Gegen Inter Mailand traf er erneut. In Rekordzeit erarbeitet sich der ehemalige HSV-Star bei Tottenham Hotspur Legendenstatus.

Hamburg. Das verbale Duell endete ohne Sieger, unterhaltsam war es trotzdem. Schon vor dem Wiedersehen in London frotzelten die beiden Niederländer Wesley Sneijder und Rafael van der Vaart via Twitter. "Ich poliere den Champions-League-Pokal mit einem Tottenham-Trikot", ließ Sneijder im Internettagebuch wissen, und van der Vaart konterte: "Danke, dass Du Dich darum kümmerst. Ich suche bereits einen Platz in unserem Trophäenraum." Dann legte der Spielgestalter von Tottenham Hotspur vor: "Ich habe Eure Defensive gesehen. Sie war wie Käse: voller Löcher." Woraufhin Sneijder entgegnete: "Ich habe bei Ebay einen guten Torhüter für Euch gefunden - soll ich Dir den Link schicken?"

Nicht minder prickelnd als das Wortgefecht der beiden Freunde im Vorfeld der Champions-League-Begegnung ging es später auf dem Platz zu, diesmal allerdings trat van der Vaart als deutlicher Sieger des Kräftemessens hervor. 3:1 (1:0) gewann er mit Tottenham gegen Inter Mailand und revanchierte sich bei den Italienern und Sneijder für das 3:4 vor zwei Wochen im Giuseppe-Meazza-Stadion. Mehr noch: Van der Vaart untermauerte mit einer eindrucksvollen Leistung abermals, dass er schon nach wenigen Wochen in neuer Heimat zu Recht als Heilsbringer gefeiert wird. Bei Real Madrid nicht mehr gewollt, ist der 27-Jährige in London auf dem besten Weg, eine spielende Legende zu werden.

Längst schon feiern die Fans den smarten Niederländer (1,76 m) wegen dessen mit Torgefährlichkeit gepaarter Spielintelligenz als womöglich besten Zugang der Vereinsgeschichte. Gegen Mailand gelang van der Vaart das 1:0, es war sein sechster Treffer im zehnten Pflichtspiel für den neuen Arbeitgeber. Zur Pause musste der frühere HSV-Profi wegen Oberschenkelproblemen in der Kabine bleiben, aber auch 45 Minuten genügten, um seinen Status herauszustellen. Mit van der Vaart in der Zentrale strebt der Klub, der letztmals 1984 mit dem Uefa-Cup einen internationalen Titel gewann, nach Höherem. "Das Team ist jung und hat großes Potenzial", so van der Vaart. "Wir können viel erreichen."

Dabei war zum Ende der Transferperiode im Sommer gar nicht klar gewesen, ob der Nationalspieler tatsächlich auf die Insel wechseln würde. Trainer Jose Mourinho hatte zwar deutlich gemacht, dass er die Zukunft bei Real Madrid ohne van der Vaart plane. Aber die neue Wirkungsstätte des andernorts weitaus höher Eingeschätzten blieb tagelang unklar. Der HSV, bei dem van der Vaart drei Spielzeiten von 2005 bis 2008 gezaubert hatte, bemühte sich um ihn, wollte die geforderten zehn Millionen Euro Ablöse nicht zahlen. Zu groß war wohl auch die Skepsis, ob der Rückkehrer nach einer insgesamt enttäuschenden Zwischenstation bei Real Madrid noch zu alter Stärke auflaufen würde. Investor Klaus-Michael Kühne, erklärter Fan des Holländers, hatte indes einen Transfer schon seit Längerem ausdrücklich befürwortet. Schließlich hatte van der Vaart in 74 Bundesliga-Spielen für den HSV 29 Treffer erzielt. Das sogenannte Kühne-Modell, die Beteiligung des Milliardärs an Transfers, war zunächst sogar eigens für eine Rückholaktion van der Vaarts erdacht worden. Doch letztlich gab es in der Chefetage des Klubs auch Zweifel, ob van der Vaart wirklich noch mal zu alter Leistungsstärke zurückfinden würde.

Schalke 04 wiederum, gleichsam auf der Suche nach einer neuen Nummer zehn, war das geforderte Gehalt von angeblich sechs bis sieben Millionen Euro zu hoch.

Schließlich schlug Tottenham zu. Zwar lagen die Transferunterlagen beim englischen Verband erst zehn Minuten nach Fristende vor, aber der Wechsel von Real zu den Spurs kam dennoch zustande. "Ich habe mich schon wieder in Hamburg gesehen, dann ging es in letzter Sekunde nach London", sagte van der Vaart vor Wochen zu den Wechselwirren.

Unglücklich scheint er nicht darüber, er schätzt es, nach Stationen in seiner Heimat, Deutschland und Spanien nun auch noch den englischen Fußball hautnah miterleben zu können - zumal er veritable Mitspieler um sich weiß. So wurde van der Vaart der "König von London". Und eben nicht der gefeierte Rückkehrer nach Hamburg.