Ein Kommentar von Kai Schiller

Traditionell dauert es hierzulande nicht lange, um die deutsche Fußballseele so richtig zum Kochen zu bringen. Einige Fans beschworen in Internetforen bereits den Untergang des Abendlandes, als sie erfuhren, dass der türkische Nationaltrainer Guus Hiddink gleich sieben Deutschtürken für das Länderspiel berief, die Deutschen mit Mesut Özil und Serdar Tasci aber nur zwei haben. Besonders Dortmunds Nuri Sahin, der gerade erst gegen Bayern München ein Traumtor erzielt hatte, hätte man doch auch in Joachim Löws Mannschaft gut gebrauchen können. Was also bietet die türkische Nationalelf, was die deutsche Auswahl nicht bieten kann?

Gar nichts, ist die simple Antwort. Die vermeintliche "Jagd auf unsere Talente" muss genauso wenig befürchtet werden wie ein vermeintlicher Wettlauf um die besten Spieler. Erdal Keser, Chefscout des türkischen Fußballverbandes, hat bekräftigt, dass er nur nach Fußballern sucht, die sich im Herzen als Türken fühlen. Und wer das tut, sollte wohl auch besser nicht für die deutsche, sondern für die türkische Nationalmannschaft spielen. Umgekehrt sucht der DFB auch nur nach Spielern, die neben dem deutschen Pass auch den absoluten Willen haben, für die neue Heimat ihrer Eltern zu spielen.

Mesut Özil, der in Gelsenkirchen geboren wurde, hat sich für Deutschland, Nuri Sahin, der nur wenige Kilometer entfernt in Lüdenscheid zur Welt kam, hat sich für die Türkei entschieden. Einen Wettlauf hat aber keiner der beiden Verbände verloren. Bei beiden Spielern hat neben dem Hirn eben auch das Herz entschieden.