Drei Wochen nach seinem Nichtauftritt in Hamburg soll der Argentinier heute in Frankfurt zaubern. Im Training schonte sich der Weltfußballer noch.

Frankfurt am Main. Im Fußball ist es meistens wie im wahren Leben: Das Gute scheint oft so nah und ist doch so fern. So trennt die argentinischen Nationalspiele r, die vor dem heutigen Länderspiel gegen Deutschland (20.45 Uhr/ZDF) im Kempinski Hotel Gravenbruch residieren, nicht mal 50 Meter von dem in ganz Deutschland bekannten Autokino Gravenbruch. Einmal die Bundesstraße 459 überqueren, dann ist man da. Doch statt der vielversprechenden Blockbuster "The Dark Knight Rises" (gestern um 23.30 Uhr), "Prometheus" oder "TED" (beide am Dienstag um 21 Uhr) standen für die Argentinier in den Tagen vor dem heutigen Freundschaftsspiel in der Frankfurter Commerzbank-Arena lediglich zwei Dinge auf dem Programm: trainieren und ausruhen. Batman muss warten.

Ohnehin haben die Argentinier ihren Superhelden ja in den eigenen Reihen. Doch statt im schwarzen Umhang und mit Maske kam Lionel Messi am Montagmittag im blau-weiß karierten Hemd am Frankfurter Flughafen an, ließ sich von der Bundespolizei vom Rollfeld zu einem schwarzen Kleinbus bringen und wurde anschließend erst wieder beim Anschwitzen am Abend im Sportpark Neu-Isenburg gesichtet. 15 Minuten Sechs-gegen-Sechs, 15 Minuten Schusstraining, dann hatte Barcelonas Star genug. Der 25-Jährige schnappte sich einen Ball, setzte sich drauf und sah sich das Taktiktraining der Kollegen aus der Distanz an. "Messi ist müde", erklärte ein Teambetreuer.

Der Weltstar konnte in der Nationalmannschaft bisher nicht alle seine Kritiker überzeugen. Bereits vor sieben Jahren gab er in der „Albiceleste“ seinen Einstand, Welt- und Südamerikameisterschaften konnte er seither nicht seinen Stempel aufdrücken. Anders als dem Spiel des FC Barcelona: Fünfmal spanischer Meister, zweimal Pokalsieger, dreimal Champions-League-Sieger, zweimal Torschützenkönig der Primera Division und gar viermal in der Königsklasse, zuletzt dreimal hintereinander Weltfußballer des Jahres – und das sind nur die größten Erfolge.

Sami Khedira kennt ihn aus den Duellen mit Real Madrid gegen Barcelona gut und bringt es vor dem Duell am heutigen Mittwoch mit wenigen Worten auf den Punkt: „Er ist unbestritten ein Weltklassespieler.“ Der Olympiasieg mit Argentinien 2008 zählt in der Wahrnehmung in der Heimat wenig, seine Leistungen in Spanien nicht so, wie die in der Nationalmannschaft. Sowohl bei der Südamerika-Meisterschaft 2011 und zuvor beim WM-Aus 2010 im Viertelfinale gegen Deutschland (0:4) wurde Messi gar ausgepfiffen. Man warf ihm vor, dass er im Trikot von Barcelona besser spiele als im Nationaldress. Als Beleg gilt einfach die niedrigere Torquote. „Niemand mag es, ausgepfiffen zu werden, aber das ist nun einmal so, wenn man schlecht spielt“, sagt Messi.

Messi gegen Deutschland als Kapitän

Unter Trainer Alejandro Sabella, dem fünften seit Messis Debüt 2005, scheint der Stürmer einen weiteren Schritt in seiner Entwicklung gemacht zu haben. Er stabilisiert sich auch in der Auswahlmannschaft. Das große Vertrauen in Messi dokumentierte Sabella mit der Kapitänsbinde. Im Juni führte Messi in einem Test gegen Brasilien sein Team mit drei Treffern zu einem 4:3-Sieg. Davor standen insgesamt vier Tore bei den Siegen gegen die Schweiz und Ecuador. „Wenn Messi sich immer erst tief ins Mittelfeld fallen lassen muss, um den Ball zu bekommen, nehmen wir ihm seine Stärke“, sagte Sabella dem „kicker“. Er hat das Spielsystem daher weiter auf Messi ausgerichtet, dem Star mehr Freiheiten eingeräumt.

„Er ist ein spezieller Spieler. Wenn er fröhlich und glücklich ist, haben wir alle etwas davon“, sagt Sabella. Das zeigt sich auch im Training im Sportpark im Süden Frankfurts. Während die Kollegen das lockere Trainingsspielchen noch länger fortführen, kann Messi sich alleine seinem Freund widmen, dem Ball. Ein gutes Dutzend Mal drischt er ihn mit viel Effet von der Strafraumgrenze aufs Tor. Fast ausnahmslos schlagen die Bälle knapp neben dem Pfosten ein. Torhüter Sergio Romero ist machtlos.

Die mittlerweile knapp 100 Fans – die über die Zäune geklettert sind, um ihr Idol zu sehen – sind aus dem Häuschen: „Leo, Leo!“. Die Stimme des mitgereisten Radio-Kommentators überschlägt sich ebenfalls. La Pulga, der Zauberfloh, er trifft und trifft. Der 1,69 Meter kleine, aktuell wohl größte Fußballer der Welt, lächelt verlegen. Den Rest der Trainingseinheit schaut er seinen Kollegen zu, sitzend auf einer der Kunstleder-Kugeln.

Messi wirkt sehr entspannt. Hier in Europa hat er alles gewonnen, alles gezeigt. Anders als in seinem Heimatland. Er hat Südamerika bereits mit 13 Jahren gen Barcelona verlassen, war in der argentinischen Liga nie präsent. „Wir haben mit Messi den besten Spieler der Welt“, sagt Trainer Sabella. Nur werden die stolzen Argentinier dies erst wirklich glauben, wenn er ihnen einen großen Titel beschert hat, so wie Maradona bei der WM 1986 in Mexiko. Gegen Deutschland.

Voraussichtliche Auftsellungen:

Deutschland: Zieler - Boateng, Hummels, Badstuber, Schmelzer - Khedira, Kroos - Müller, Özil, Reus - Klose.

Argentinien: Romero - Zabaleta, Campagnaro, Garay, Clemente Rodriguez - Sosa, Mascherano, Gago, di Maria - Messi, Aguero.

Schiedsrichter: Eriksson (Schweden).