Vorbilder schützen die Gesellschaft vor Missständen

Kevin Keegan, 60, staunte nicht schlecht. Der frühere Superstar des HSV war gestern erstmals beim Tag der Legenden im Stadion am Millerntor dabei. Und der Engländer war anschließend voll des Lobes für den Einsatz der Initiative von NestWerk für benachteiligte Jugendliche in Hamburg.

In Keegans Heimat ist leider gerade recht gut zu beobachten, was mit einem Land passieren kann, das seine Jugendlichen aus dem Blick verloren und ihnen keine ausreichenden Perspektiven für die Zukunft zu bieten hat. Und es ist ganz gut, sich immer wieder in Erinnerung zu rufen, wofür eine Gesellschaft ihre Legenden auch braucht. An einem Tag, an dem in Hamburg das Denkmal für Heidi Kabel enthüllt worden ist, damit die großartige Schauspielerin, die generationsübergreifend geliebt worden ist, nicht in Vergessenheit gerät. An einem Tag, an dem mehr als 50 Fußball-Legenden sich bereits zum siebten Mal in Hamburg für einen guten Zweck engagiert haben.

Der Tag der Legenden zeigt sehr eindrucksvoll vor allem eines: Es kommt immer auf das Engagement des Einzelnen an. Es bringt nicht allzu viel, ständig auf staatliche Maßnahmen zu warten, wenn etwas in Schieflage geraten ist. Es bedarf stets und ständig auch privater Vorbilder, die ihre Finger erstens immer wieder in Wunden legen, indem sie unbequeme Wahrheiten über gesellschaftliche Fehlentwicklungen ansprechen. Und zweitens im Bestfall mit Ideen und Engagement auch an Lösungen arbeiten, um diese Missstände zu beheben.

Kevin Keegan hat gesagt, dass er sich solch einen Tag der Legenden auch sehr gut in England vorstellen könnte. Anschließend wurde der legendäre Kicker bei der Nacht der Legenden auf dem roten Teppich des Schmidt-Theaters auf dem Kiez von den Fans erneut mächtig gefeiert. Die Menschen, so scheint es, sehnen sich nach Vorbildern. Das ist gut.

Gut ist es aber auch, dass in dieser Stadt jeden Tag Legendäres von ganz vielen Menschen geleistet wird. Diese stillen Legenden stehen nie in der Zeitung. Und sie brauchen auch kein Denkmal und keinen roten Teppich.