Nach dem 1:0-Brustlöser gegen Dortmund hoffen die Bayern jetzt auf den Durchmarsch in Meisterschaft, Pokal und Champions League.

München. Ja und? Was soll er jetzt mit diesem Sieg? Matthias Sammer macht auf ratlos. "Du kannst nicht auf die Autogrammkarten drucken: 'Viertelfinale, Heimspiel gewonnen'", so der Sportvorstand des FC Bayern nach dem 1:0 (1:0) gegen Borussia Dortmund im DFB-Pokal. Er ist ja erst seit Sommer im Verein und habe die vielen Niederlagen gegen den BVB nicht direkt erlebt, "scheinbar war der Sieg wichtig". Sammer schmunzelt. Er weiß genau, wie wichtig.

Der FC St. Pauli hat nach einem großen Sieg gegen die Münchner mal T-Shirts produzieren lassen: "Weltpokalsiegerbesieger" stand drauf. Verkauften sich fast so gut wie Heinos neues Album. Also könnten sich die Marketingleute beim Rekordmeister doch auch was einfallen lassen. "Angstgegnerbesieger" oder "Vormachtstellungswiederhersteller" würde passen. Elf Millionen Zuschauer an den Fernsehbildschirmen und 71.000 im Stadion sahen: Die Bayern sind derzeit das Nonplusultra. Die Stimmung in der Arena war so gut, dass die Vereinsbosse den Fans am Donnerstag per Mitteilung dankten.

Sammer hat ja recht, dieses 1:0 bringt keinen Pokal. Und doch war es ein großer Sieg für die Münchner. Oft ist eben das wichtiger, was nicht auf der Autogrammkarte steht. Das Gefühl bedeutender als der Fakt. So ist es gerade beim FC Bayern. Der Klub fühlt sich wieder als Nummer eins in Deutschland. Endlich darf er das wieder. "Ein Super Gefühl", schreibt Nationaltorwart Manuel Neuer auf seiner Facebook-Seite.

"In diesem Spiel ging es um die Vormachtstellung im deutschen Fußball. Wir haben sie zurück, die Verhältnisse sind eindeutig geklärt", freut sich Uli Hoeneß. Spürt der Klubpräsident Genugtuung? Nachdem sein FC Bayern endlich dem Gegner wehgetan hat, der ihm zuletzt so oft wehgetan hatte? "Überhaupt nicht. Wir haben einiges dafür getan, in Deutschland wieder oben zu sein. Für uns war es gut, dass so ein Verein gekommen ist. Er hat uns auf ein anderes Level geführt."

Hoeneß ist erkältet, ihm war anzumerken, wie der Erfolg zu seiner Genesung beiträgt. Zufrieden ging er mit seiner Frau Susi durch die Katakomben des Stadions und erklärte, warum der erste Sieg gegen die Borussia nach sechs erfolglosen Partien in Liga und Pokal so verdient war: "Unsere Mannschaft hat in der ersten Halbzeit teilweise perfekten Fußball gespielt."

Der FC Bayern dominierte die Partie. Und darf sich sagen: Ja, wir haben eine realistische Chance auf das Triple. Nicht nur, weil der FC Barcelona, der Inbegriff der spanischen Dominanz im Fußball, das Achtelfinalhinspiel in der Champions League beim AC Mailand 0:2 verloren hat. Viel mehr als die Schwäche der anderen macht die eigene Stärke den Bayern Hoffnung. Sogar Tiefstapler Sammer will und kann nicht mehr kokettieren. Er habe eine Achse gesehen, die sei "Weltklasse". Nämlich Neuer, Abwehrchef Dante und Kapitän Philipp Lahm, zudem lobte Sammer Mittelfeldstratege Bastian Schweinsteiger und Offensivstar Arjen Robben: "Bastian hatte eine Ausstrahlung, die gezeigt hat: An mir kommt keiner vorbei." Der zuletzt oft überragende Franck Ribéry fehlte gesperrt - und es fiel überhaupt nicht auf.

Die 93 Minuten gegen Dortmund liefern den Münchnern Erkenntnisse. 1. Die Mannschaft kann in dieser Saison mit Druck sehr gut umgehen. 2. Die Expertenkritik hat Schweinsteiger offensichtlich noch besser gemacht. 3. Javi Martinez wird immer stärker. 4. Robben kann noch solche Tore schießen wie vor seinen Verletzungen. 5. Trainer Jupp Heynckes hat nun auch gegen Dortmund die richtige Taktik gefunden.

Wer soll diese Bayern eigentlich aufhalten?

"Wir haben vor der Saison gesagt, dass die Titel nur über Dortmund gehen. Wir sind voll im Soll", sagt Kapitän Lahm. Und in der Champions League? "Da ist es noch ein weiter Weg. Wenn wir auf diesem Niveau weiterspielen, sind wir schwer zu schlagen."

Nur Robben ärgerte sich nach dem Abpfiff - weil er zur Dopingprobe musste und nicht mit der Mannschaft feiern konnte. Erst nach Mitternacht fuhr er nach Hause. Zuvor sagte der Niederländer einen Satz, der für die Konkurrenz wie eine Drohung klingen muss: "Ich kann noch viel besser spielen."

Sammer gefällt dieses Selbstvertrauen. Man solle jetzt aber noch nicht von Erfolg oder einer großartigen Saison reden. " Man kriegt, was man verdient hat. Wir wollen weiter am Verdienen arbeiten", betont der Sportvorstand. Damit die neuen Autogrammkarten ihm auch gefallen.