Debüt gegen den HSV, Profivertrag von Felix Magath, Siegtor gegen Nürnberg - Julian Draxler begründet in nur zwei Wochen eine Eil-Karriere.

Gelsenkirchen. Die Sendeplaner des ZDF hätten sich kaum einen treffenderen Zeitpunkt für die Frage ihres das DFB-Pokal-Viertelfinale Schalke gegen Nürnberg umrahmende Gewinnspiel aussuchen können. Nach dem Schalker Jungstar wurde verlangt, der im Mai 1984 dem legendären 6:6 der Gelsenkirchener im Pokal gegen den FC Bayern München mit drei Treffern seinen ganz eigenen Stempel aufdrückte.

Die Antwort lautete: Olaf Thon, zum Zeitpunkt des historischen Moments gerade einmal 18 Jahre alter Bengel aus Gelsenkirchen. Knapp 27 Jahre später wurde der Geniestreich des königsblauen Idols - nun ja, vielleicht nicht unbedingt übertroffen - aber zumindest eingestellt.

Mit seinem Siegtor in der Verlängerung gegen Nürnberg schoss sich der 17 Jahre alte Jungprofi Julian Draxler mit einer einzigen Aktion in die Geschichtsbücher der "Knappen" und die Herzen ihrer Fans. Ein satter Schuss mit links ins lange rechte Eck des Nürnberger Kastens (119. Minute) ließ "Club"-Torhüter Raphael Schäfer keine Chance und begründete eine Minute vor Abpfiff der Viertelfinalpartie schlagartig eine Karriere, die im Eiltempo voranzuschreiten scheint.

"Was gerade in mir vorgeht, kann man mit keinen Worten der Welt beschreiben. Ich bin einfach nur überglücklich", sagte der Siegtorschütze, der erst drei Minuten zuvor eingewechselt worden war. "Das ist ein toller Junge. Julian hat eine große Zukunft beim FC Schalke vor sich", attestierte Coach Felix Magath seinem Matchwinner.

Magath war es, der Draxler in der Winterpause aus dem Hut zauberte - nach Abwehrspieler Joel Matip und den Mittelfeldmännern Lukas Schmitz und Christoph Moritz ein weiteres Schalker Talent, dass der Erfolgstrainer ins kalte königsblaue Wasser warf. Als Belohnung für seinen ersten Kurzeinsatz zum Rückrundenauftakt der Bundesliga gegen den HSV stattete Magath Draxler direkt mit einem Profivertrag aus.

Mit 17 Jahren und 117 Tagen ist Julian Draxler der jüngste Spieler, der jemals für Schalke 04 in der Bundesliga zum Einsatz gekommen ist. Nach seiner Startelf-Premiere beim 1:0 in Hannover erntete der Youngster viel Lob, nicht nur von seinem eigenen Trainer.

Gegen 96 war Draxler gleich am Siegtreffer der Schalker durch Raul beteiligt. Seinen eigenen Auftritt kommentierte der Gymnasiast aus Gladbeck nicht, weil er nach eigenen Angaben ein Interviewverbot hat. „Endlich mal einen Spieler, der seinen Vertrag auch liest“, kommentierte Magath schmunzelnd die Zurückhaltung Draxlers, der sich aber sehr wohl in der Öffentlichkeit äußern dürfe.

„Julian ist ein Riesen-Talent mit außergewöhnlichen Fähigkeiten. Deshalb bin ich Draxler-Fan“, sagt Schalkes gestrenger Trainer. Auch deshalb banden Magath und Manager Horst Held ihre Entdeckung gleich bis 2014 an den Revierklub und stellten ihn zunächst bis Sommer von seiner Schule frei. Die Schulbank wird Draxler so schnell auch nicht mehr drücken.

„Das wird sich in der Vertragslaufzeit auch nicht mehr ändern“, so Magath, schließlich könne man auch noch mit 21 Jahren das Abi machen. Deshalb will Draxler zunächst mal bei Schalke in der Bundesliga Fuß fassen. So ganz nebenbei verfolgt er aber noch große Ziele. „Mein Traum wäre es, mal für den FC Barcelona oder Real Madrid zu spielen“, verrät er auf seiner Homepage.

Ob die Entwicklung des U-18-Nationalspielers (sieben Spiele/ ein Tor) mit den rasant gestiegenen Erwartungen mithalten kann, wird sich zeigen. Wohl behütet scheint der Junge aus Rentfort, gut 12 Kilometer nordwestlich von Gelsenkirchen-Buer, jedenfalls in der Mannschaft zu sein. Als Beweis gab es als Belohnung für seinen Traumschuss gegen Nürnberg einen Kopfstreichler von Weltstar Raúl. Ein Traum für einen 17-jährigen Fußballer, dessen Idole allerdings andere sind: Neben Zidane und Rivaldo schwärmte Draxler als Kind von Michael Ballack.

Apropos Idole: Olaf Thons Hattrick gegen Bayern blieb damals übrigens ein Muster ohne Wert - Schalke 04 schied im Wiederholungsspiel bei Bayern München mit 2:3 aus. Gut möglich, dass die erste Pokalsaison des neuen Schalker Kinderstars ein besseres Ende findet. Mit dem Halbfinale bleibt Julian Draxler jedenfalls mindestens eine weitere Möglichkeit, seine Fähigkeiten erneut unter Beweis zu stellen - und es besser zu machen als manch ewiges Talent. BVB-Paradebeispiel Lars Ricken lässt grüßen.

Überhaupt Dortmund: Angeblich war Draxler auch schon vom Erzrivalen aus dem Revier heiß umworben. „Niemand auf der Welt kann es sich erlauben, dass so ein Spieler von Schalke nach Dortmund geht“, sagte aber sein Berater Roger Wittmann zu diesem Gerücht.