Die Gruppenphase der Champions League wird wohl mit Bayern München stattfinden. Doch die Gefühlslage der Protagonisten ist different.

München. Als Bastian Schweinsteiger nach seinem frühen Treffer jubelnd abdrehte, war zu erahnen, was dem Nationalspieler das 1:0 gegen den FC Zürich bedeutet haben muss. Weit aufgerissener Mund, lange und intensiv anhaltender Freudenschrei - im stellvertretenden Kapitän des FC Bayern München muss es gebrodelt haben. Möglicherweise stand die Entladung nicht nur in unmittelbarem Zusammenhang mit der Drucksituation, über den Umweg Qualifikation das Tor zur lukrativen Gruppenphase der Champions League aufstoßen zu müssen. Schließlich dürfte auch die unter der Woche von Ex-Bayerntorhüter Oliver Kahn geäußerte Kritik nicht spurlos an dem 27-Jährigen vorbei gegangen sein. Die ausladenden Gesten des Torschützen hatten demnach offensichtlich einen eindeutigen Adressaten. "Sieh her, Oliver Kahn, so agiert ein Führungsspieler", mag sich Schweinsteiger gedacht haben. Kahn hatte in einem Interview sowohl Schweinsteiger als auch Bayern-Kapitän Philipp Lahm Führungsqualitäten abgesprochen.

Der Führungstreffer aus der 8. Minute indes wirkte sich nicht auf jeden im Bayern-Dress befreiend aus, seltsam zurückhaltend und unpräzise agierte der Rekordmeister fortan. Dass es am Ende dennoch zu einem für das Rückspiel beruhigenden 2:0 (1:0) gegen den Schweizer Vize-Meister reichte, war einem hellen Moment Arjen Robbens zu verdanken. Der Niederländer zirkelte in der 72. Minute eine Vorlage des glücklosen Stürmers Mario Gomez aus 18 Metern mit links zum Endstand über den schlecht postierten Gästetorhüter Johnny Leoni hinweg ins Netz. So war am Ende zwar der Großteil der zur Halbzeit noch pfeifenden 66.000 Zuschauer versöhnt, nicht aber der Schütze selbst. "Wir müssen realisieren, dass wir noch nicht gut genug sind. Wir müssen uns verbessern, mehr Leidenschaft zeigen“, sagte Robben im Anschluss.

Und auch Trainer Jupp Heynckes fand Kritikpunkte. "Wenn man so überlegen spielt wie wir in der zweiten Halbzeit, muss man die Chancen verwerten. Das haben wir nicht getan. Deshalb muss man mit dem 2:0 zufrieden sein“, fasste Heynckes seine Eindrücke zusammen.

Eine besonders unglückliche Figur vor dem gegnerischen Tor machte Gomez. Der Bundesliga-Torschützenkönig der vergangenen Saison vergab die Vorentscheidung, als er den Ball nach Franck Ribérys Maßvorlage aus kurzer Distanz unbedrängt weit am Tor vorbeijagte (51.). Sieben Minuten vor dem Ende hatte der Nationalstürmer Pech, als Dusan Djuric seinen Schuss von der Linie wegschlug. In der Nachspielzeit sah bei den Gästen Mathieu Beda die Gelb-Rote Karte. Der ehemalige Bundesligaprofi (Kaiserslautern und 1860 München) fehlt den Schweizern damit im Rückspiel am nächsten Dienstag im Zürcher Letzigrund.

Mit dem 2:0 sind die Münchner der Gruppenphase in der europäischen Königsklasse und damit garantierten Einnahmen von 20 Millionen Euro ganz nahe gekommen. "Die Mannschaft wusste, dass das ein wichtiges Spiel für uns war, natürlich spielt dabei auch der finanzielle Aspekt eine Rolle", sagte Heynckes. "Wir haben die besten Voraussetzungen, um in die Gruppenphase einzuziehen. Grundsätzlich ist 2:0 ein gutes Ergebnis, aber es hätte heute ein sehr gutes werden können. In der zweiten Halbzeit hat die Mannschaft gut gespielt und den Gegner dominiert, aber in der ersten haben wir nicht genug getan“, sagte Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge.

Schon vor dem Spiel war Bayerns Sportdirektor Christian Nerlinger übrigens den von Kahn attackierten Schweinsteiger und Lahm zur Seite gesprungen. "Ich teile seine Meinung nicht. Seine Kritik war polemisch und respektlos“, erklärte Nerlinger im TV-Sender "Sky“. Hoeneß bezeichnete Kahns Kritik auf „Sat.1“ als „Käse und unnötig wie ein Kropf. Grundsätzlich denke ich, dass ein Ex-Spieler das nicht nötig hat, in irgendwelchen doofen Blogs seinen Senf zu allem dazuzugeben“, sagte der 58-Jährige. Wenn Kahn ein Problem habe, solle er das den Spielern selber sagen, „aber nicht über das Internet, wo es innerhalb von zehn Sekunden von Feuerland bis Alaska durch die Welt geht.“

Bevor Bayern München den Einzug in die Gruppenphase der Königsklasse perfekt machen kann, müssen sie am Sonnabend noch in der Bundesliga ran: Dann gastiert der Hamburger SV (15.30 Uhr, im Liveticker auf abendblatt.de) in der Allianz Arena.

Statistik

Bayern München - FC Zürich 2:0 (1:0)

München: Neuer - Rafinha, Boateng, Badstuber, Lahm - Schweinsteiger, Luiz Gustavo - Robben, Kross (57. Müller), Ribery - Gomez. - Trainer: Heynckes

Zürich: Leoni - Raphael Koch, Teixeira, Beda, Rodriguez - Aegerter - Schönbächler (55. Nikci), Barmettler (67. Buff), Djuric - Mehmedi, Chermiti (84. Drmic). - Trainer: Fischer

Schiedsrichter: Alexej Nikolajew (Russland)

Tore: 1:0 Schweinsteiger (8.), 2:0 Robben (72.)

Zuschauer: 66.000 (ausverkauft)

Beste Spieler: Ribery, Lahm - Mehmedi

Gelb-Rote Karte: Beda wegen wiederholten Foulspiels (90.+1)

Gelbe Karte: Gomez -