Gegen Australien präsentieren sich heute Marcel Schmelzer, Mats Hummels, André Schürrle und Co. – das Interesse der Fans ist gering.

Düsseldorf. Etwas mulmig sei ihm schon zumute gewesen, gab Marcel Schmelzer gestern Mittag nach seiner sicheren Rückkehr ins Düsseldorfer Mannschaftsquartier der Nationalmannschaft offen zu. Der Linksverteidiger hatte am Vormittag mit seinen DFB-Teamkollegen eine sogenannte Driving Experience, auf hochdeutsch: ein Fahrtraining, mit dem ehemaligen Formel-1-Fahrer Jochen Mass auf einer Rennstrecke in Grevenbroich hinter sich gebracht und dabei als Beifahrer besonders den Rausch an der Geschwindigkeit seines Dortmunder Mannschaftskollegen Sven Bender kennen und fürchten gelernt. "Er hat wirklich alles ausprobiert, was man mit einem Auto so anstellen kann. Ich bin völlig durchgewuschelt", sagte Schmelzer, der die anschließende Taxifahrt ins Hyatt Regency Hotel am Rheinufer zur nachhaltigen Erholung nutzen musste.

Trotz seines empfindlichen Magens will heute Abend aber auch Schmelzer richtig Vollgas geben - allerdings auf dem Fußballplatz statt auf der Rennstrecke. Der Dortmunder Überflieger dieser Saison hat als einer von mehreren Nachwuchsnationalspielern von Bundestrainer Joachim Löw eine Einsatzgarantie für das Testspiel gegen Australien in Mönchengladbach (20.45/ZDF) bekommen, die der 23-Jährige nach dem eher schwachen Auftritt seiner etablierten Kollegen am Sonnabend gegen Kasachstan unbedingt nutzen will. "Für viele ist es eine gute Möglichkeit zu zeigen, was wir können und so ein wenig Druck auf die Stammkräfte auszuüben", sagte Schmelzer, der gemeinsam mit den Youngstern Christian Träsch, 23, und Mats Hummels, 22, in der Abwehr durchstarten soll.

Im Mittelfeld dürfen sich Toni Kroos, 21, Schmelzers Vereinskollege Mario Götze, 18, und erstmals von Anfang an auch der Mainzer André Schürrle, 20, auf einen Einsatz freuen. "André besticht mit Tempodribblings, geht mit Ball und Mut in Situationen eins gegen eins", lobt Löw, der im Angriff wohl auf den formstarken Mario Gomez, 25, setzen wird. "Wir sind froh, dass wir solche Spiele wie gegen Australien nutzen können, um die Weiterentwicklung unserer jungen Spieler zu fördern", kündigte nach Löw gestern auch dessen Assistent Hans-Dieter Flick an, gegen das Team von Down Under der zweiten Garde eine Chance einzuräumen.

Neben dem Auftreten der eigenen Talente ist man auf Seiten des Deutschen Fußball-Bundes aber auch auf die Reaktionen der Fans gespannt, die den emotionslosen 4:0-Pflichtsieg gegen Kasachstan am Sonnabend mit lautstarken Pfiffen quittiert hatten. "Ich hoffe, dass die Zuschauer diesmal ihren Spaß haben und wir eine gute Leistung abliefern. Wir sollten jedenfalls zusehen, uns gut zu verkaufen", sagte Friedrich, der sich mit seinen 31 Jahren als echter Oldtimer der DFB-Rasselbande fühlen darf.

Löws frühzeitige Ankündigung, gegen Australien der jungen Garde eine Chance zu geben, hat jedenfalls nicht gerade für ein besseres Verhältnis zu den eigenen Fans gesorgt. Bis gestern Mittag waren gerade mal 25 000 Tickets für die Partie verkauft - selbst beim Test gegen Malta im vergangenen Jahr in Aachen wurden mit 26 000 Karten mehr Tickets verhökert. Dabei ist es längst kein Geheimnis mehr, dass der DFB die Freundschaftsspiele nicht nur zum Experimentieren, sondern auch als Einnahmequelle braucht. Gemäß des mit der ARD und dem ZDF geschlossenen TV-Vertrages muss jedes Jahr eine gewisse Zahl an Heimspielen erreicht werden. Nachdem Löws Mannschaft aber bereits in den vergangenen drei Testspielen - 1:1 gegen Italien, 0:0 gegen Schweden und 2:2 gegen Dänemark - enttäuscht hatte, soll gegen Australien die Möglichkeit genutzt werden, den eigenen Anspruch endlich auch in einem Freundschaftsspiel gerecht zu werden.

Was für die junge Mannschaft im Allgemeinen, gilt für Bastian Schweinsteiger im Besonderen. Der Bayernstar, der nach seiner enttäuschenden Leistung gegen Kasachstan besonders hartnäckig von den Zuschauern ausgepfiffen wurde, erhält heute Abend die Chance zur Wiedergutmachung. "Bastian wird auf jeden Fall spielen", kündigte Flick an, der zunächst nur offen lassen wollte, ob der formschwache Mittelfeldmotor von Anfang an oder als Joker auflaufen darf. Ausbremsen, das hat Schweinsteiger bereits am Wochenende klargemacht, will er sich aber von niemandem lassen. Löws Angebot, neben Philipp Lahm, Sami Khedira und Mesut Özil frühzeitig zum Verein zurückzukehren, lehnte Schweinsteiger dankend ab. Gegen Australien will er nach einer bislang enttäuschenden Saison wieder auf die Überholspur. Wie man sich dort zurechtfindet, könnte Schweinsteiger sicherlich im Gespräch mit Hobbyrennfahrer Bender klären.