her, Pizarro dürfte wohl gegen Juve nur Joker sein: "Es ist erfreulich, dass ich immer Optionen habe, von außen nachzulegen."

In München sind sie sich aber einig: So leicht wie gegen den HSV wird es lange nicht mehr. "Wenn wir am Dienstag auch neun Tore schießen", sagt Arjen Robben, "dann darf Juventus meinetwegen auch zwei Tore köpfen."