Mit 6:1 siegte das Team Deutschland über Hamburg beim Tag der Legenden im ausverkauften Stadion am Millerntor

Hamburg. "An dem Tag, als ich Hamburg verlassen habe, hat es geregnet. Und heute regnet es wieder. Es hat sich also nicht viel verändert", sagte Kevin Keegan. Der 60-jährige Engländer trägt diese Stadt, in der auch eine seiner beiden Töchter geboren worden ist, immer noch im Herzen. Was außerdem geblieben ist, ist die Liebe seiner Fans. Mehr als 20 Minuten brauchte Keegan gestern Mittag, um den sechs Meter langen roten Teppich vor dem Hotel Royal Meridien an der Alster zu überbrücken. Und da hatte der frühere Superstar des HSV, der von 1977 bis 1980 mit den Hamburgern Titel und Triumphe gefeiert hatte, immer noch nicht alle Autogrammwünsche der seit mehr als einer Stunde Spalier stehenden Fans befriedigt. So sieht die Rückkehr einer Legende nach mehr als 30 Jahren aus.

Drinnen hatten sich da bereits rund 50 weitere Fußball-Legenden mit Kaffee, Brötchen und Obstsalat auf ihren Auftritt im ausverkauften St.-Pauli-Stadion am Millerntor vorbereitet. Zum ersten Mal war auch Jürgen Klopp dabei. Der Trainer, der spätestens mit dem Titelgewinn im Sommer in Dortmund schon jetzt zur Legende geworden ist, sollte für das Team Deutschland neben Jens Lehmann im Sturm spielen.

"Ich bin von Reinhold Beckmann schon öfters gefragt worden, ob ich zum Tag der Legenden nach Hamburg kommen kann, um seine großartige Arbeit mit NestWerk zu unterstützen", sagte Klopp. Dass er diesmal zusagen konnte, ist im Grunde seiner eigenen Arbeit geschuldet. Denn mittlerweile stehen in der Dortmunder Meistermannschaft so viele Nationalspieler, dass Klopp "guten Gewissens" an diesem Länderspiel-Wochenende die Reise nach Hamburg antreten konnte. Und das überaus gerne. Für die gute Sache und weil das, so Klopp, was Beckmann und sein Team hier auf die Beine gestellt haben, eine ganz tolle Sache sei. "Hamburg ist eine der schönsten Städte in Deutschland", sagte er, "und dann sollte man auch alles tun, damit das so viele Menschen wie möglich zu spüren bekommen."

Die gute Sache ist das eine, aber die Hamburger kommen bei der nun schon siebten Auflage des Legenden-Tages mittlerweile auch deshalb in Scharen ins Stadion, weil es ein großes Vergnügen ist, ehemalige Star-Kicker sowie Welt- und Europameister noch einmal in kurzen Hosen zu bestaunen.

Wie auf Knopfdruck kam dann um 15.15 Uhr die Sonne zum Vorschein. Auch in diesem Jahr war das Team Hamburg der klare Favorit. "Wenn ich ehrlich bin, räume ich uns nicht allzu große Chancen ein", hatte Jürgen Klopp vor dem Spiel gesagt. Es kam ganz anders. Bereits nach einer halben Stunde stand es 4:0 - für Deutschland. Mit einem Zauberfreistoß in den Winkel hatte der frühere Bremer Johan Micoud seine Elf in Führung gebracht. Kurz darauf erhöhte der Däne Flemming Povlsen auf 2:0, wenig später traf Oliver Neuville zum 3:0. Und dann war es Klopp selbst, der für den 4:0-Halbzeitstand sorgte.

Für die Hamburger, bei denen allein HSV-Legende Manfred Kaltz mit seinen unermüdlichen Flankenläufen über die rechte Seite für Entlastung gesorgt hatte, bahnte sich ein Debakel an. Moderator Lou Richter zur Halbzeit: "Da sieht man, dass das Jugendkonzept des DFB selbst bis in diese Mannschaft hineingreift."

Kurz vor der Pause gab es Riesenbeifall, als Hamburgs Trainer Helmut Schulte Kevin Keegan einwechselte. Der Engländer trug die Rückennummer 79. Eine Erinnerung an das Jahr 1979, als der HSV mit Keegan seine erste deutsche Meisterschaft in der Bundesliga feierte. In den zweiten 45 Minuten wollten die Hamburger das Spiel drehen, und wer weiß, wie es gekommen wäre, hätte Ex-St.Pauli-Spieler Dirk Zander seinen Elfmeter nicht mit voller Wucht an die Latte geknallt.

Aufregung nach einer Stunde: Roy Präger, ehemaliger HSV-Blondschopf, blieb verletzt liegen. Ein Fall für Hermann Rieger. Der Kult-Masseur kam auf einer Art "Fliegendem Teppich" auf den Rasen gefahren. Leistete in gewohnter Manier eine Wunderheilung und wurde mit lauten "Hermann Rieger"-Rufen von den Fans verabschiedet.

Da war auch Keegan wieder auf dem Rasen, sah das 1:4 durch Otto Addo und konnte die letzten beiden deutschen Treffer durch Michael Preetz und Ulf Kirsten nicht mehr verhindern. 6:1 für Deutschland hieß es am Ende, aber gewonnen haben vor allem die Jugendlichen, die von dem Erlös des Tages profitieren. 200 000 Euro kamen allein im letzten Jahr zusammen.

Kevin Keegan kann sich im Übrigen sehr gut vorstellen, solch ein vorbildliches Projekt auch in seiner Heimat zu etablieren. "So etwas gibt es in England noch nicht", sagt er, "obwohl auch dort die Fußballklubs in Newcastle, Liverpool oder Manchester eine Menge für die Jugendlichen tun." Warum also, so die Überlegung des früheren Trainers der englischen Nationalmannschaft (1999 bis 2000), sollte es nicht in naher Zukunft auch einen Tag der Legenden auf der Insel geben. "Einen Tag", so Keegan, "an dem alle gewinnen."