Der Ex-HSV-Coach ist beim VfB Stuttgart der vierte Trainer binnen zwei Jahren. Er will den abstiegsbedrohten Klub wieder nach oben führen.

Stuttgart. Ohne Keller aus dem Keller, Bruno Labbadia soll's richten: Der abstiegsbedrohte VfB Stuttgart will mit dem zweiten Trainerwechsel binnen 60 Tagen den zweiten Abstieg der Klubgeschichte verhindern. Jens Keller wurde am Sonntag offiziell freigestellt. Und Nachfolger Labbadia machte bei seiner Vorstellung gleich klar, wohin es gehen soll: "Ich hoffe, dass wir die Sonne in einem halben Jahr wieder strahlen lassen. Wir sehen nur das Ziel, am letzten Spieltag in der Bundesliga zu bleiben", sagte der frühere Stürmer. "Es ist nicht fünf vor zwölf, sondern ein Stückchen darüber hinaus."

Der 44-Jährige soll den tief verunsicherten Bundesligisten vor dem Absturz bewahren und könnte damit auch seine eigene Karriere auf der Bank wieder auf Touren bringen. Der zweifache Nationalspieler, der seit seiner Beurlaubung beim Hamburger SV Ende April ohne Verein war, hat einen Vertrag über zweieinhalb Jahre bis 30. Juni 2013 unterschrieben. "Er gilt nur für die Bundesliga", erklärte der Darmstädter, der am Nachmittag das erste Training leiten sollte. Im Falle des Abstiegs - es wäre der erste seit 1975 - wäre das Abenteuer VfB für ihn also schnell vorbei.

Mit der Trennung von Keller verschlissen die auf einem Abstiegsplatz stehenden Schwaben schon den dritten Coach in nur zwei Jahren. Am 13. Oktober hatte sich der Traditionsklub bereits vom letztjährigen Erfolgscoach Christian Gross getrennt und den unerfahrenen Jens Keller vom Assistenten zum Chef befördert. Doch die Bilanz des 40-Jährigen war ernüchternd: Er führte den VfB in die K.-o.-Runde der Europa League, in der Bundesliga holte er aber nur neun Punkte in neun Spielen. Bemerkenswert ist auch die Zwischenbilanz von VfB-Präsident Erwin Staudt: Labbadia ist in seiner knapp siebeneinhalbjährigen Amtszeit bereits der achte Cheftrainer.

Um die sportliche Totalkatastrophe zu verhindern, ausgerechnet dann abzusteigen, wenn der Umbau der Mercedes-Benz-Arena abgeschlossen wird, machte der Klub einen Schnitt. Vom alten Trainerteam bleibt nur Torwarttrainer Eberhard Trautner. Mit Labbadia kommt dessen Assistent Eddy Sözer.

So sprach Sportdirektor Fredi Bobic mehrfach vom "Neuanfang". Das trifft aber auch auf den Trainer zu: Der Verein und er bilden eine Art Schicksalsgemeinschaft. Geht Labbadias Mission schief, müsste Staudt wohl zurücktreten. Und für den Trainer würde es wohl erst einmal keine Angebote mehr aus dem Oberhaus geben. Der bisher als Disziplinfanatiker und stur geltende Labbadia trieb zwar in der Saison 2008/2009 Bayer Leverkusen in der Vorrunde zum Erfolg, stürzte aber danach mit der Elf ab. Das Gleiche passierte ihm dann beim HSV. Nun muss er zeigen, dass er auch langfristig arbeiten kann. Das vergangene halbe Jahr scheint Labbadia genutzt zu haben, um sich vorzubereiten. "Es gilt auch für mich, Neues aufzunehmen. Wo man Dinge, die nicht gut waren, ändern kann, muss man das tun", betonte der Hesse. Doch auch wenn Bobic von der "langfristigen Konzeption" Labbadias für den VfB spricht, hofft er in der akuten Krise vor allem auf eines: "Er hat gezeigt, dass er kurzfristig Erfolg haben kann", sagte der Sportdirektor.

Labbadia will nun möglichst schnell wieder Teamgeist in der von mehreren Trainern zusammengewürfelten Mannschaft etablieren. Der Auftakt ist schwierig: Vor der Winterpause trifft der VfB gleich zweimal in Bundesliga und DFB-Pokal auf den FC Bayern. Davor steht am Donnerstag nur das bedeutungslose letzte Gruppenspiel in der Europa League gegen Odense BK. "Wir müssen uns mental darauf einstellen, dass wir bis zum letzten Tag um die Klasse kämpfen", forderte Labbadia von seinen Spielern.

Vielleicht geht es ihm ja wie einst Felix Magath: Der hatte vor seinem Neustart beim VfB im Februar 2001 nie längere Zeit als Trainer durchgehalten. Doch er führte Stuttgart in die Champions League und wechselte 2004 zum FC Bayern. Der Rest ist bekannt.