Wolfsburger Spielerrat spricht sich gegen den Trainer aus. Dieses Amt übernimmt vorerst Köstner. Manager könnte Nerlinger werden.

Wolfsburg/Hamburg. Vier Niederlagen in Serie mit 0:10 Toren, dazu der blutleere Auftritt am vergangenen Sonnabend beim 0:2 gegen den SC Freiburg, waren bei aller bekundeten gegenseitigen Sympathie am Ende zu viel. Am Donnerstagmittag, nach fünf Tagen des Zauderns, wurde Trainer Felix Magath, 59, beim VfL Wolfsburg, dem Tabellenletzten der Fußball-Bundesliga, entlassen. VW-Chef Martin Winterkorn, der erst am Mittwochabend von einer Dienstreise aus Brasilien zurückgekehrt war, hielt nach eingehender Analyse alle anderen Maßnahmen für ausgeschöpft. "Der Aufsichtsrat des VfL Wolfsburg und Felix Magath sind heute übereingekommen, die Zusammenarbeit zu beenden", hieß es in der Erklärung des Klubs. Demnach habe Magath gebeten, "ihn von seinen Pflichten zu entbinden, da er nicht möchte, dass der Verein, der ihm weiter sehr am Herzen liegt, in Mitleidenschaft gezogen wird".

Aufsichtsratschef Franciso Javier Garcia Sanz lieferte später weitere Hintergründe: "Wir sind heute Morgen gemeinsam zum Schluss gekommen, dass es besser ist, wenn sich unsere Wege trennen." Der Spielerrat hatte sich zuvor mit 5:1 Stimmen gegen Magath ausgesprochen. Nur Torhüter Diego Benaglio votierte für ein Verbleiben des beim Großteil der Mannschaft unbeliebten Trainers. Erst im Sommer hatten die Wolfsburger den Vertrag mit Magath vorzeitig bis Mitte 2015 verlängert. Über eine Abfindung verhandeln jetzt die Anwälte. Magath, das war aus VW-Kreisen zu hören, werde nicht auf der vollen Vertragssumme bestehen. Als Trainer und Manager verdiente er rund sechs Millionen Euro im Jahr.

Nachfolger wird als Interimstrainer Lorenz-Günther Köstner, der bislang die Regionalligamannschaft betreute. Wenige Stunden nach der Trennung von Magath leitete der 60-Jährige um kurz nach 16 Uhr das Training, begleitet vom Beifall von etwa 100 Zuschauern. Am Sonnabend spielt der VfL Wolfsburg bei Fortuna Düsseldorf. Köstner hatte bereits 2010 für 15 Spiele das Bundesligateam betreut und dabei acht Siege geholt. Bei der Suche nach einem neuen Chefcoach wollen sich die Wolfsburger notfalls bis zum Beginn der Bundesliga-Rückrunde im Januar Zeit lassen. Neben Magath fehlten bei der wegen dessen Entlassung um 90 Minuten verschobenen Übungseinheit auch dessen langjährige Assistenten Bernd Hollerbach und Werner Leuthard. Beide kündigten kurz nach der Demission ihres Chefs.

Wird Nerlinger neuer Sportchef?

Für die Funktion des Managers soll laut "Bild"-Zeitung Christian Nerlinger ein Kandidat sein. Der hatte beim FC Bayern München am 2. Juli Matthias Sammer Platz machen müssen. "Wir werden in den nächsten Tagen im Präsidium und im Aufsichtsrat diskutieren, wie wir den Verein künftig strukturell aufstellen. Dazu gehört auch die Überlegung, die Aufgaben von Trainer und Manager wieder personell zu trennen", sagte Aufsichtsratschef Sanz. Das Modell Magath habe ausgedient.

Am 18. März 2011 war Magath kurz nach seiner Entlassung bei Schalke 04 das zweite Mal beim VfL Wolfsburg angetreten. Magath-Freund Winterkorn hatte den Trainer bedrängt, die abstiegsgefährdete Mannschaft auf Platz 17 zu übernehmen. Magath schaffte am letzten Spieltag den Klassenerhalt und wurde in der nächsten Saison Achter. "Eigentlich hätte ich damals nach der aufreibenden Zeit auf Schalke eine längere Pause gebraucht", sagte Magath. Er habe sich jedoch Winterkorn verpflichtet gefühlt, der ihm vier Jahre zuvor die Chance, alle Freiheiten und viel Geld gegeben hatte, in Wolfsburg ein Spitzenteam aufzubauen. Magath bedankte sich für das Vertrauen mit dem überraschenden Gewinn der deutschen Meisterschaft in der Saison 2008/2009.

Nach dem Triumph verließ Magath den Verein, wechselte nach Gelsenkirchen, wo er Ähnliches plante, seinen Auftrag aber nicht erfüllen konnte - und er im Unfrieden mit dem Verein, den Fans, Aufsichtsratschef Clemens Tönnies und der Mannschaft schied. Tönnies setzte später alles daran, Magaths Ruf in der Liga zu beschädigen. Das blieb selbst in Wolfsburg nicht ohne Wirkung, der Meisertrainer verlor seine Aura. Dabei hatte Magath zwar auf Schalke viele Spieler hinterlassen, aber der Klub feierte unter ihm auch große Erfolge (Vizemeisterschaft, Viertelfinale Champions League, DFB-Pokalfinale) und erwirtschaftete den größten Gewinn seiner Geschichte.

In seiner zweiten Amtszeit in Wolfsburg hatte Magath versucht, mit ähnlichen Methoden wie vier Jahre zuvor zum Erfolg zu kommen. In drei Transferperioden baute er für rund 71 Millionen Euro die Mannschaft um. "Ich sollte aus einem Abstiegskandidaten einen Champions-League-Anwärter machen. Das geht nun mal nicht mit demselben Personal", sagte Magath. Diesmal fehlte ihm das glückliche Händchen. Von den 26 Neueinkäufen haben acht den Klub wieder verlassen, viele andere spielten zuletzt keine Rolle mehr. Magaths größter Fehler war rückblickend der Verkauf von Torjäger Mario Mandzukic für 13 Millionen Euro an Bayern München. Auf den Kroaten sei in wichtigen Spielen kein Verlass, begründete Magath seine Entscheidung. Dann kam noch Pech dazu. Stürmer Patrick Helmes zog sich einen Kreuzbandriss zu. Im Angriff fehlten Magath fortan die Alternativen. Zwei Tore in acht Spielen sind das Ergebnis. Und wenn die Resultate ausbleiben, das weiß Magath nur zu gut, ist der Trainer schuld.